Straßburg | aktualisiert | Das EU-Parlament hat die umstrittene Reform des Urheberrechts ohne Änderungen auf den Weg gebracht. 348 Abgeordnete stimmten am Dienstag in Straßburg für die Reform. 274 Parlamentarier stimmten dagegen, 36 enthielten sich.

Oft kritisierte Punkte des Vorhabens sind vor allem die europaweite Einführung eines neuen Leistungsschutzrechts für Presseverleger und die umstrittenen Upload-Filter. Das Leistungsschutzrecht sieht unter anderem vor, dass Internetplattformen Überschriften oder Ausschnitte von Pressetexten künftig nicht mehr unentgeltlich anzeigen dürfen. Damit sollen Großkonzerne wie Google für das Verbreiten von Textausschnitten von Nachrichten zur Kasse gebeten werden, allerdings hat das in Deutschland auf nationaler Ebene bislang auch noch nicht geklappt.

Upload-Filter werden in dem Gesetzestext nicht ausdrücklich erwähnt. Allerdings sollen Internetplattformen Inhalte künftig schon während des Hochladens auf Urheberrechtsverstöße prüfen müssen. Deshalb wird erwartet, dass viele Plattformbetreiber auf Filterprogramme zurückgreifen würden.

Zuletzt hatten europaweit Zehntausende gegen die Reform protestiert. Nach dem Beschluss des Parlaments dürfte die Reform noch vor der Europawahl im Mai in Kraft treten. Die EU-Länder hatten dem Vorhaben bereits im Vorfeld im Grundsatz zugestimmt, müssen den Beschluss des Parlaments allerdings noch einmal bestätigen. Die EU-Staaten haben im Anschluss zwei Jahre Zeit, die neuen Regeln in nationales Recht zu gießen.

Union will EU-Urheberrechtsrichtlinie „mit Augenmaß“ umsetzen

Nach der Verabschiedung der umstrittenen Reform des Urheberrechts durch das EU-Parlament hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion angekündigt, die Richtlinie „mit Augenmaß“ umsetzen zu wollen. Man nehme die Sorgen „derjenigen ernst, die eine Einschränkung bei der Veröffentlichung von Inhalten und Einschränkungen der Meinungsvielfalt fürchten“, teilte die Fraktion am Dienstagnachmittag mit. „Eine Absicherung von Urheberrechten darf nicht dazu führen, dass das freie Internet eingeschränkt, dass also letztlich das Hochladen von Inhalten mit der Folge blockiert wird, dass damit Einschränkungen für die freie Meinungsäußerung verbunden sind.“

Der Kompromiss, den das EU-Parlament erzielt hat, sei das Ergebnis „langer und intensiver Verhandlungen“, hieß es weiter. Die Fraktion bekräftigte, dass sie in der nun anstehenden deutschen Umsetzung der Richtlinie dafür Sorge tragen wolle, „dass es nicht zu den vielfältig angegriffenen Upload-Filtern und gefürchteten Einschränkungen der Meinungsfreiheit kommt“.

Giegold kritisiert Billigung von Urheberrechtsreform

Der Grünen-Spitzenkandidat für die Europawahl, Sven Giegold, hat mit scharfer Kritik auf die Billigung der Urheberrechtsreform durch das Europaparlament reagiert. „Heute ist ein schlechter Tag für die Freiheit des Internets. Die vom EU-Parlament abgesegnete Urheberrechtsreform will das richtige Ziel mit falschen Mitteln erreichen. Urheber zu schützen war das gute Ziel, Hürden für kleine Anbieter, Rechtsunsicherheit für Nutzer und Filtertechnologien sind das schlechte Ergebnis“, sagte Giegold der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Mittwochsausgabe). Die in der Abstimmung mit durchgewunkenen Uploadfilter seien ein schwerer Kollateralschaden der Reform. Dabei hätte es seiner Ansicht nach Alternativen gegeben: „Zum Beispiel das analog erprobte und bewährte Lizenzsystem in den digitalen Raum zu übertragen“, so der Grünen-Politiker weiter.

Zudem beklagte er, selbst zum Zeitpunkt der Abstimmung seien die kompletten Auswirkungen der Reform auf den Alltag völlig unklar gewesen. So sei es fraglich, inwieweit es rechtlich erlaubt sei, einen Screenshot von einem Text ins Netz zu stellen. „Wenn wir ein Gesetz durchwinken, das jahrelang die Gerichte beschäftigen wird“, dann sei das „ein schlechtes Gesetz“, sagte Giegold.

EU-Urheberrechtsreform: FDP-Digitalexperte kritisiert Bundesregierung

Der FDP-Digitalexperte Jimmy Schulz hat den Kurs der Bundesregierung bei der verabschiedeten EU-Urheberrechtsreform als unglaubwürdig kritisiert. „Die Bundesregierung wird erst noch zeigen müssen, wie ernst es ihr damit ist, die EU-Regeln ohne Uploadfilter umzusetzen“, sagte Schulz dem Nachrichtenportal T-Online. Die CDU hat eine Sonderlösung auf nationaler Ebene vorgeschlagen.

Sie glaubt, durch die Einführung von Pauschallizenzen auf Uploadfilter verzichten zu können. Er persönlich habe Zweifel, dass dies gelingen könne, sagte Schulz. Die Große Koalition habe bereits die Möglichkeit gehabt, Uploadfilter auf EU-Ebene zu verhindern, sich jedoch dagegen entschieden.

Im Nachhinein lasse sich die Entscheidung nur schwer korrigieren. „Nationale Gesetze sind im Internet nicht wirksam“, so der FDP-Politiker weiter. Auch im Hinblick auf andere umstrittene Artikel äußerte er sein Unverständnis über die Bundesregierung.

„Das Leistungsschutzrecht etwa kann man auf deutscher Ebene als gescheitert betrachten“, sagte Schulz dem Nachrichtenportal T-Online. Trotzdem soll es nun EU-weit eingeführt werden. Auch bei den Vergütungsregeln für Autoren und Journalisten sieht Schulz Nachteile für die Betroffenen.

Der entsprechende Artikel 12 sei in der öffentlichen Debatte jedoch „oft untergegangen“. Das Europaparlament billigte am Dienstag trotz heftiger Proteste die Reform des Urheberrechts ohne Änderungen. Auch der besonders umstrittene Artikel 13, der Plattformen wie Youtube stärker in die Pflicht nimmt, fand eine Mehrheit.

Autor: dts