Wiesbaden | aktualisiert | Das rechtsextremistische Netzwerk „Nordkreuz“ hat auf seinen „Todeslisten“ Namen und Adressen von politischen Gegnern aus ganz Deutschland gesammelt. Das geht aus Vernehmungsprotokollen des Bundeskriminalamtes (BKA) hervor, über die das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Samstagausgaben) berichtet. Demnach geht die Bundesanwaltschaft davon aus, dass die Rechtsextremen aus Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg nicht nur Personendaten aus ihrer Region sammelten, sondern bundesweit.

Laut den Angaben verfügt „Nordkreuz“ über mindestens zwei weitere Ableger: „Südkreuz“ und „Westkreuz“. Auch in und um Berlin soll eine Unterstützergruppe tätig sein. In Akten und auf elektronischen Datenträgern, die bei Durchsuchungen von „Nordkreuz“-Mitgliedern im August 2017 und April 2018 in Mecklenburg-Vorpommern sichergestellt wurden, sind demnach Namen und Adressen von fast 25.000 politischen Gegnern aus dem gesamten Bundesgebiet verzeichnet.

„Südkreuz“ und „Westkreuz“ verfügen nach bisherigen Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden über keine eigenen Listen. Nach RND-Informationen hat „Nordkreuz“ überwiegend Daten von Personen aus dem linken politischen Spektrum gesammelt. Die meisten von ihnen hätten sich positiv über Flüchtlinge und Asylsuchende geäußert.

Wie viele Mitglieder hat „Nordkreuz“

Bislang wurde angenommen, „Nordkreuz“ habe sich auf Personen im direkten Umfeld seiner gut 30 Angehörigen beschränkt. Nach Einschätzung von Ermittlern plante „Nordkreuz“, politische Gegner gezielt zu töten. Diesen Verdacht hätten zwei Vernehmungen eines der „Nordkreuz“-Angehörigen durch das BKA erhärtet.

So habe Horst S., ehemals Vizechef im Bundeswehr-Reservistenverband Mecklenburg-Vorpommern, ausgesagt, die Listen mit „linken Persönlichkeiten“ hätten dem Ziel gedient, diese „im Konfliktfall“ zu liquidieren. Laut den Vernehmungsprotokollen des BKA plante ein weiteres „Nordkreuz“-Mitglied seine Kameraden ab dem „Tag X“ mit Passierscheinen auszustatten, um schneller in die „Einsatzgebiete“ für die anvisierten Liquidierungen zu kommen. Die Passierscheine sollten mit Stempeln und auf Kopfbögen der Bundeswehr ausgestellt werden.

Der Gründer der rechten „Prepper“-Gruppe „Nordkreuz“, der SEK-Beamte Marko. G, sitzt seit Mitte Juni in Untersuchungshaft. Zusammen mit drei weiteren Polizisten soll er Munition aus Polizeibeständen entwendet und tausende Patronen gehortet haben. Eine bei Marko G. sichergestellte Maschinenpistole vom Typ „Uzi“ stammte jedoch nicht aus LKA-, sondern aus Bundeswehrbeständen, schreibt das RND unter Berufung auf Ermittlerkreise. Demnach führt das LKA Mecklenburg-Vorpommern keine Waffen dieses Typs in seinem Bestand.

Die „Uzi“ soll vor etwa 15 Jahren aus Beständen der Truppe gestohlen worden sein. Eine Materialliste von „Nordkreuz“ zählt nach RND-Informationen neben Toilettenpapier und Wischtüchern auch rund 200 Leichensäcke und Ätzkalk auf. Die Bundesanwaltschaft ermittelt seit August 2017 gegen Mitglieder des Netzwerkes wegen des Verdachts der Vorbereitung einer terroristischen Straftat. „Nordkreuz“ gehören sogenannte Prepper an, die über den Messengerdienst Telegram miteinander vernetzt sind und sich auf den „Tag X“ vorbereiten: den Zusammenbruch der staatlichen Ordnung durch eine Flüchtlingswelle oder islamistische Anschläge und die anschließende Liquidierung politischer Gegner, schreibt das RND.

Kipping: Potenzielle Opfer von „Nordkreuz“ müssen informiert werden

Linken-Chefin Katja Kipping hat vor dem Hintergrund neuer Enthüllungen über die Aktivitäten des rechtsextremistischen Netzwerkes „Nordkreuz“ gefordert, deren potenzielle Opfer zu informieren. „Ich fordere, dass die 25.000 Personen, die auf den Todeslisten des rechten Terrornetzwerkes stehen, umgehend informiert werden“, sagte Kipping den Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“. „Opferschutz geht vor“, so die Linken-Chefin weiter.

Ähnlich hatte sich zuletzt bereits der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck geäußert. Er hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) aufgefordert, für Betroffene eine Anlaufstelle zu schaffen. Die rechtsextremistische Gruppe „Nordkreuz“ aus Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg habe offenbar politisch motivierte Morde in ganz Deutschland geplant, hatten die Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“ am Samstag berichtet.

Auf deren „Todeslisten“ stünden demnach 25.000 Menschen.

Autor: dts