Köln | Die Halle Kleinmotorenbau auf dem ehemaligen Fabrikationsgelände der Deutz AG wird aktuell niedergelegt. Report-K berichtete, unter anderem auch mit einer Stellungnahme des Stadtkonservators Dr. Thomas Werner. Prof. Dr. Walter Buschmann vom Förderverein Rheinische Industriekultur erhebt schwere Vorwürfe gegen die Stadt Köln und spricht davon, dass sich die Stadt Köln Gewinninteressen eines investierenden Investitionsunternehmens beuge.

Bitte beachten Sie auch den Leserbrief am Ende des Artikels

Dissens zwischen Landes- und Stadtkonservator?

Die Halle Kleinmotorenbau wurde ab dem Jahr 1886 erbaut und diente der Kleinmotorenfabrikation, wie der Name schon sagt. Buschmann berichtet nun, dass die Halle im Jahr 2003 durch ein Gutachten des LVR-Amtes für Denkmalpflege im Rheinland 2003 als denkmalwert eingestuft wurde, nicht nur als erhaltenswerte Bausubstanz sondern als Denkmal. Dies bestätigte der LVR auf Nachfrage von report-K. Der Kölner Stadtkonservator sagte in seiner Stellungnahme, dass Gebäude in zwei größeren Phasen ab 1992 und 2003 in die Denkmalliste aufgenommen wurden. Zum Gebäude 70 heißt es schriftlich von der Stadt Köln: „Das Gebäude 70 wurde bei den oben genannten fachlichen Bewertungen nicht als Denkmal eingestuft.“ Auch wenn es immer wieder Verwirrung um die Bezeichnung „Gebäude 70“ gibt, erklärte der Kölner Stadtkonservator, dass er sich dabei auf die Kleinmotorenhalle beziehe.

Spreizung des Kaufpreises für das Grundstück

Buschmann geht davon aus, dass das Gebäude 2003 nicht in die Denkmalliste aufgenommen wurde, weil in der Kleinmotorenfabrik noch Produktionen stattfanden. Buschmann: „Das Ende dieser Produktion und die Verkaufsabsichten des Unternehmens wäre der richtige Zeitpunkt zur Eintragung in die Denkmalliste gewesen. Das wurde mit einer Mischung aus Nachlässigkeit und Selbstüberschätzung in der Einstufung industriegeschichtlicher Zeugnisse verpasst. Das Gelände wurde von der Deutz AG für 120 bis 150 Millionen Euro an die deutsch-schweizerische Investoren ‚Gerch-Group‘ verkauft. Die Spreizung des Kaufpreises verweist auf den möglichen Planungsgewinn bei möglichst effektivem Umgang des Käufers mit der Stadt. Je mehr man erreicht, desto höher bis zu einem zweistelligen Millionenbereich wird der erwartete Planungsgewinn.“ Die Deutz AG ging bei Ihrer Bilanzpressekonferenz 2016, über die der „Bonner Generalanzeiger“ im März 2017 berichtete, von positiven Sondereffekten für 2017 aus. Dabei handelt es sich um eine Erwartung zwischen 50 bis 100 Millionen für den Verkauf eines 160.000 Quadratmeter großen Grundstückes.

Warum hat die Stadt den Landeskonservator nicht über die Niederlegung informiert?

Was in die Denkmalliste aufgenommen wird, sei letztlich Entscheidung der Stadt Köln, sagte Buschmann dieser Internetzeitung. Außerdem sei der Stadtkonservator in dieser Sache von Anfang an anderer Auffassung als der Landeskonservator gewesen. Allerdings hat der Landeskonservator die Möglichkeit gegen die Entscheidung der Stadt Köln eine höhere Instanz in diesem Fall das Bauministerium anzurufen. Zwar gebe es keine Verpflichtung für die Stadt Köln, den Landeskonservator zu informieren, aber im Zuge eines guten Verfahrensmanagements sei diese Unterrichtung zu gewährleisten. Aber genau das scheint in Köln mit der Halle der Kleinmotorenproduktion nicht der Fall gewesen zu sein.

Denn 2013 gab es ein Werkstattverfahren für das Gelände und spätestens da hätte der Landeskonservator informiert werden müssen, wenn die Stadt seiner Empfehlung nicht folge. Dies erfolgte nicht. Die Halle wurde nicht in die Denkmalliste eingetragen. Buschmann: „Die Stadt Köln hat sich offenbar erneut den Gewinninteressen eines spekulierenden Investionsunternehmens gebeugt. Diese Stadt die so stolz auf ihre 2000jährige Geschichte ist, entledigt sich mit dem Abriss dieser bedeutenden Industriehalle eines Höhepunktes jener Epoche, die sie so deutlich geprägt hat. Dies zeugt nicht zum ersten Mal von ihrer Ignoranz gegenüber ihrer Industriegeschichte.“ Der Förderverein Rheinische Industriekultur fordert von der Stadt, die noch stehenden Hallenteile zu erhalten.

