Köln | In einem rund 200 Seiten umfassenden Gutachten hat der vom Landgericht Köln bestellte Sachverständige, Prof. Dr. Hartmut Weber, den Gesamtschaden am Archivgut auf weit über 600 Millionen Euro geschätzt. Die Summe ist das Ergebnis einer rund fünfjährigen Untersuchung mit zahlreichen Stichproben.

Köln – Wie die Stadt Köln am heutigen Donnerstag bekannt gab, umfasst der voraussichtliche Gesamtschaden im Wesentlichen alle Kosten von der Rettung des Archivguts über dessen Erfassung, Konservierung, Identifizierung bis hin zur endgültigen Restaurierung und Wiederzusammenführung des „verunordneten“ Archivguts“, wie es die Verwaltung in bestem Beamtensprech zusammenzählt.

Der eigentliche Schaden dürfte unweit höher liegen, sind „etwaige trotz Restaurierung verbleibende Minderwerte sowie die finanzielle Bewertung des beim Einsturz endgültig zerstörten beziehungsweise verloren gegangenen Archivguts noch nicht dazugerechnet. Auch der Verlust des alten Archivgebäudes ist in dieser Rechnung nicht enthalten, wollte man statt des vormaligen und 1971 errichteten Archivgebäudes am Kölner Waidmarkt doch schon damals einen neueren, größeren Bau für die vielen Kostbarkeiten aus der Kölner Stadtgeschichte.

Kosten liegen deutlich über den bisherigen Schätzungen

Die Stadt musste zudem in ihrer heutigen Stellungnahme einräumen, dass der Schaden zur Restaurierung und Wiederherstellung des Archivguts deutlich über dem liegt, was man ursprünglich veranschlagt hatte. Statt der anvisierten 400 wurden es nun mehr als 50 Prozent mehr. Diese ursprüngliche Zahl, die allerdings noch nicht an den Kenntnisstand von heute anknüpfen konnte, beruhte noch auf einer ersten externen sachverständigen Grobschätzung aus der Zeit unmittelbar nach dem Einsturz.

Nach Hochrechnung des Sachverständigen hätte die Begutachtung jedes einzelnen Archivales der rund 30 Regalkilometer verschütteten Archivguts über 37.000 Ortstermine und circa 210 Personenjahre in Anspruch genommen. Auf Antrag der Stadt Köln hatte das Landgericht Köln daher im Herbst 2013 einen Beschluss erlassen, wonach der Gerichtsgutachter seine Untersuchung zunächst auf eine von ihm zusammen mit einem Stochastiksachverständigen repräsentativ ausgewählte Stichprobe beschränken sollte.

Alle Verfahrensbeteiligten können nun bis Juni 2018 etwaige Einwendungen beziehungsweise Ergänzungsfragen zum Gutachten vorbringen. In diesem Beweisverfahren wahrt die Stadt Köln zugleich die Rechte aller Leihgeber, deren Leihgut ebenfalls vom Einsturz betroffen wurde. Prof. Hartmut Weber war Präsident des Bundesarchivs, hieß es dazu abschließend.

Autor: Bernd F. Löscher
Foto: Viel Arbeit für mehr als eine Generation an Restauratorinnen und Restauratoren. Nun liegt eine detailliertere Kostenrechnung vor.  Archivbild