Köln | Drei grüne Wahlkampfhelfer ziehen mit einem Bollerwagen durch die Venloer Straße. Darauf riesige Plakate mit dem Konterfei von Katharina Dröge, der Direktkandidatin im Wahlkreis Köln III also Ehrenfeld, Nippes bis in den Kölner Norden nach Chorweiler. Die Kölner SPD traf sich mit Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles auf dem Roncalliplatz und zeigte Wahlplakate mit dem Kopf ihres Spitzenkandidaten Martin Schulz und die Kandidaten der Kölner CDU plakatierten große Flächen in den Veedeln. Die Stadt Köln hat gestern das Wählerverzeichnis für die Bundestagswahl 2017 gezogen und festgestellt, dass in Köln 729.811 Bürger wahlberechtigt sind. Der Bundestagswahlkampf beginnt nun auf allen Ebenen: Plakat, auf der Straße und an der Haustür. Aber auch digital.

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Big Data im Wahlkampf

In anderen deutschen Städten und Ländern hängen sie schon, die Plakate. In Köln dürfen die Parteien erst sechs Wochen vor der Wahl ihre Kopfplakate hängen. Seit gestern Abend um 18 Uhr wird plakatiert und da geht es um die besten Plätze. Geht es nach der Größe und der Platzwahl hat Katharina Dröge auf der Venloer Straße gewonnen. Auch Heribert Hirte, CDU-Kandidat für den Kölner Süden und Westen plakatierte gestern. Straßenwahlkampf und Plakate sind öffentlich einsehbar, aber schon bei der Landtagswahl im Mai waren und sind die Parteien außer mit den Plakaten und vereinzelten Straßenständen in den Veedeln auf der Straße weniger sichtbar. Zudem gibt es keine großen Wahlkampfveranstaltungen mehr im Freien etwa auf dem Heumarkt sondern zentrale Wahlcontainer in der Schildergasse oder intime Veranstaltungen wie die Town Hall am 25. August mit Cem Özdemir im Museum Ludwig. [Report-K wird diese live übertragen] Daneben werden die Parteien wohl wiederum verstärkt auf den Haustürwahlkampf setzen, teils mit teils ohne digitale Helfer.

Die CDU bietet den Wahlkämpfern einen App

Simon Zunk einer der Pressesprecher der Grünen erklärt, wie die Grünen ihren Haustürwahlkampf organisieren und legt großen Wert darauf, dass die Grünen nur frei verfügbare Daten verwenden. Auch der Haustürwahlkampf erfolge nicht mit personalisierten Daten, sondern anhand der Auswertungen aus den letzten Landtags- und Bundestagswahlen. Wenn die Analyse dieser Daten etwa ergebe, dass in einem Wahlbezirk eine hohe grüne Stimmenzahl erreicht wird, aber die Wahlbeteiligung niedrig war, dann geht man bei den Grünen davon aus, dass man dort mehr Wähler durch Haustürwahlkampf mobilisieren kann. Und diese Zahlen stehen für alle frei auf der Website der Stadt Köln zur Verfügung. Anders als die CDU setzt man dabei nicht eine App ein.

Die CDU hat in allen drei Landtagswahlkämpfen 2017, also im Saarland, Schleswig-Holstein und NRW die App Connect 17 eingesetzt und wird sie auch im Bundestagswahlkampf nutzen. Auch der Direktkandidat im Kölner Süden Prof. Dr. Hirte und sein Wahlkampfteam haben die App heruntergeladen. Hirte sagt allerdings, dass erfahrene Wahlkämpfer nicht viel Neues mit der App erführen, denn schließlich kenne man seinen Wahlkreis. Aber die Bundes-CDU nutzt und produziert hier Big Data, denn anders als bei den Grünen speisen sich die Daten nicht nur aus den öffentlichen Daten der letzten Wahlen, sondern auch aus gekauften Datenbeständen der Deutschen Post. Deren Daten werden von den Postboten gesammelt. Die vielen tausenden CDU-Wahlhelfer werden mit den Bürgern an ihrer Haustür sprechen. Schließt sich diese, zücken sie ihr Smartphone, erfassen sie die Fragen oder Anregungen der Bürger und tippen auf Emoticons die ein Bild vermitteln was der Wähler über die CDU denkt.

