Thivitha Himmen , Antidiskriminierungsbüro Caritas, Maristella Angioni, Leiterin der Caritas Integrationsagentur, und Wolfgang Uellenberg-van Dawen, Runder Tisch für Integration am 13. Januar 2023.

Köln | Es ist schwer belegbar, aber es ist da: Das Gefühl bei der Vergabe von Wohnungen als Mensch mit internationaler Geschichte übergangen oder alleine aus diesem Grund abgelehnt zu werden. Auch in einer Stadt wie Köln mit mehr als 42 Prozent Anteil von Menschen mit internationaler Geschichte. Dabei wäre es einfach, wenn nur zwei Dinge zählen würden: Bonität und Belegungsgröße. Ein Bündnis rund um den Kölner Runden Tisch für Integration fordert die Kölner Politik auf zu handeln und für das Thema zu sensibilisieren.  

Schwer belegbarer Alltagsrassismus bei der Wohnungsvergabe

Thivitha Himmen vom Antidiskriminierungsbüro der Caritas in Köln erzählt wie ihr immer wieder Menschen mit internationaler Geschichte in der Beratung erzählen, dass Menschen bei der Wohnungssuche rassistischen Sentiments begegnen. Dabei gehe es nur ganz selten um rassistische Beleidigungen etwa bei einem Besichtigungstermin, sondern um ein Gefühl: Menschen mit internationaler Geschichte werden oft zur Wohnungsbesichtigung nicht eingeladen, erhalten keine Absagen oder ihnen wird nicht die Hand gegeben. Auch das Gefühl Blicken ausgesetzt zu sein beschreibt die Gefühle dieser Menschen bei der Wohnungssuche. Ein Gefühl das nur schwer nachweisbar ist. Aber durch eine Testingstudie sei belegt, dass Menschen mit internationaler Geschichte etwa nicht eingeladen werden. Maristella Angioni, Leiterin der Caritas Integrationsagentur, verdeutlicht dies an einem einfachen Beispiel. So habe ein Anruf auf eine Wohnungsannonce in Köln mit fremdländisch klingendem Namen ergeben, dass die Wohnung bereits vergeben sei. Ein Kontrollanruf mit deutsch klingendem Namen wenige Minuten später ergab, dass die Wohnung noch zu haben sei.

Chancengerechtigkeit gesetzlich verbrieft

Eines stellt Wolfgang Uellenberg-van Dawen, Runder Tisch für Integration, fest: Es gehe nicht um eine Rassismus-Debatte, sondern um die Umsetzung geltenden Rechts im Alltag der Menschen, wie den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz. Wie kann das besser als aktuell gelingen? Welche Strukturen sind nötig, um für das Thema besser und stärker zu sensibilisieren? Der Runde Tisch für Integration, die Caritas Integrationsagentur und der Verein Öffentlichkeit gegen Gewalt stellen Forderungen auf und präsentierten ihre Projektergebnisse.

Dem Projekt vorausgegangen war eine nicht repräsentative Studie der Stadtforscherinnen Hannah Brill und Mariam Manu mit dem Titel „Chancengerechtigkeit auf dem Wohnungsmarkt“, der sich mit dem Kölner Wohnungsmarkt beschäftigte. Auf dessen Erkenntnissen baute das Projekt auf, wo etwa auf Workshops mit Akteuren wie der Stadtverwaltung das Thema erörtert wurde. Die Ergebnisse sind zum einen, dass es eine Versorgungslücke mit preisgünstigem Wohnraum und hohe Mietbelastung gebe. Damit nehme die Konkurrenz auf dem Kölner Wohnungsmarkt zu und dies erhöhe die Wahrscheinlichkeit rassistischer Diskriminierung. Dazu kämen bei vielen Vermietern subjektive Präferenzen. In Köln ist der Anteil der privaten Vermieter:innen hoch. Das zweite Ergebnis ist, dass teilweise überteuerter und qualitativ minderwertiger Wohnraum an Menschen mit internationaler Geschichte vermietet werde. Die dritte Erkenntnis ist, dass Menschen mit internationaler Geschichte in bestimmten Stadtteilen stärker repräsentiert werden. Uellenberg-van Dawen befürchtet eine Segregation in den Quartieren.

Mit diesen Erkenntnissen schrieb der Runde Tisch für Integration einem der großen Kölner Vermieter in kommunaler Hand, der GAG. Die sieht keinen Handlungsbedarf, so Uellenberg-van Dawen.

Lösungsansatz für mehr Chancengerechtigkeit bei der Wohnungsvergabe

Der Runde Tisch für Integration sieht den Kölner Rat und damit die Politik in der Pflicht sich des Themas anzunehmen und eine Lösung zu erarbeiten. Das schlagende Argument ist: Rassistische Diskriminierung widerspricht dem Gleichheitsgebot des Grundgesetzes und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Der Rat muss geltendes Recht umsetzen und beachten. Die Stadt will einen Ratgeber herausgeben, in dem das Thema Chancengleichheit bei der Wohnungssuche behandelt werden soll. Aber wie handeln Ratsmitglieder als Aufsichtsräte? Sind sie für das Thema sensibilisiert? Das Thema muss also in den Fokus und es muss eine Schnittstelle geben zwischen den Beratungsstellen und der Stadtverwaltung und Politik, damit das Thema nicht aus den Augen verloren wird.

Das ist die Forderung des Runden Tisch für Integration. Eine Verbindungsstelle bei der Stadt Köln, die mit einer Koordinierungsstelle bei den Beratungsstellen, also den Trägern vernetzt ist. Auch diese Stelle bei den Trägern muss die Kommune ermöglichen. Diese könnte dann unabhängig von Politik und Verwaltung öffentlich für das Thema sensibilisieren, etwa bei den Marktplayern, den großen und kleinen, aber auch Verbänden. Die Ausrede, dies würde der Mieterverein ja schon arrangieren lässt Uellenberg-van Dawen nicht gelten. Denn der ist erst für Mieter mit Mietvertrag aktiv und eben nicht für die, die keinen in der Tasche haben.