Köln | Der Kölner Ausbildungsmarkt wird auch in diesem Jahr ein so genannter „Bewerbermarkt“ bleiben. Zur Halbzeit des diesjährigen Ausbildungsjahres sinkt die Zahl der gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber weiter ab, während die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen auf einem hohen Niveau bleibt.

Wie die Bundesagentur für Arbeit und die beiden Kammern (IHK und HWK) kurz vor dem Osterfest in einer gemeimsamen Pressekonferenz bekannt gaben, geht die seit einigen Jahren zu beobachtende Schere zwischen Bewerbern und Ausbildungsstellen weiter auseinander. So waren zur Halbzeit des Ausbildungsjahres 2017/18 5266 Ausbildungsstellen gemeldet, 191 oder 3,8 Prozent mehr als zum Vorjahreszeitpunkt. Gleichzeitig aber nahm die Zahl der gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber um 89 oder 2,2 Prozent auf 4032 ab.

Das Ausbildungsjahr läuft noch bis Ende September, folgerichtig haben längst noch nicht alle Ausbildungswilligen eine Stelle. Aktuell suchen noch 2505 junge Kölnerinnen und Kölner einen Ausbildungsplatz. Das sind 146 oder 5,5 Prozent weniger Bewerber als vor einem Jahr. Hinzu kommen noch 441 Bewerber, die einen Ausbildungsplatz suchen, aber auch schon eine Alternative (weiterer Schulbesuch, Studium, Freiwilligendienst…) haben, falls es nicht klappen sollte. Den Bewerbern stehen noch 3642 gemeldete, offene Ausbildungsstellen gegenüber. Das sind 268 oder 7,9 Prozent mehr als zum gleichen Zeitpunkt in 2017. Für die aktuell unversorgten Bewerber ergab sich somit eine rein rechnerische Verteilung von 145 Stellen pro 100 Bewerber.

„Noch über die Hälfte der Jugendlichen hat noch keine feste Zusage für einen Ausbildungsplatz im Herbst und es sind noch viele Ausbildungsstellen offen. Gerade im Handel, Kaufleute im Büro und in der Bank, aber auch für den neuen Studiengang Bachelor of Laws werden dringend noch Auszubildende gesucht. Jetzt in den Osterferien sollten viele, die sich noch nicht entschieden haben, die Zeit nutzen um sich zu orientieren. Nur wer seine Möglichkeiten kennt, kann eine gute Berufswahlentscheidung treffen“, erläuterte Roswitha Stock, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Köln.

Kammern im Trend uneinheitlich

Die beiden Kölner Kammern IHK und Handwerkskammer meldeten hingegen einen uneinheitlichen Trend. So verzeichnete die Kölner IHK in ihrem Bereich einen leichten Rückgang der gemeldeten Ausbildungsstellen. Von den im gesamten Kammerbezirk eingereichten 1991 neuen Ausbildungsstellen entfielen etwas mehr als 1000 (1033) auf Betriebe im Kölner Stadtgebiet. Insgesamt waren das 101 weniger als ein Jahr zuvor.

„Eine zuverlässige Prognose, wie die Zahlen am Beginn des neuen Ausbildungsjahres im September aussehen werden, kann man daraus aber nicht ableiten. Der größte Teil der Ausbildungsverträge im Bezirk der IHK Köln wird in den kommenden Monaten abgeschlossen, das heißt: Es lohnt sich mehr denn je, jetzt noch auf die Suche nach einem passenden Ausbildungsplatz für diesen Sommer zu gehen“, erläuterte Christopher Meier, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung bei der Kölner Kammer.

Bei der Kölner Handwerkskammer sind aktuell insgesamt 12.372 Ausbildungsverhältnisse registriert, gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein deutliches Plus von 1,5 Prozent. Der zuletzt negative Trend der Jahre 2010 bis 2016 scheint damit in diesem Jahr zumindest angehalten, wie der stellvertretende Geschäftsführer der Kammer, Dr. Markus Eickhoff betonte. Auch sonst bewertet die Kammer die derzeitige Situation am Lehrstellenmarkt zuversichtlich.

Seit Oktober vergangenen Jahres sind in der Region Köln/Bonn (der Handwerkskammerbezirk umfasst im Vergleich zur IHK auch die Stadt Bonn und den Rhein-Sieg-Kreis) 995 Ausbildungsverhältnisse neu abgeschlossen worden, 2,7 Prozent mehr als vor einem Jahr. Besonders in Köln ist die Zahl der neuen Ausbildungsstellen im Handwerk regelrecht in die Höhe geschossen, um rund 34 Prozent auf 358. Allerdings gab es hier im Vorjahr auch ein besonders deutliches Minus. „Die derzeitigen Zahlen sind nur eine Momentaufnahme und sollten daher vorsichtig interpretiert werden“, betonte Eickhoff weiter. Auch hier sei es für eine zuverlässige Prognose zum Gesamtjahr noch zu früh. Traditionell würden die meisten Ausbildungsverträge erst in den nun folgenden Monaten geschlossen werden.

Zuwanderer und gekoppelte Bildungsangebote

Ein weiterer wesentlicher Trend ist die Beobachtung, dass offenbar die hohen Zahlen an Zugewanderten nun verstärkt auf den Ausbildungsmarkt durchwirken. So stieg der Anteil ausländischer Bewerberinnen und Bewerber an den Gesamtzahlen von 2,8 Prozent im Vorjahr auf nunmehr 7,8 Prozent in diesem Jahr an. Auch das Handwerk setzt auf diese Zielgruppe. Ihr Anteil konnte in den vergangenen Jahren (seit 2014) von 9,1 auf nunmehr 14,4 Prozent erhöht werden. Rund 400 Auszubildende kommen dabei aus afrikanischen und asiatischen Staaten wie Eritrea oder Syrien. Genauere Zahlen zu Azubis mit dem Status „Flüchtlinge“ aber gibt es nicht. Dieses Kriterium wird bei der statistischen Erhebung hier nicht erfasst.

Unter den bei der Arbeitsagentur erfassten Bewerbern überwiegt der Anteil derer mit mittlerem Bildungsabschluss (43,1 Prozent), etwas mehr als ein Viertel (27,2 Prozent) hat die Fachhochschul- oder die Hochschulreife, 26,3 Prozent einen Hauptschulabschluss. Und während die Handwerkskammer den Fokus auf ein neues Pilotprojekt mit der Bezeichnung „BerufsAbitur“ setzt, das im kommenden Schuljahr 2018/19 starten soll, will die IHK sich vor allem um diejenigen bemühen, die bereits ein Studium begonnen haben, dieses aber nicht vollenden werden. „Rund 30 Prozent all derer, die nach dem Abitur an die Uni gehen, brechen ihr Studium ab“, so IHK-Geschäftsführer Meier. So wollen beide Kammern den drohenden Fachkräftemangel abfedern bzw. auffangen.

Am 11. Juni 2018 veranstaltet die Kölner IHK wieder ein so genanntes AzubiSpeedDating, auch das findet wieder im RheinEnergie-Stadion statt, das größte in der Region. Bewerberinnen und Bewerber können hier ohne vorherige Anmeldung und kostenfrei auf Unternehmen aus dem gesamten Bezirk treffen. Auch für Unternehmen bietet sich hier die Chance, zahlreiche der mehr als 1800 Bewerberinnen und Bewerber kennenzulernen.

Autor: Bernd F. Löscher