Köln | Am heutigen Freitag fand zwischen der Hafenstraße und der Mülheimer Brücke eine Übung zum Hochwasserschutz der Stadtentwässerungsbetriebe StEB statt. Neben der Einübung der Abläufe einer solchen Übung geht es auch um ein neues Simulations-Tool.

PLATO, so lautet der Name des neuen Entscheidungs-Unterstützungs-Simulations-Tools, das während der Übung am heutigen Freitag und morgigen Samstag mit jeder Menge Daten gefüttert werden soll. Auf Grundlage dieser Daten wollen die Verantwortlichen anschließend entsprechende Simulationen noch passgenauer durchführen. Aber genau dafür benötige man Daten aus realen Einsätzen, begründete StEB- Betriebsingenieur Patrick Kluding das Verfahren. Am morgigen Samstag geht es dann an den Abschnitten 2, 3 und 4 im linksrheinischen Kölner Süden weiter.

Bisher sei alles sehr gut gelaufen am heutigen Freitag. Die Spundwände samt der schweren Eck- und Bodenstützen sowie die dazugehörigen Dammbalken waren schnell aufgebaut. Die Übung erstreckt sich am heutigen Freitag über den Mülheimer Festplatz bis hin zur Kirche St. Clemens, nördlich der Mülheimer Brücke. 234 Stützen und 1.917 Dammbalken wurden auf den Hochwasserschutzmauern fest verankert. Sie sollen im Ernstfall eine Hochwasserflut mit einem Pegel von bis zu 11,70 Meter abhalten.

Die südlich gelegene Hafenstraße, die eigentlich auch noch zum Abschnitt 17-Süd zählt, wurde bei dieser Übung allerdings ausgespart. Hier wurden bereits Anfang dieses Jahres die Spundwände aufgebaut, wegen der Gefahr eines richtigen Hochwassers. In diesem Fall verzichtet die Bezirksregierung als zuständige Aufsichtsbehörde auf die Einhaltung der strengen Regularieren, alle sieben Jahre alle Bereiche einmal durchzuüben. Trotz dieser Aussparung waren 33 Personen nur mit den Aufbauten beschäftigt, inklusive Catering und Wachschutz sind bei dieser Übung rund 110 Personen im Einsatz, und das für gerade mal rund fünf Prozent der Gesamtlänge des Kölner Hochwasserschutzes.

Logistik und Abläufe von zentraler Bedeutung

Der Aufbau der Spundwände ist aber nur ein Teil der Aufgabe. Viel wichtiger ist aus Sicht von Kluding die Logistik und die dahinter stehenden Abläufe. „Das größte Risiko ist eine falsche Sortierung“, erklärt er. So zeigten die ersten Übungen schnell, dass Gelegenheiten Diebe machen. Vor allem die schweren Edelstahlabdeckungen hatten es Metalldieben angetan, inzwischen werden Übungen wie die heutige durch Wachdienste abgesichert. „Im Ernstfall müssen die Ersatzteile wie etwa Leerschrauben aber zurück in die Lager“, so Kluding weiter. Deshalb gibt es bei Übungen wie Ernstfällen inzwischen ein so genanntes „Servicemobil“, also einen Lkw, der nichts anderes geladen hat als Ersatzteile.

Säuberlich abgestellt: Hochwasserschutz in Gitterboxen.

Auch die Logistik ist wichtig, denn zu Beginn dieses Jahres sahen sich die Hochwasserschützer mit einem besonders kritischen Szenario konfrontiert, zwei aufeinanderfolgenden Hochwasserwellen. Ohnehin benötigen die Helfer für den Abbau und die Reinigung rund 50 Prozent mehr Zeit als beim Aufbau. Wenn dann die abgebauten Hochwasserschutzelemente womöglich falsch einsortiert und Tage später wieder aus dem Lager an den Rhein gebracht werden, wird es kritisch für die aufbauenden Firmen.

Und auch bei der Lagerung der tonnenschweren Utensilien sei man bemüht, sie so nah wie möglich an ihrem späteren Bestimmungsort aufzubewahren. Bis auf eine Ausnahme werde das auch eingehalten. So befinden sich fünf der insgesamt acht Lagerstätten auf der linken, der Rest auf der rechten Rheinseite.

Dezentrale Organisation erhöht Flexibilität

Ein weiterer wichtiger Punkt, der immer wieder geübt werden muss, ist die Koordinierung des Personals. Sollte Köln in der Zukunft wieder einmal ein Jahrhundert-Hochwasser wie 1993 und 1995 vor der Haustür haben, müssen in der Spitze bis zu 800 Personen koordiniert werden. Auch hier haben Übungen und praktische Erfahrungen gezeigt, dass der Einsatz kleiner Teams mit so genannten „Abschnittsverantwortlichen“ wesentlich flexibler auf Herausforderungen und Probleme reagieren können. Diese dezentrale Organisation muss aber immer wieder geübt werden. Zwei Mal pro Jahr werden die Abschnittsverantwortlichen geschult, die an der Logistik Beteiligten muss sogar drei Schulungen durchführen.

Zwar sind die eingesetzten Hochwasserschutzwände (ibs) recht einfach auf- und abzubauen, weil sie vergleichsweise wenig Einzelteile umfassen. Dennoch gibt es auch im Detail immer wieder Fälle, wo innovative Lösungen her müssen. Ein solcher Fall war der Aufbau einer Hochwasserschutzwand nach Niederschlag und Frost. Hier half ein pfiffiger Mitarbeiter, der die vereisten Leerschrauben mit einem speziell zugerichteten Bohrer bearbeitete. „Wir wollen mit jeder Übung besser werden, auch wenn die Verbesserungsschritte kleiner werden“, so Kluding abschließend.

Hochwasserschutz gibt es sowohl ober- wie auch unterirdisch. Die Kosten für ober- und unterirdischen Hochwasserschutz sind dabei in etwa gleich hoch. Das oberirdische Hochwasserschutzkonzept mit seinen tief ins Erdreich gegründeten Mauern kostete etwa 200 Millionen Euro. Die Stützen und Dämmbalken samt Zubehör waren noch einmal rund 40 Millionen Euro teuer.

Autor: Ralph Kruppa
Foto: Patrick Kluding erläutert den Hochwasserschutz. Die Übung am heutigen Freitag lief nahezu reibungslos.