Das Buchcover von Köln kriminell

Die kölsche Unterweltgröße und der Dompropst

Von Stephan Eppinger

Köln | Wenn man auf die kriminelle Szene der Kölner Nachkriegszeit zurückblickt, wird gerne etwas verklärt vom „Chicago am Rhein“ gesprochen. Damals galt die Domstadt als Verbrechenshochburg mit klingenden Namen wie „Schäfers Nas“ und dem „Dummse Tünn“. Dazu gibt es bis heute Bücher und Stadtführungen. Dabei gab es andere Fälle jenseits des Rotlichtmilieus, die teilweise bundes- und auch weltweit für Schlagzeilen sorgten.

Rotlichtgrößen

Auf deren Spuren hat sich der Kölner Autor Bernd Imgrund begeben und ein spannendes Stück Stadtgeschichte daraus gemacht. Natürlich dürfen auch hier die Rotlichtgrößen nicht ganz fehlen – wenn auch in einer ungewohnten Art und Weise. Im Jahr 1995 wurde in der Domschatzkammer ein wertvolles Vortragekreuz gestohlen, das für den damaligen Erzbischof Kardinal Joachim Meisner eine große Bedeutung hatte. Sein Dompropst Bernard Henrichs entschied sich für einen ungewöhnlichen Weg, um wieder an der verlorenen Schatz zu kommen. Er wandte sich an die Unterweltgröße Heinrich „de Nas“ Schäfer, der seine Beziehungen ins Milieu spielen lassen sollte. Berühmt wurde sein Satz „Dat jeit nit, d’r Dom bekläut man nit“ – und tatsächlich hat es nicht lange gedauert, bis Schäfers Nas dem glücklichen Dompropst das gute Stück übergeben konnte. Auf eine Belohnung soll der breitschultrige Ganove damals verzichtet haben – Henrichs versprach ihm aber, ihn in seine Gebete einzuschließen.

Im Nachkriegs-Köln

Ein Stück deutsche Nachkriegsgeschichte betraf Irmgard Swinka – die Kölnerin ging immer mit der gleichen Masche vor: In Einkaufszentren nahm sie Kontakt zu älteren Frauen auf, ließ sich in deren Wohnung mitnehmen, wo sie ihre Opfer betäubte und schließlich mit Komplizen ausraubte. In fünf Fällen gab es Probleme und für die Opfer endete die Begegnung tödlich. Für ihre Taten gab es in Köln 1949 das letzte Todesurteil der bundesdeutschen Geschichte. Eigentlich sollte es mit dem Beil vollstreckt werden – doch Swinka hatte Glück, einen Tag nach dem Urteil wurde die Todesstrafe abgeschafft – für die Verurteilte ging es nun „lebenslang ins Zuchthaus“.

Ein anderer Fall sorgte deutschlandweit für großes Entsetzen – es geht um das Schulmassaker von Volkhofen. Es ist wohl das schrecklichste Verbrechen der Kölner Nachkriegsgeschichte, dem im Jahr 1964 acht Kinder und zwei Lehrerinnen zum Opfer fielen. Der Täter ging mit äußerster Brutalität vor und verwendete einen selbst gebauten Flammenwerfer als Waffe – viele der Brandopfer überlebten ihre schweren Verletzungen nicht. Bei einem anderen Fall steht ebenfalls ein Kind im Mittelpunkt. Am 18. Dezember 1981 wird in Hahnwald die achtjährige Nina von Gallwitz entführt. Erst 149 Tage später kommt die Schülerin wieder frei – zahlreiche der vereinbarten Geldübergaben scheitern – Verantwortung dafür trägt auch das fehlerhafte Vorgehen der Polizei. Erst zwei privat engagierte Vermittler schaffen es, das Kind endlich freizubekommen. Von den Tätern fehlt bis heute jede Spur.

Die Welt des Kölner Sports

Ein Fall betrifft die Welt des Kölner Sports. Im Jahr 1971 gab es einen großen Bestechungsskandal in der Fußballbundesliga. Zu den Akteuren zählt auch der FC-Torhüter Manfred Manglitz – der erste Keeper, der selbst ein Tor schoss. Er war ein moderner Torhüter, der sich am Ende doch mit einem Eigentor zum Absturz brachte. Zum Verhängnis wurde für ihn, dass der damalige Präsident der Kickers Offenbach, seinen Klub mittels Bestechung retten wollte. Er gab dem Kölner vor einem Nachholspiel 25.000 D-Mark und ließ sich die Übergabe auch noch ordnungsgemäß quittieren. Am letzten Spieltag trafen die Klubs noch einmal aufeinander – für dieses Spiel verlangte Manglitz 100.000 D-Mark, um den Offenbacher Sieg zu garantieren. Der Präsident ließ sich zum Schein darauf ein – doch der Kölner hält sein Wort nicht und der Offenbacher lässt die Bombe platzen. Der Skandal ist perfekt – und Manglitz muss sich aus der Bundesliga verabschieden.

In den weiteren Kapiteln geht es zum Beispiel um das Attentat 1990 auf den damaligen Kölner Kanzlerkandidaten Oskar Lafontaine, um den Tod des Schimpansen Petermann im Kölner Zoo, um den ausländerfeindlichen Rohrbombenanschlag auf die Ferkelum-Stube oder um die Bombenattacke auf das Lufthansa-Hochhaus in Deutz. Auch der erste Fall der Kölner Tatortkommissare Freddy Schenk und Max Ballauf findet sich wieder. Die einzelnen Fälle sind nicht nur spannend und mit viel Hintergrundwissen geschildert – im Buch steckt so auch ein Stück lesenswerte Kölner Nachkriegsgeschichte.

Bernd Imgrund: Köln kriminell, Greven-Verlag, 262 Seiten, 16 Euro