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Leserbrief

Leserbriefe spiegeln nicht die Meinung der Redaktion wieder sondern die des jeweiligen Autors.

Zu Ihrem Artikel: „Otto-Langen-Quartier: Stadt Köln in der Kritik für Abrissgenehmigung“

Leserbrief von Werner Müller, Historisches Luftfahrtarchiv
Wer sich mit Geschichte beschäftigt weiß, dass sich Geschichte immer wiederholt. Wieder einmal wird ein historisches Gebäude abgerissen. Leider ist das hier in Köln schon normal. Was der Stadtkonservator Dr. Werner mit dem Butzweilerhof – dem luftfahrthistorisch reichsten Flughafen Deutschlands – angerichtet hat, setzt er hier fort. Gebäude von hohem Denkmalwert werden, unbemerkt von der Öffentlichkeit und auf dem stillen Dienstweg, zum Abriss frei gegeben oder großflächig von Investoren, denen es NUR ums Geld geht, umgebaut. Während der Butzweilerhof „nur“ ein nationales Denkmal ist, sind die Werke der Deutz AG auf Grund ihrer Bedeutung für die Technikgeschichte, eigentlich ein Welterbe. Allerdings nicht auf dem Papier und vor allem nicht in Köln. In der „Kultur“stadt Köln hat Geschichte keinen Wert.

Beispiele gibt es genug:

Dom-Hotel – kein Wiederaufbau des historischen Dachs, KSta: Begründung des Stadtkonservators „Auf diese Weise sollen sich die Folgen des Zweiten Weltkriegs im Stadtbild widerspiegeln.“ Anmerkung: so ein Flachdach ist natürlich billiger als das historische Dach des Dom Hotel.

Monheimer Hof, Riehl, dritt ältestes Gebäude ca. 1860. Erste Riehler Schule; „kein Interesse“

Belgischer Tower des Butzweilerhof – Die Argumente der Stadtkonservatorin gegen den Denkmalschutz sind schon eine Beleidigung des Intellekts.

Seniorenzentrum Riehl ehem. Kasernenstadt Boltensternstraße – „Nicht mehr genug historische Bausubstanz“

Artillerie-Halle Alpenerstraße Ehrenfeld; gebaut 1879, letzte von zwanzig Hallen ihrer Art in Köln, Standkonservator „…Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung auch nicht gegeben sind..“.

Butzweilerhof – umfangreiche Abbrucharbeiten und Gebäudeanbauten die die Architektur wesentlich ändern. Den durchsichtigen Versprechen eines Gebrauchtwagen- und eines Schrotthändlers, die zum Kauf dieses wertvollen Gebäudeensembles führten, ist man gerne leichtfertig gefolgt. Lesen Sie dazu auch diese Informationen:
www.luftfahrtarchiv-koeln.de/Butzweilerhof_1936_Das_Ende.htm

Die Liste lässt sich fortsetzen.

Insgesamt zieht sich der Kotau des Stadtkonservators Dr. Werner vor den Bauherrn und Investoren durch seine ganze Arbeit. Welcher Bauherr kann sich einen besseren Wegbereiter wünschen? Aber – ein Stadtkonservator ist dem Denkmal verpflichtet, nicht dem Investor. Sollte jemand, der so massiv gegen die Grundprinzipien seines Berufsstands verstößt und damit einen ganzen ehrenwerten Berufsstand in schlechtes Licht rückt, weiter in dieser Position bleiben? In einem seriösen Privatunternehmen wären solche Leute nicht mehr haltbar. In Köln wird geschimpft und schnell wieder vergessen – auf in die nächste Kulturkatastrophe. Dabei darf nicht vergessen werden, dass das einstmals sehr schöne Köln im 2. Weltkrieg zu 90% zerstört wurde. Die zweite Zerstörungswelle begann nach dem Krieg und wird bis heute fortgesetzt.

Zu seiner Entschuldigend könnte vielleicht noch die Frage gestellt werden, von wem dieser Herr bzw. dieses Amt die Arbeitsanweisungen bekommt. Aber der Bürger kann sicher sein, dass das Amt sehr aktiv wird, wenn nach einer Reparatur ein historisches Detail an einem Privathaus nicht stimmt.

