Genf/Berlin/Brüssel | Der Weltklimarat (IPCC) hat davor gewarnt, dass die internationalen Klimaziele bei den derzeitigen Anstrengungen im Klimaschutz nicht erreicht werden können. Das geht aus einem am Montag veröffentlichten Sonderbericht des IPCC hervor. Demzufolge liegt die aktuelle globale Erwärmung bei etwa ein Grad Celsius.

Die globale Erwärmung erreiche zwischen 2030 und 2052 wahrscheinlich 1,5 Grad Celsius, wenn sie mit der aktuellen Geschwindigkeit weiter zunehme, so der Bericht. Dies habe weitreichende Folgen für den Menschen und den Planeten. Die Bundesregierung reagierte entschlossen auf die Ergebnisse des Sonderberichts.

Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) sehen darin einen weiteren Beleg für die Dringlichkeit der Bekämpfung des Klimawandels. „Wir dürfen beim Klimaschutz keine Zeit mehr verlieren“, sagte Schulze am Montag. „Das ist die Kernbotschaft des Berichts.“

Die nächsten Jahre seien entscheidend, damit der Planet nicht aus dem Gleichgewicht gerate. Dafür trage gerade diese Generation eine „herausragende“ Verantwortung. „Wir müssen den Abschied von Kohle, Öl und Gas hinbekommen“, so die Bundesumweltministerin.

Karliczek sagte, dass der Bericht zeige, dass der Klimawandel die Gesellschaft in Deutschland, aber auch weltweit vor „große Herausforderungen“ stelle. Man brauche starke Beiträge aus der Forschung und müsse das Potenzial der Wissenschaft noch stärker ausschöpfen. „Gute Ideen aus der Forschung und ein entschlossenes Handeln von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft können die notwendigen Veränderungen voranbringen“, sagte die CDU-Politikerin. Die Europäische Kommission begrüßte die IPCC-Ergebnisse. „Today`s report is a remarkable endeavour of scientists to inform policy-makers worldwide and society at large“, ließen sich die EU-Kommissare Miguel Cañete und Carlos Moedas am Montag zitieren.

Der Bericht zeige, dass das Ziel von 1,5 Grad Celsius machbar sei, sofern man schnell reagiere und alle zur Verfügung stehenden Mittel einsetze. Das IPCC wurde im November 1988 vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) als zwischenstaatliche Institution ins Leben gerufen. Es soll für politische Entscheidungsträger den Stand der wissenschaftlichen Forschung zum Klimawandel zusammenzufassen, dabei aber keine Handlungsempfehlungen geben. Der Sitz der Institution befindet sich in Genf. Das IPCC zählt 195 Regierungen als Mitglieder. Zudem sind mehr als 120 Organisationen als Beobachter registriert.

Entwicklungsminister nennt Klimawandel „Überlebensfrage“

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sieht den neuen IPCC-Bericht zur globalen Erderwärmung als Alarmzeichen. „Der Weltklimarat zeigt uns eindringlich: Der Klimawandel wird immer mehr zur Überlebensfrage der Menschheit“, sagte Müller dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Dienstagsausgaben). „Die Erderwärmung nimmt viel zu schnell zu. Auch bei uns in Deutschland zeigt die Rekordhitze mit ihren erheblichen Ernteausfällen, dass der Klimawandel in vollem Gange ist.“ In vielen Regionen der Welt habe er längst lebensbedrohliche Folgen, etwa im Grenzgebiet zwischen Äthiopien und Somalia. „Dort hat es seit drei Jahren nicht mehr geregnet“, so der Minister, der die Region kürzlich besucht hatte.

„Die Pflanzen sind verdorrt, Tiere liegen tot am Straßenrand und die Menschen können nur durch internationale Hilfe überleben.“ Müller warnte auch vor einer zunehmenden Zahl an Klimaflüchtlingen. „Handeln wir jetzt nicht entschlossen, werden Millionen Menschen gezwungen, ihre Heimat zu verlassen“, so der CSU-Politiker.

„Um den Klimawandel zu bremsen und Schäden abzufedern, hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr 3,65 Milliarden Euro bereitgestellt.“ Gut drei Milliarden Euro davon habe das Bundesentwicklungsministerium zur Verfügung gestellt, um Klimaschutz- und Anpassungsprojekte in Entwicklungsländern zu ermöglichen.

Baerbock ruft Bundesregierung zum Handeln beim Klimaschutz auf

Die Grünen fordern angesichts des neuen Sonderberichts des Weltklimarates deutlich mehr Klimaschutz-Anstrengungen von der Bundesregierung. „Die Antworten liegen auf dem Tisch. Die Bundesregierung muss nur endlich den Willen haben, diese wie andere Länder anzugehen“, sagte Grünen-Chefin Annalena Baerbock dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Dienstagsausgaben).

„Ein gesetzlich verankerter Kohleausstieg und eine wirkliche Verkehrswende sind überfällig, denn jedes Jahr verpasster Klimaschutz und jedes Gramm mehr CO2 machen den Unterschied.“ Baerbock warf der Großen Koalition vor, mit ihrer Politik ihre eigenen Klimaschutzziele zu unterlaufen. „Auch die deutsche Bundesregierung bricht durch ihre aktuelle Politik mit dem Pariser Klimaabkommen.“

Die Bundesregierung kehre einer ambitionierten Klimapolitik den Rücken, „wie sich an der Blockade von strengen Grenzwert-Vorgaben für Autos zeigt“, kritisierte die Grünen-Politikerin. Der Sonderbericht des Forschergremiums berge einen klaren Appell. „Der Bericht der Klimaforscher macht deutlich: Die Zeit des Redens ist vorbei, jetzt ist die Zeit des Handelns“, so Baerbock.

Autor: dts