Köln | Das Käthe Kollwitz Museum am Kölner Neumarkt wird derzeit aufwendig umgebaut. Bevor das Haus seine Ausstellungsräume wie geplant zum Jahresende wieder öffnen kann, werden einige Werke der Künstlerin an verschiedenen Orten der Stadt präsentiert. Bis zum 3. Juni läuft eine Ausstellung im Museum Ludwig mit 20 ausgewählten Exponaten. Vom 18. August bis zum 26. November ist eine Schau im Wallraf geplant. Bis zum 10. September findet die Sonderausstellung „Begegnungen“ mit Käthe Kollwitz in der Domschatzkammer statt.
In der Ausstellung “Begegnungen” mit Käthe Kollwitz hat die Leiterin Leonie Becks 10 ikonische Werke ausgewählt. Gezeigt werden Zeichnungen, Druckgrafiken und Plastiken zu den Themen wie Abschied und Tod, für deren Motivik sich die Künstlerin immer wieder an die christliche Ikonografie anlehnt.
Die kirchliche Kunst des Mittelalters wird in einen weltlichen Zusammenhang übersetzt
“In Kollwitz Bildfindungen fühlen sich Betrachterinnen und Betrachter emotional angesprochen und verstanden, besonders vor dem Hintergrund schmerzhafter Erlebnisse und Erinnerungen”, sagt die Direktorin des Kollwitz Museums, Katharina Koselleck. Immer wieder nutzt die Künstlerin Bildideen der mittelalterlichen, kirchlich geprägten Kunstgeschichte – etwa das Motiv der Pietà oder der Schutzmantelmadonna. Allerdings sind diese bei Kollwitz nicht als Illustration religiöser Inhalte zu verstehen. Viel mehr greift sie Bildtraditionen auf und übersetzt sie in einen weltlichen Zusammenhang.
Besonders eindrucksvoll zeigt das die Lithografie “Pietà”, die 1903 im Kontext des Zyklus “Bauernkrieg” entstanden ist. Sie zeigt eine trauernde Mutter mit ihrem toten Sohn. Die Arbeit erinnert am Michelangelos “Pietà”, wo Maria mit dem toten Christus gezeigt wird. Kollwitz übersetzt dieses Motiv ins bäuerliche Milieu. Direkt gegenüber findet sich die Radierung “Frau mit totem Kind”. Bildfüllend und monumental präsentiert Kollwitz eine Mutter, die verzweifelt ihr totes Kind an sich presst. Die im Raum schwebenden Figuren zeigen das experimentelle Vorgehen der Künstlerin hin zur dreidimensionalen Skulptur.
Dazu passt die Plastik “Pietà”, die zwischen 1937 und 1939 entstanden ist und die in der Schau in direkter Verbindung mit einer Kohlezeichnung steht. Zu sehen ist dort eine sitzende, nachdenkliche alte Frau, die ihre Mundpartie mit der Hand verdeckt. Die Körper- und Handhaltung findet sich auch in der Mutterfigur der bronzenen Pietà wieder.
Oft prägen persönliche Schicksalsschläge das Werk von Kollwitz
Bei Kollwitz entstehen die Arbeiten häufig in direkter Auseinandersetzung mit persönlichen Erfahrungen und Schicksalsschlägen. Besonders prägend ist etwa die lebensbedrohliche Diphterie-Erkrankung ihres älteren Sohnes Hans 1908. Nur wenige Jahre später – im Jahr1914 – verliert sie ihren jüngeren Sohn Peter im Ersten Weltkrieg. Dieses Leid verändert nicht nur die Mutter Käthe Kollwitz, sondern auch die Künstlerin und ihr Werk.
1938 nimmt Kollwitz die Arbeit an ihrem Relief “Die Klage” auf – kurz nach dem Tod von Ernst Barlach. Als eine von nur wenigen couragierten Künstlerkollegen hatte sie an der Trauerfeier des von den Nationalsozialisten geächteten Bildhauers und Zeichners teilgenommen. Im eng geführten Motiv eines Frauengesichtes, dessen Auge, Wange, Mund und Kinn mit Händen bedeckt ist, bringt Kollwitz das “Zum-Schweigen-verurteilt-Sein” zum Ausdruck. Ihr Werk durfte sie in der NS-Zeit nicht mehr öffentlich bei Ausstellungen zeigen.
In der Zeichnung “Fliegerbombe” von 1924/25 werden die Schrecken des Krieges konkret nachvollziehbar. Die Zeichnung zeigt eine Mutter, die sich über ihre bedrohten Kinder stützt. Das Werk steht für das gesellschaftliche Engagement der Künstlerin gegen den Krieg und den Einsatz chemischer Waffen. Die Zeichnung war eine Auftragsarbeit der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit. Dazu passen auch die beiden Reliefs “Mutter schützt ihr Kind”, die dafür stehen, dass keine Mutter ihre Kinder für den Krieg opfern muss.
Service: “Begegnungen – Käthe Kollwitz in der Kölner Domschatzkammer, Laufzeit: bis zum 10. September, die Domschatzkammer befindet sich an der Nordseite des Doms und hat täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt kosten sechs (ermäßigt drei) Euro. Die nächste Führung gibt es am Dienstag, 23. Mai, um 16.30 Uhr. Anmeldung: Tel. 0221/227-2899 oder museum@kollwitz.de