Köln | Die kölschen Veedel, sonst Sonntagabends voller Leben, vor allem bei so schönem Wetter, da schlendert man noch zum Eiscafe oder auf ein Kölsch. Heute Abend zwischen den Dächern absolute Ruhe, bis eine Schalldruckwelle durch Köln läuft. Podolski schießt ausgerechnet in seinem 100 Länderspiel sein vier Mal elftes Tor für die deutsche Nationalmannschaft. Eine Zahl die Kölsche ganz besonders gut rechnen können. Dann folgten Drama-Minuten bis zum erlösenden Tor von Bender. Um 22:50 Uhr war Rush Hour in Köln, auf den Straßen, Gehwegen und Radwegen.

Der Podolski-Treffer

Die Schalldruckwelle aus Köln müsste eigentlich groß genug gewesen sein, um weit in gen Osten zu schallen. Sonst war Köln wie ausgestorben, zeitweise hätte man einen selbst auf der Subbelrather das herabfallen einer Stecknadel als störend lauten Ton empfunden. Und auch auf der Hauptverkehrsader, der Inneren Kanalstraße und der Zoobrücke sah man den nächsten Wagen erst am Horizont vor einem oder im Rückspiegel. Die, die unterwegs war, sahen leicht gehetzt aus, so als wollten sie nur noch schnell vor die nächste Mattscheibe die vor allem die Farbe Grün absonderte.

Großer Andrang beim Public Viewing in Deutz

Rund um die Lanxess Arena kamen die Schallwellen rhythmischer, beim Tor der Dänen als ein langanhaltendes Stöhnen, denn dort feierten die kölschen Fans beim Public Viewing. Draußen vor der Halle war die Wiese gut besetzt mit Fans, drinnen blieben ganz oben in den Oberrängen doch die ein oder anderen Plätze frei. Die Stimmung zur Halbzeitpause, bis auf den kleinen Augenblick zu dem weiß-magentafarbige Bälle ins Publikum flogen, eher ein wenig nachdenklich. Auch der Auftakt in die zweite Hälfte stimmte die Fans nicht wirklich glücklich. Vor allem Ösils Ausrutscher sorgte für einen entsetzten Aufschrei. Einer sang sogar erster Fußballclub Köln und erntete dafür böse Blicke. Die Fans verfolgten im weiteren Lauf ruhig, aber doch angespannt den Spielverlauf. Musikalische Einspieler wie das Trömmelche-Lied mit dem Verkrampfungslöser „Kölle Alaaf“ sorgten für Mitsingatsamosphäre und leuchtende Augen. Für die beiden ausgewechselten Spieler Podolski und Gomez gab es in Köln viel Applaus.

Und dann kam das Tor von Bender. Die Erde bebte in Deutz. Die Sambagruppe inmitten der Fans reanimiert und der Jubel ist grenzenlos. Allerdings blieb die Leinwand erst einmal ein paar Minuten dunkel. Die Veranstalter hatten einen Screenshot eingeblendet, dass wenn weiterhin Pyrotechnik abgebrannt, die Übertragung abgebrochen würde. Die Fans sangen Hurensöhne. Aber nach einer kurzen Pause geht es weiter, die Fans beruhigen sich und jubeln. Nach dem Abpfiff des Spiels brach Jubel aus, allerdings nicht in der Heftigkeit wie nach dem Sieg gegen die Niederlande. Rund um die Arena hatten Chaoten wieder Feuerwerk dabei und zogen mit Bengalos los. Hupkonzerte, Fans die aus dem Fenster hingen, Fahrer die die Reifen durchdrehen ließen bis der Gummi rauchte, teilweise exzessiv ließen die Fans ihrem Überschwang Raum. Gegen 22:50 Uhr herrschte auf der Zoobrücke, die vorher so gut wie leer war, Verkehr wie zur Rushhour. Die Fans glücklich und erleichtert, bis es jetzt gegen Griechenland geht.

