Unter dem Motto „1.000 gute Gründe … für ein soziales Köln“ demonstrierten Senioren, Kinder, Eltern und die Beschäftigten der freien Träger der Wohlfahrtspflege heute vor dem Rathaus im Vorfeld der heutigen Ratssitzung, in der der Doppelhaushalt 2013/2014 verabschiedet werden soll, der Einsparungen im Bereich Bildung und Soziales vorsieht.

Die von den Teilnehmern kreativ gestalteten „guten Gründe“ wurden vor Ort auf einer meterlangen „guten-Gründe-Liste“ zusammengetragen. Rund 1.000 Gründe auf 1.000 Zetteln wurden benannt, mitgebracht und aufgeklebt, so Marc Ruda, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege Köln. Eine Auswahl der Gründe wurde von Pfarrer Franz Meurer auf dem Rathausvorplatz vorgetragen. Die Liga der Wohlfahrtsverbände hatte die ihr angeschlossen Träger zur Demonstration aufgerufen.

„Wir sind mit allen Demonstration heute der Meinung, dass die geplanten Kürzungen überproportional zu Lasten der Bereiche Soziales und Jugend gehen. Und hier sind vor allem die freien Träger betroffen.“ , so Ruda. Schon seit den 1990er Jahren litten die Träger der freien Wohlfahrtspflege unter Kürzungen und insbesondere darunter, dass im Zuwendungsbereich keine Kompensation von Kostensteigerungen und Tariferhöhungen erfolgt sei. Eine Kompensation, die beim öffentlichen Träger automatisch vollzogen werde. Nur durch erhöhten Eigenmitteleinsatz, Akquise von Drittmitteln sowie durch das enorme Engagement der Beschäftigten und der ehrenamtlichen Unterstützer hätten die freien Träger in der Vergangenheit ihre „für Köln unverzichtbaren Angebote“ aufrechterhalten können. Die jetzt vorliegenden Sparvorschläge ignorierten und missachteten diesen Einsatz.

Besonders problematisch seien die Kürzungen für Kinder. „Kürzungen bei der ohnehin sehr schlecht ausgestatteten offenen Ganztagsschule senken den Standard der Betreuung weiter kontinuierlich ab.Wir brauchen hier zusätzliches Geld, um nur den Stand zu halten.“, so Peter Krücker von der Caritas. „Aber auch andere städtische Leistungen werden für Kinder gekürzt, wie das verbilligte Mittagessen in Kindergärten und Schulen“, ergänzt Benzion Wieber von der Synagogen-Gemeinde Köln.

Die Angebote für Senioren seien ebenfalls massiv von Kürzungen betroffen. Rund 20 Prozent aller Leistungen sollen hier eingespart werden. Uli Volland-Dörmann von der Kölner Arbeiterwohlfahrt (AWO) warnt: „Die Kürzungen im Seniorenbereich sind Kürzungen in der Prävention. Auf lange Sicht werden dadurch die Kosten für die Stadt in der Versorgung alter Menschen massiv steigen.“

Die städtischen Förderungen zur Integration von Migranten und Flüchtlingen sollen laut Wohlfahrtspflege auf einen Mini-Ansatz zurückgefahren werden. „Das ist ein Feigenblatt und entspricht nicht einer Stadt, die sich ein multikulturelles, buntes und vielfältiges Leitbild gegeben hat“, meint Helga Blümel, Geschäftsführerin der Kölner Diakonie. Besonders dramatisch ist die Lage für die Kölner Stadtteile. Nicht nur das präventive Sozialraumkonzept zur Unterstützung der Stadtteil-Infrastruktur stehe auf der Kippe. Es sollen auch drei Bürgerzentren geschlossen werden. „Ziel der Politik muss es sein, das Leben der Stadtteile und Sozialräume zu stärken,“ sagt Monika Dierksmeier vom Paritätischen. „Die jetzigen Sparvorschläge schaden den Stadtteilen und der dezentralen Struktur von Köln. Hier gehen Lebensqualität und soziale Infrastruktur an der empfindlichsten Stelle verloren.“

Man wünsche sich eine Diskussion darüber, in was für einer Stadt wir leben wollen und eine Haushaltspolitik, die sich an den daraus abgeleiteten Zielen orientiert und die alle gesellschaftlichen Gruppen mitnimmt. Die freien Träger der Wohlfahrtspflege fordern den Oberbürgermeister, die Verwaltung und die Ratsmitglieder nachdrücklich auf, ihre Verantwortung für alle Kölnerinnen und Kölner wahrzunehmen.

Autor: dd