Köln | Am 3. März 2009 stürzte das Stadtarchiv ein, begrub unter seinen Trümmern zwei junge Männer. Zum 10. Mal rief die Bürgerinitiative „Köln kann auch anders“ (KKAA) am Jahrestag der Katastrophe zu einer Gedenkveranstaltung ein. Über 100 Menschen, viele kostümiert, kamen am Karnevalssonntag um 13.15 Uhr an der Baugrube zusammen, darunter auch OB Henriette Reker.

Schon vorher hatte die Stadt zwei Kränze am Bauzaun auf der Nordseite niederlegen lassen. Sie erinnerten an die beiden jungen Männer Kevin und Khalil, die beim Einsturz der Nachbargebäude unter den Trümmern begraben wurden. Auch das Festkomitee Kölner Karneval war mit einem Kranz dabei.

Dorothee Schneider und Frank Deja von KKAA erinnerten an die Vorgeschichte, die fehlenden Verantwortlichkeiten, die Risse im Archivgebäude, die nicht beachtet wurden, die zusätzlichen ungenehmigten Brunnen zum Abpumpen des Wassers aus der Baugrube – Warnzeichen, die nicht beachtet wurden. „Ein Karussell der Verantwortlichkeit, in dem sich keiner zuständig fühlte“, beschrieb Deja die Situation, die dem Einsturz voranging.

„Köln kann auch anders“ wird keine Erinnerungsfeier mehr organisieren

Er sah aber auch Fortschritte gegenüber den ersten Jahren nach dem Einsturz. Die Stadtgesellschaft sei aufgewacht, ebenso Teile in Politik und Verwaltung. Er führte dies auf die von Reker eingeleitete Verwaltungsstrukturreform zurück, auch wenn dies noch nicht überall angekommen sei. In Zukunft wolle man aber nicht mehr anklagen, sondern setze auf einen konstruktiven Dialog. Deshalb werde man im nächsten Jahr nicht mehr zu einer solchen Veranstaltung einladen. Er sei überzeugt, dass die Stadt diese Tradition fortsetze.

Die Initiative Archivkomplex stellte ihre im Januar erstmals der Öffentlichkeit präsentierten Idee für eine „Halle mit Knick“ vor, die sowohl als Gedenkstätte dienen wie Kunst und Kultur offen stehen soll. Entstehen soll sie – 800 Quadratmeter groß, 7 Meter hoch – über dem Gleisbauwerk der Nord-Süd-Bahn. Bei dessen Ausschachtung kam es zum Einsturz des benachbarten Stadtarchivs. Initiativen-Sprecherin Mathilde Kriebs hofft auf eine Umsetzung dieses Vorschlags, Politik und Verwaltung hätten sich offen dafür gezeigt.

Reker gedachte in ihrer Rede der beiden Opfer und auch der Frau, die später starb. Sie denke jeden Tag an die Katastrophe, wenn sie die Einsturzstelle passiere. Die Katastrophe sei im Bewusstsein der Kölnerinnen und Kölner verankert – auch bei denen, die damals noch nicht geboren seien.

Nur wenig Promis aus Politik und Stadtverwaltung

Die TNT-Brass-Band sorgte für den musikalischen Rahmen der Veranstaltung, sie verwandelte bekannte Lieder wie „Echte Vründe stonn zesamme“ in Trauermärsche, auch die DDR-Hymne „Auferstanden aus Ruinen“ gehörte zum Repertoire. Von Ernst Jandl wurden Gedichte vorgetragen. Die KVB wurde von Vorstandsmitglied Jörn Schwarze vertreten. Prominenz aus Politik und Verwaltung war rar gesät, gesehen wurden die Kulturpolitikerinnen Gisela Stahlhofen (Die Linke) und Britta von Bülow, frisch gewählte Franktionsvorsitzende der Grünen.

Die Glocken der Südstadt-Kirchen läuteten um 13.58 Uhr – dem Zeitpunkt des Einsturzes – eine Schweigeminute ein. Mit ihr ging die Gedenkveranstaltung zu Ende.

Autor: ehu
Foto: OB Henriette Reker nahm schon zum 3. Mal an einer Gedenkveranstaltung anlässlich des Archiv-Einsturzes teil.