Ergänzend sollte noch erwähnt werden, dass eine Stadt natürlich Investoren braucht. Aber müssen es solche rein auf Geld ausgerichtete Heuschrecken wie Motorworld und Gerch-Group sein, die hier einen roten Teppich ausgerollt bekommen? Es gibt andere Investoren, die mit Respekt vor Stadtgeschichte und Architektur, in einer Stadt investieren. Dies rechnet sich auf lange Sicht wesentlich besser als dort, wo nur das schnelle Geld zum Nutzen einzelner Personen, Firmen oder Investementfonds verdient wird.

Auf Grund dieser ganzen Misere in der Stadt Köln sollte man die Arbeit von Prof. Buschmann und seinem Team um so höher bewerten. Der Verein Rheinische Industriekultur hat den Wert der Fabrikhallen erkannt und versucht so gut wie möglich die historischen Werkhallen zu schützen. Wobei dies nicht die einzigen Kämpfer sind. Der Umgang der Stadt Köln mit der historischer Architektur findet weltweit Beachtung – oder besser – Missachtung. So fragte eine an Stadtarchitektur interessierte US-Bürgerin: „Was ist bei Euch in Köln los?“ Wenn aber schon ein ausgewiesener Fachmann wie Prof. Buschmann und sein Team so ausgebootet werden, wie geht die Stadt dann mit Laien um, die Respekt und Interesse an Stadtgeschichte haben, aber nicht die Erfahrung und Ausbildung?

Damit während wir auch bei der Politik, die eigentlich für die Bürger die Verwaltung im Griff haben sollte. Aber auch hier Versagen auf breiter Parteibasis.
Beispiel:
– Im Kulturausschuss wird nicht über den Wert und den Umgang mit den historischen Gebäuden Kölns gesprochen.
– Entsprechende Hinweise auf Mißmanagement im Umgang mit der Kölner Stadtgeschichte an die Vorsitzende Dr. Bürgermeister werden nicht beantwortet.
– Von Mitgliedern des Kulturausschuss angeforderte Hinweise werden nicht beantwortet.

– Aussage eines Mitglieds des Kulturauschuss 2014: „Wissen Sie Herr Müller – wir haben mit Dom, Oper und Kulturausschuss so viel Kultur, dass Düsseldorf uns darum beneidet. Wir müssen in den Rest (Anmerkung: Stadtgeschichte) nichts mehr investieren.“  
In der Kölner Politik  ist nur Kunst ein Kulturangebot – aber Stadtgeschichte findet hier keinen Wert. Entsprechend schlecht sieht es damit aus – aber das ist ein eigenes umfangreiches Kapitel.

Eine Stadtobrigkeit, die Respekt von den Bürgern erwartet, sollte mit gutem Beispiel voran gehen. Dazu gehört auch der respektvolle Umgang mit unserer Stadtgeschichte, wozu z. B. auch die Werkshallen der Deutz AG gehören. Andere Städte pflegen ihre Stadtgeschichte, beleben sie neu und erzeugen so einen Gewinn für alle. Städte mit historischer Bausubstanz gewinnen immens an Attraktivität. Nicht so in der „Kultur“stadt Köln. Hier ist für Politik und Verwaltung unsere reiche Stadtgeschichte kein Kapital, mit dem zum Nutzen aller gearbeitet werden kann, sondern ein lästiges ungeliebtes Erbe, dass man auch gerne mal weg baggert um beliebig austauschbare Klötze zu bauen. Aber bei der Pöstchenvergabe werden diese Damen und Herren sehr aktiv und kreativ. Wer wundert sich da noch über Politikverdrossenheit?
Noch eine Anmerkung zum Schluss: offiziell wird von der OB und der Politik darum geworben, dass Bürger sich an Entscheidungen beteiligen. Dazu gibt es viele Besprechungen, Workshops usw. Aber bei den wichtigen Entscheidungen bleibt der Bürger draußen. Politik ist aber nur dann erfolgreich, wenn sie von Bürgern mitgetragen wird. Das ist leider in der Politik nicht angekommen.
Werner Müller

Historisches Luftfahrtarchiv Köln

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Autor: Andi Goral | | Foto: Kierdorf/Förderverein Rheinische Industriekultur e. V.
Foto: Der Förderverein Rheinische Industriekultur e. V. stellte dieses Foto der Halle vom 20.11.2018 zur Verfügung. | Foto: Kierdorf/Förderverein Rheinische Industriekultur e. V.