Der Spielbericht: Deutschland und Portugal im EM-Viertelfinale

Bei der Fußball-Europameisterschaft haben in den letzten beiden Spielen der Gruppe B Deutschland gegen Dänemark mit 2:1 gewonnen und Portugal die Niederlande mit 2:1 aus dem Turnier geworfen. Damit kommen Deutschland und Portugal ins Viertelfinale. Deutschland trifft am Freitag auf Griechenland, Portugal am Donnerstag auf Tschechien.

Nach einem guten Start traf Podolski in der 19. Minute zum 1:0 und durfte sich damit über einen Torerfolg in seinem 100. Länderspiel freuen. Für Dänemark glich Michael Krohn-Dehli in der 24. Minute aus. Die Dänen zeigten sich überraschend stark, in der 2. Halbzeit lagen dann bei den deutschen Fans die Nerven blank, nachdem es in der Partie Portugal-Niederlande 2:1 stand und ein weiteres Tor für Dänemark das EM-Aus für Deutschland bedeutet hätte. Lars Bender erlöste die Mannschaft dann in der 80. Minute mit seinem Treffer zum 2:1. „Da überlegt man nicht lange sondern haut ihn einfach rein“, sagte Bender nach dem Spiel in der ARD.

Stimmen zum Spiel

Bundestrainer Jogi Löw stellt sich auch vor dem EM-Viertelfinale gegen Griechenland auf einen defensiven Gegner ein. „Die Mannschaften ziehen sich alle extrem zurück“, resümierte Löw nach dem Spiel gegen Dänemark in der ARD. Auch die Dänen hätten stoisch verteidigt, „mit einer Seelenruhe, das Ergebnis scheint ihnen egal zu sein“. Gegen Griechenland werde es ähnlich laufen.

Griechenland habe im gesamten Turnier bislang nur drei Chancen gehabt und drei Tore geschossen. Die deutsche Mannschaft habe einen Reifeprozess durchlaufen, wenngleich die gesamte Organisation gegen Dänemark ihre Schwächen gehabt und dem Gegner „zu viel Platz“ gelassen hätte, so Löw. Ausdrücklich lobte er Matchwinner Lars Bender. Dieser bringe alles mit für einen guten Außenverteidiger, er sei extrem laufstark und einfach ein Siegertyp. Einen freien Tag für die Mannschaft werde es trotz des bisherigen EM-Erfolges nicht geben: „Komplett freie Tage gibt`s nicht, aber über `nen halben Tag lasse ich mit mir reden“, so der Bundestrainer.

Trainer-Legende Otto Rehhagel (73) hat die deutsche Nationalelf vor dem Viertelfinalgegner Griechenland gewarnt. „Diese Mannschaft sollte man nicht unterschätzen. Sie kämpft ähnlich wie vor acht Jahren mit einer großen Leidenschaft und steht gleichzeitig hinten sehr sicher. Die Innenverteidigung mit dem Bremer Sokratis und dem Schalker Papadopoulos besitzt internationale Klasse.“ Rehagel machte Griechenland 2004 zum Europameister.

Public Viewing: Hunderttausende auf Berliner Fanmeile

Auch zum EM-Spiel der deutschen Fußball-Nationalelf gegen Dänemark sind am Sonntagabend wieder hunderttausende Menschen zum Public Viewing auf die Fanmeile vor dem Brandenburger Tor in Berlin geströmt. Bei Sonne und 21 Grad zum Zeitpunkt des Anstoßes tanzten und feierten die Fans ausgelassen. Zu den ersten beiden Gruppenspielen der deutschen Mannschaft waren bis zu 400.000 Menschen auf die Fanmeile zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule gekommen.

Unsere Fotostrecke zum Spiel Deutschland gegen Dänemark und wie die Kölner Fans gefeiert haben finden Sie auf der Facebook-Seite von Report-k >

Autor: ag, dts
Foto: Nach dem Treffer von Bender in der 81. Minute gab es bei den Fans kein Halten mehr