Köln | aktualisiert Es ist kurz nach 16 Uhr. Vor dem Kölner Maritim Hotel hört man vor allem ein Geräusch: Die Rollen der Rollkoffer. Eine AfD-Delegierte hat ihre Pumps vor dem Hotel ausgezogen und huscht mit zwei ordentlich gescheitelten Männern davon. Die Delegierten des Parteitages verstreuen sich in alle Richtungen und auch die Polizei zieht ab, baut ihre Barrikaden ab. Eine Stunde zuvor ist die sonntägliche „Pulse of Europe“-Kundgebung auf dem Roncalliplatz nach der Ode an die Freude mit „Fronkreisch, Fronkreisch“ aus den Lautsprechern zu Ende gegangen. Köln findet zurück in die Realität – die KVB-Stadtbahnen fahren wieder auch den Heumarkt an und Polizei sowie Köln gegen Rechts und Köln stellt sich quer ziehen Bilanz.

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Tausende sind wieder auf den Roncalliplatz gekommen mit den Europafahnen, während Luftlinie einige hundert Meter weiter bei der AfD der Austritt aus der Europäischen Union beraten wurde. Die auf dem Roncalliplatz wollen Europa behalten und für Europa einstehen und machen sich große Sorgen wegen der nationalen Kräfte in Europa. Allerdings spielte die nahe AfD heute weniger eine Rolle, als die Präsidentschaftswahlen in Frankreich. Daher wehten nicht nur Europafahnen, sondern viele hatten auch die französische Trikolore dabei und am Ende schalte das „Fronkreisch, Fronkreisch“-Lied über den Roncalliplatz. In der Kölner Altstadt bummelten sicherlich weniger Menschen als an einem normalen Sonntag bei Sonnenschein durch die Straßen und Plätze.

Köln gegen Rechts rechnete

Köln gegen Rechts veranstaltete heute noch ein Konzert auf dem Heumarkt zählte zusammen. 30. bis 40.000 Demonstranten zählte man zusammen, also Köln gegen Rechts, Köln stellt sich quer und die Kundgebung des Festkomitees Kölner Karneval. Dem Blockadeaufruf, so das Aktionsbündnis, seien 3.000 Menschen gefolgt. Die eigene Demonstration beziffert man mit 11.000 und am Ende 15.000 Demonstrantinnen. Es habe Verletzte durch den Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray gegeben, so das Bündnis, deren Zahl sei aber noch nicht bekannt. Das Bündnis nennt vier Ingewahrsamnahmen.

Köln gegen Rechts kritisiert den Kölner Polizeipräsidenten, der veranlasst haben soll, dass Demonstranten keinen Zugang zu angemeldeten Kundgebungen erhielten. Reiner Krause von Köln gegen Rechts schriftlich: „Uns liegen Erkenntnisse vor, dass die Panikmache der Polizei im Vorfeld des 22. April, die in den letzten Wochen permanent von hunderten oder gar tausenden Gewalttätern sprach, Wirkung zeigte. Viele Menschen bekamen Angst und blieben zu Hause.“

Bilanz „Köln stellt sich quer“

Das Bündnis „Köln stellt sich quer“ spricht in der Bilanz zum Wochenende von insgesamt über 30.000 Menschen bei den Veranstaltungen von „Köln stellt sich quer“, „Köln gegen Rechts“, Festkomitee Kölner Karneval sowie der Südstadt-Initiative „BUNT STATT BLA“. In einer schriftlichen Stellungnahme des Bündnisses heißt es: „Die Strategie der Kölner Polizei ist scheinbar aufgegangen, jedoch ist festzustellen, dass im Vorfeld des gestrigen Protest-Tages Gewaltbilder heraufbeschworen worden sind, die offensichtlich nicht annähernd berechtigt waren. In den Tagen vor dem 22. April hätten wir uns eine produktivere Strategie der Deeskalation gewünscht, die den friedlichen Protest stärker in den Focus gestellt und damit eine Berichterstattung gefördert hätte, die einer noch stärkeren Mobilisierung eines bunten Kölns den Weg geebnet hätte.“

Polizeipräsident Matthies zieht Bilanz

„Ich bin den vielen Menschen dankbar, die mit ihrem bunten Protest zu diesem Verlauf beigetragen haben. Dadurch haben sie der Polizei die Arbeit erleichtert“, erklärt Polizeipräsident Jürgen Mathies am Sonntagnachmittag schriftlich, der sein Einsatzkonzept als richtig einstuft: „Wir haben diesen Einsatz umfassend geplant. Ich habe mir selbst einen Eindruck vor Ort gemacht. Die Bilder, die ich gesehen habe, bestätigten unsere vorherigen Erkenntnisse über die Anreise von mehreren hundert gewaltbereiten Personen. Durch das Einsatzkonzept, das konsequente aber auch umsichtige Einschreiten verhinderte die Polizei größere Auseinandersetzungen.“

Die Abreise der Teilnehmer des AfD-Bundesparteitages gelang reibungslos. Eine Schulklasse mit Kindern fand sich plötzlich mitten im Hochsicherheitsbereich rund um das Maritim Hotel wieder und die Kinder dürften diesen Eindruck sicher nicht so schnell vergessen, als sie zwischen den vielen Polizeifahrzeugen ihren Weg zum Kölner Dom suchten. Gegen 18:10 Uhr meldeten die Kölner Verkehrsbetriebe wieder normalen Verkehr auf allen Strecken, auch am Heumarkt. Auf dem Heumarkt erinnert noch ein Sticker auf dem Kopfsteinpflaster an den gestrigen Demo-Samstag. Die Aufschrift „FCK AFD“.

Autor: Andi Goral
Foto: Delegierte verlassen den Bundesparteitag der AfD am Kölner Heumarkt