Berlin | Die Ausbildungszahlen sind 2014 auf einem historischen Tiefstand angekommen. „Die Arbeitgeber bilden zu wenig aus, blocken in der Tarifrunde die Bildungsteilzeit und klagen zugleich über fehlende Fachkräfte. Das passt nicht zusammen“, sagte IG-Metall Vorstand Hans-Jürgen Urban der „Frankfurter Rundschau“.

Die Betriebe verhielten sich „wie bildungspolitische Trittbrettfahrer: Man hofft darauf, dass die Konkurrenz ausbildet, um die Fachkräfte dann abzuwerben“. Das große Klagen über einen drohenden oder bereits vorhandenen Fachkräftemangel könne man nicht länger ernst nehmen: „Die Unternehmen strafen sich mit ihrer Passivität selbst Lügen.“ Die Kritik fußt auf der IG-Metall-Ausbildungsbilanz 2014, die der „Frankfurter Rundschau“ vorliegt.

Danach wurden 2014 bundesweit nur noch 522 231 Ausbildungsverträge abgeschlossen – so wenige wie nie zuvor. „In der Folge haben 288 000 junge Leute, die eine Ausbildung beginnen wollen, keine Lehrstelle gefunden. 81 000 von ihnen sind nach wie vor als Suchende registriert, die übrigen haben sich anders orientiert, absolvieren Praktika oder hängen in anderen Warteschleifen“, sagte Urban weiter.

Vor diesem Hintergrund erneuerte Urban die Gewerkschaftsforderung nach einer Ausbildungsplatzgarantie: „Wir wollen eine Ausbildungsgarantie für jeden, der eine Berufsausbildung anstrebt. Davon profitieren am Ende alle.“ Wirtschaftsvertreter wiesen den Vorwurf, die Unternehmen bildeten zu wenig aus, entschieden zurück.

Die Zahlen der IG Metall spiegelten nicht Lage auf dem Ausbildungsmarkt wider, sagte Markus Kiss, Ausbildungsexperte beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag, der Zeitung: „Wir wissen aus einer Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen, dass im vergangenen Jahr allein im IHK-Bereich noch rund 80.000 Ausbildungsplätze nicht besetzt werden konnten . Hinzu kommen nochmals 20.000 bis 30.000 offene Lehrstellen im Handwerk.“ Die von der Gewerkschaft genannten 33.000 unbesetzten Stellen stammten aus der Statistik der Bundesagentur für Arbeit, die naturgemäß nur die gemeldeten offenen Stellen erfasst.

Dass zuletzt weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen wurden, habe ganz wesentlich auch mit der sinkenden Zahl der Schulabgänger und dem Run auf die Universitäten zu tun. 2003 hätten noch 950.000 junge Leute die Schulen verlassen, im vergangenen Jahr seien es nur mehr 850.000 gewesen. Im gleichen Zeitraum habe sich die Zahl der Studienanfänger von 377.000 auf 500.000 erhöht. „Die Daten machen deutlich, dass heute viel weniger junge Leute der beruflichen Ausbildung zur Verfügung stehen, als das früher der Fall war“, sagte Kiss. Tatsächlich suchten viele Unternehmen händeringend nach Auszubildenden, fänden diese aber häufig nicht, „unter anderem auch, weil die Ausbildungsreife fehlt oder das Ausbildungsangebot nicht mit den Wunschberufen der jungen Leute übereinstimmt.“

Autor: dts