Seit 2002 hat Köln auch in kleines Weinmuseum. Archivfoto: Eppinger

Köln Es gibt nur wenige große Städte, die so unmittelbar mit dem Bier verbunden sind, wie das bei Köln der Fall ist. So ist Kölsch doch die einzige Sprache, die man auch trinken kann. Und die Brauhäuser sind bei den Einheimischen und ihren Gästen das Sinnbild für die kölsche Gemütlichkeit. Doch war das Bier schon immer das beherrschende Getränk im Schatten des Doms?

In der Altstadt finden sich auch noch Weinlokale wie hier am Marsplatz. Foto: Eppinger

Heute verfügt Köln neben der alljährlichen Weinwoche auf dem Heumarkt sowie mehreren beliebten Gaststätten wie dem Weinhaus Brungs am Marsplatz auch über ein eigenes Weinmuseum. Es gehört unweit der Flora in Riehl zum 2002 eröffneten Kölner Wein Depot, wo der Weinhändler Markus Wittling sein neues Fachgeschäft auf dem Dach mit 700 Rebstöcken bepflanzt hat. Im ersten Stock findet sich kleines Museum, das dem Besucher die Kölner Weinhistorie anschaulich vermittelt.

Auf die Spuren der Kölner Weingeschichte hat sich in seinem im Marzellen Verlag erschienenen Buch mit Rudolf Nickenig der Sohn einer Bopparder Winzerfamilie begeben. In seinem Werk lässt er die beiden Freunde Wilhelm und Karl eine Wette über die Bedeutung des Weins in Köln auch bis ins 19. Jahrhundert hinein abschließen und Wilhelm ist es, der als Weinhistoriker im Schatten des Doms eine spannende Zeitreise unternimmt, um seine Wette zu gewinnen.

Mit den Römern kam der Wein nach Köln

Die ersten Reben kamen wohl mit den Römern an den Rhein, die auf ihren Wein auch in der Ferne nicht verzichten wollten. Da der Transport über die Alpen ziemlich mühselig war, sorgten sie für einen ausgedehnten Weinanbau an der Mosel und holten ihr Grundnahrungsmittel von dort auf dem Wasserweg von Trier nach Köln. Sogar über eine unterirdische Weinpipeline quer durch die Eifel wurde spekuliert. Vieles spricht dafür, dass die Römer auch in Köln und der umliegenden Region den Weinanbau forcierten.

Feststeht, dass der eigene Anbau den Kölner auch in späterer Zeit nicht ausreichte, sodass man den Bedarf mit auswärtigem Weinbergbesitz wie im Bonner oder Siegburger Raum sowie am Mittelrhein an Orten wie Remagen, Rhens, Boppard oder Bacharach. Beurkundet sind zudem zahlreiche Schenkungen an Kölner Kirchen und Klöster, die das Mittelrheintal und seine Seitentäler für den Weinbau genauso nutzten wie die untere Mosel.

Der „Blaue Kölner“ bezeichnet eine Rebsortenfamilie

Unter dem Namen „Blauer Kölner“ gab es eine eigene Rebsortenfamilie. Dass diese Rebsorten wirklich auch in Köln angebaut wurden, ist allerdings nicht belegbar. Eventuell erfolgte die Namensgebung auch in Bezug auf das Absatzgebiet des Weins. Weitere Familienmitglieder waren übrigens auch der „Rote und der Weiße sowie der Grüne Kölner“.

Innerhalb der Kölner Stadtmauern gab es im Mittelalter in der Zeit der Hanse auf dem 400 Hektar großen Gebiet 100 Hektar, die mit Reben bestückt worden waren. Das wäre etwa ein Viertel des gesamten Stadtgebietes gewesen. Noch im 18. Jahrhundert wurden 65 Hektar Weinanbaufläche innerhalb der Stadtmauern verzeichnet. Zahlreiche Reben gab es zudem seit dem Mittelalter auf dem Gebiet vor den Stadtmauern. Die letzten Rebstöcke verschwanden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Das Cover des Buches. Foto: Marzellen Verlag

Das bedeutet allerdings nicht, dass die Beliebtheit des Weins zu dieser Zeit nicht mehr vorhanden war und sich Köln unter der Franzosen und später den Preußen endgültig von der Wein- zur Bierstadt gewandelt hatte. Dafür sorgte vor allem der seit dem Mittelalter prosperierende Weinhandel, wobei der Rhein als Transportweg die zentrale Rolle beim wirtschaftlichen Erfolg spielte.

Köln lag nicht nur sehr verkehrsgünstig, sondern konnte auch das Stapelrecht nutzen, um am Handel gut zu verdienen, denn jeder fremde Händler musste seine Waren in Köln abladen, stapeln und in der Stadt anbieten. Und Wein war im Mittelalter das zentrale Handelsgut der Kölner, das in gewaltigen Mengen ge- und verkauft wurde.

Köln war im Mittelalter das „Weinhaus Europas“

Die Stadt war damals das wichtigste Weinhaus Europas. Die Kölner Weinhändler wie Johann Lyskirchen oder Johann Hirzelin von Grin waren Meister der Organisation und der Geschäftstüchtigkeit – ein echter Weinklüngel, der natürlich bestens vernetzt war. Und ihr System hatte bis ins 19. Jahrhundert hinein noch Bestand.

Dass Wein damals auch bei den Konsumenten noch hoch im Kurs war, zeigt zum Beispiel, dass sich die Herren des Festordnenden Komitees 1823 in einem Weinhäuschen trafen, um den ersten Rosenmontagszug in Köln zu organisieren. 1855 gab es in Köln immer noch mehr Wein- als Bierwirte. Erst später begann sich der Gerstensaft wirklich in der Domstadt durchzusetzen.

Und wie sieht es im Jahr 2121 aus, stellt sich der Autor am Ende seiner Zeitreise die Frage. Dann könnten, dank des veränderten Klimas und einer neuen Architektur in der wachsenden Großstadt, die Hausdächer zu Weinbergen werden, bei denen Drohnen mittels künstlicher Intelligenz die Pflege und die Ernte gleichermaßen übernehmen. Vom Dach könnte der Wein dann mit Leitungen auch zu den darunterliegenden Wohnungen fließen und dort aus dem Weinhahn direkt ins Glas des Genießers gelangen.

Rudolf Nickenig: Köln – eine merkwürdige Weinstadt, Marzellen-Verlag, 160 Seiten, 19,95 Euro