Der neue Welt-Star der Oper ist eine Kölner Entdeckung

Köln | Man darf es wohl einen Triumpf nennen, ja die Geburtsstunde eines Weltstars der Oper: Mit ihrer Performance als Salome in der gleichnamigen Richard Strauss-Oper auf den Salzburger Festspielen 2018 hat sich die litauische Sopranistin Asmik Grigorian in die allererste Liga der Opernwelt gesungen.

„Seit Anna Netrebko vor 16 Jahren in Mozarts „Don Giovanni“ bei den Salzburger Festspielen die Besucher zu Ovationen hinriss und damit ihre Weltkarriere begründete, hat es hier keinen derart fulminanten Sängertriumph mehr gegeben wie den der Asmik Grigorian“, scheibt die Süddeutsche Zeitung. „Die junge Frau aus Litauen gibt eine Salome, wie sie sich weder Komponist Richard Strauss noch der Textlieferant Oscar Wilde je hätten erträumen können. Grigorians Salome hat nichts mit dem Fin de Siècle im Sinn, nichts mit Verworfenheit, Skandal, Orient oder Bordell. Diese Salome ist eine Frau der Gegenwart. Und sie formuliert das Begehren derart genau und überwältigend, dass der seit Jahren ausgerufene Tod der Liebe, die Agonie des Eros, annulliert zu sein scheint.“
„Völlig zurecht erhält Asmik Grigorian den tosenden Premierenjubel, zusammen mit Franz Welser-Mösts hinreißendem Dirigat“, vermerkt auch der SPIEGEL. „Die Litauerin sorgte für die erste Festivalsensation. Hier gilt’s mal: Ein Star ist geboren.“
Auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung titelte: „Über Nacht zum Weltstar“ und weiß zu berichten: „Schon einen Tag nach der Aufführung wurde der Über-Nacht-Weltstar mit Angeboten überschüttet. Die Bayerische Staatsoper München wie die Metropolitan Opera New York stehen, so hört man, Schlange mit Angeboten.“

Der internationale Durchbruch mit Köln

Bei dem gegenwärtigen Media-Hype um den neuen Superstar der Oper und den Durchbruch, den die Salzburger Festspiele 2018 bedeuten, gerät in Vergessenheit, dass Köln und nicht Salzburg für Asmik Grigorian den internationalen Durchbruch darstellen.
Asmik Grigorian, 1981 in Vilnius (Litauen) als Tochter des armenischen Tenors Gegam Grigorian und der litauischen Sopranistin Irena Milkevičiūtė geboren, hat früh, manche sagen zu früh, mit erstaunlich vielen Rollen auf der Bühne gestanden, aber das bis 2011 vor allem in ihrer baltischen Heimat.
Dann kam das Jahr 2011. Die Oper Köln engagierte die junge, unbekannte Sängerin für die Rolle in der Ingo Kerkhof-Inszenierung der Alban Berg-Oper „Wozzeck“, die im Mai 2011 im Palladium in Köln-Mülheim Premiere feierte. Ein großer Erfolg, für den sie sogar eine Nominierung als beste Nachwuchssängerin des Jahres in der Kritikerumfrage der Zeitschrift „Opernwelt“ erhielt.
„Die Arbeit mit Asmik Grigorian und Florian Bösch war für mich ein seltener Glücksfall, einer der wenigen Momente, an denen man genau spürt, warum man diesen Beruf ausübt und was Theater sein kann“, erinnert sich Regisseur Ingo Kerkhof auf Nachfrage. „Das hatte mit der Unmittelbarkeit und Schonungslosigkeit zu tun, mit der sich diese beiden Ausnahmekünstler auf der Bühne offenbarten.“
In Köln sang Asmik Grigorian  auch die Giorgetta in Puccinis Einakter „Der Mantel“, dann noch einmal die Marie in einer Wiederaufnahme von „Wozzeck“ in der nachfolgenden Saison. Köln wurde ihr Durchbruch. Es folgten Engagements an der Komischen Oper und der Staatsoper Berlin, an der Staatsoper Hamburg etc., heute singt sie an den ganz großen Bühnen dieser Welt, am Royal Opera House Convent Garden in London, an der Met in New York, an der Scala in Mailand.
Bereits im letzten Jahr (2017) gab Asmik Grigorian ihr Debüt bei den Salzburger Festspielen – bemerkenswerterweise wieder in ihrer Kölner Rolle, der Marie in Alban Bergs „Wozzeck“, diesmal in einer Inszenierung des südafrikanischen Künstlers William Kentridge in einer Koproduktion der Salzburger Festspiele mit der Metropolitan Opera New York.
Nun also die Salome bei den Salzburger Festspielen 2018. Der italienische Regisseur Romeo Castellucci, wahlweise für seine provokanten Bühnenarbeiten gescholtener Skandalregisseur oder gefeierter Bildmagier, ging am Salzburger Premierenabend auf offener Bühne vor der Sopranistin auf die Knie. Vielleicht die perfekte bildhafte Geste: Die (Opern-)Welt liegt Asmik Grigorian zu Füßen. Köln grüßt.

Was Sie tun können

Wenn Sie sich selbst einen Einblick verschaffen wollen:
Die Salzburger „Salome“ wird am Sa, 11. August 2018 um 20.15 Uhr auf 3sat gesendet.
Wenn Sie Asmik Grigorian sehen wollen:
Ihren nächsten Auftritt in Deutschland hat Asmik Grigorian an der Oper Frankfurt. Intendant Bernd Loebe, der große Stimmenentdecker der deutschen Opernszene, hatte offenbar wieder einmal die richtige Intuition.
Am 28.10. 2018 ist Asmik Grigoiran in der Oper Frankfurt in der Rolle der Iolanta in der gleichnamigen Tschaikowski-Oper zu sehen. Neun weitere Vorstellungen im November.
Wenn Sie die „Salome“ in Köln sehen wollen:
In diesem Herbst zeigt die Oper Köln eine eigene Neuinszenierung der „Salome“. Verpflichtet wurde der derzeit hoch gehandelte US-amerikanische Regisseur Ted Huffmann; die Titelrolle singen die schwedische Sopranistin Ingela Brimberg und die österreichische Sopranistin Kristiane Kaiser. Premiere ist am So 18.10.2018; weitere Vorstellungen im Oktober und November.
Wenn Sie sich für neuesten Arbeiten von Regisseur Ingo Kerkhof interessieren:
Am Hessischen Staatstheater Wiesbaden sind in diesem Herbst Kerkhof-Inszenierungen der Opern „Alcina“ (Georg Friedrich Händel) und „Jenufa“ (Leos Janacek) zu sehen. 2019 folgen „Quartett“ (Luca Francesconi nach Heiner Müller) am Opernhaus Dortmund und „L’incoronazione di Poppea“ (Claudio Monteverdi) an der Staatsoper Hannover.

Autor: Von Christoph Mohr | Foto: Rytis Seskaitis
Foto: Asmik Griogrian | Foto: Rytis Seskaitis