Die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt, dass das Speichern der Daten nicht personalisiert, sondern auf der Basis der Straßenzüge erfolge und die Datenschutzbeauftragte des Saarlandes die App nicht beanstandet habe. Die Daten werden dann in Berlin zusammengeführt. Dort ergibt sich aus den tausenden Einträgen ein bisher nicht gekanntes und erfasstes Stimmungsbild der Bevölkerung auf der Ebene der Wahlbezirke sogar bis in die Straßenzüge. Daten die mit anderen Daten, etwa aus sozialen Netzwerken gematcht werden können und so für personalisierte Kampagnen genutzt werden können. Oder das sich daraus ergebende Stimmungsbild in einem Viertel kann dann wiederum geschickt bei der Ansprache der Wähler im Straßenwahlkampf genutzt werden, um die richtigen Antworten zu finden und die Wähler zu mobilisieren das Kreuz bei der CDU zu machen.

Ein weiterer Vorteil ist, die Wahlkämpfer können zielgenau ihre für den Wähler positiven Botschaften platzieren, ohne das Gesamtbild der Partei vermitteln zu müssen. Auch die SPD hat eine App, die aber aktuell nur ein Online Formular ist. Die Linke ist dabei ebenfalls eine App zu entwickeln. Ob Hirte und sein Team die App Connect 17 einsetzen werden, wisse er noch nicht so genau, sagte der CDU-Kandidat dieser Internetzeitung. Einen Ratschlag der App kannte er bereits vorher, denn die App gibt den Wahlkämpfern auch Tipps: Nicht mit dem Haustürwahlkampf zu beginnen, bevor die Plakate hängen und der Straßenwahlkampf angefangen habe. Vorher interessiere das Thema Wahlen die Bürger noch nicht so sehr und daher treffe man häufig auf Unverständnis an der Haustür.

Über 33.000 Erstwähler in Köln

Das am Freitag gezogene Wählerverzeichnis der Stadt Köln weist insgesamt 729.811 Wählerinnen und Wähler aus. In Köln sind mehr Frauen als Männer wahlberechtigt: 380.972 Frauen und 348.839 Männer. 33.539 Erstwähler können ihre Stimme abgeben, darunter 17.515 Frauen und 16.024 Männer. Auf Basis dieses Wählerverzeichnisses werden jetzt die Wahlbenachrichtigungen verschickt. Die ersten Wahlbenachrichtigungen werden die Wahlberechtigten frühestens am 19. August erreichen. Um an der Bundestagswahl am 24. September teilnehmen zu dürfen muss man im Wählerverzeichnis eingetragen sein. Ist dies nicht der Fall, dann kann man nicht wählen. In den Wahllokalen am 24. September reicht für alle im Verzeichnis eingetragenen Personen der Personalausweis zur Identifizierung. Die älteste Wahlberechtigte wurde 1910 und der älteste Wahlberechtigte 1913 geboren.

Wer Briefwahl beantragen will, der muss eine Wahlbenachrichtigung erhalten, um diese zu beantragen. Das Wählerverzeichnis werde bis zum Wahltag fortgeschrieben. Wer umzieht und in Köln wählen will, weil er seinen Hauptwohnsitz verändert, kann bis zum 3. September auf Antrag in dass Kölner Wählerverzeichnis aufgenommen werden. Danach gibt es keine Möglichkeit mehr, dann muss am alten Wohnsitz gewählt werden. Dies gilt auch für Umzüge innerhalb des Stadtgebietes. Die Stadt Köln hat ein Infotelefon eingerichtet: 221-21212.

Autor: Andi Goral
Foto: Die Kölner SPD-Kandidaten und ihre Kollegen aus den umliegenden Kreisen präsentierten sich mit einer Plakatserie mit dem Konterfei von Martin Schulz und dem Spruch: „Berlin braucht mehr Rheinland“