Düsseldorf | aktualisiert 16:02 Uhr | Die Schüler in Nordrhein-Westfalen wissen einer Studie zufolge deutlich weniger über Geschichte als Jugendliche in anderen Bundesländern. Zudem lernen die NRW-Schüler im Vergleich am wenigsten im Unterricht dazu, wie aus einer heute veröffentlichten Erhebung der Freien Universität Berlin hervorgeht. Als Gründe führten die Forscher neben dem Schulsystem und den Lehrplänen auch die Arbeitsleistung einzelner Lehrer an.

Der Studie zufolge ist zudem der Anteil der NRW-Schüler, die den Nationalsozialismus positiv sehen, höher als in anderen Ländern. Demnach gaben 11,9 Prozent der Schüler an, positiv über das sogenannte Dritte Reich zu denken. Nachdem das Thema im Unterricht durchgenommen wurde, waren es noch 6,8 Prozent. In Baden-Württemberg waren es anfangs 9,6 Prozent und später 2,3 Prozent.

Das Bild der DDR ist überwiegend negativ. Allerdings positionierte sich knapp ein Drittel der Schüler im Land neutral oder positiv zu der Diktatur, auch nachdem das Thema im Unterricht vorkam. Etwa 40 Prozent der Schüler wussten laut Studie sicher, dass Erich Honecker ein DDR-Politiker war – diese Anzahl blieb auch, nachdem die DDR im Unterricht behandelt wurde. Wie es weiter hieß, gaben weitere 40 Prozent an, den früheren Staatsratsvorsitzenden der DDR nicht zu kennen.

Versäumnisse des Geschichtsunterrichts

Die Forscher bilanzierten, Schüler schätzen ein System umso mehr, je liberaler es sei. Allerdings seien viele Jugendliche nicht in der Lage, diese Maßstäbe auf ein reales System zu übertragen. Diesen Schwierigkeiten könne aber mit einem besseren zeitgeschichtlichen Wissen begegnet werden, das somit auch eine Extremismusprävention sei. „Insofern ist der niedrige Kenntnisstand der nordrhein-westfälischen Schüler besonders kritisch zu bewerten. Auch die Tatsache, dass der Schulunterricht hier nur zu einem geringen Wissenszuwachs führt, stellt diesem kein gutes Zeugnis aus“, urteilten die Wissenschaftler. Sie sprachen von Versäumnissen des Geschichtsunterrichts im Land.

Ministerin Löhrmann kündigte an: „Wir werden uns mit den Ergebnissen der Studie sorgfältig auseinandersetzen.“ Das Ziel der Landesregierung sei klar: Sie wolle, dass sich junge Menschen zu aktiven demokratischen Mitstreitern der Gesellschaft entwickelten. „Sie sollen gegen extremistische Tendenzen und gegen jede Form von Diktatur und Gewalt gewappnet sein. Der Geschichtsunterricht leistet dazu einen ganz entscheidenden Beitrag.“ Die Auseinandersetzung mit der jüngsten deutschen Geschichte während der Nazi-Diktatur und nach 1945 in beiden deutschen Staaten sei in den Lehrplänen für die Sekundarstufe I fest verankert, betonte die Politikerin.

Für die Studie wurden 785 Schüler der Klassenstufen neun und zehn in Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen, Sachsen-Anhalt und NRW befragt, dreimal in eineinhalb Jahren.

Autor: dapd
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