Busbahnhof beliebter als der Dom
„Köln ist abseits des Domes bisher nicht systematisch gefilmt worden“, so Rheindorf. Auch seine Dokumentation beginnt mit den Aufnahmen des Kölner Wahrzeichens im Jahr 1919, gefilmt von einem Neuseeländer, der damals der British Empire Army angehörte. Begleitet von orchestraler, doch bescheidener Musik wird der Zuschauer auf den Domplatz geführt. Schnell stellt sich heraus, dass nicht der Kölner Dom ein Publikumsmagnet ist, sondern der damals noch auf der Südseite des Doms angesiedelte Busbahnhof: Busse und Bahnen schlängeln sich um die monumentale Kathedrale herum, Kölner Bürger passieren schnellen Schrittes den Domhof, den wir heute unter dem Roncalliplatz kennen. Aufmerksamkeit bekommt der Dom allerdings mit der „Anlieferung“ des „Dicken Pitter“: mit einer Höhe von 3,20 m und einem Gewicht von 37 Tonnen war die künftige Glocke Nr.1 des Kölner Doms ursprünglich für Kriegszwecke gedacht. Dass der Ton der Petersglocke ganze 3 Minuten nachklingt, können die Stummfilmaufnahmen leider noch nicht bezeugen.

Straßenmusiker und Elendsviertel
Rheindorfs Dokumentation zeigt – eben weil viele der Aufnahmen von Amateuren stammen – vor allem auch die Menschen, die damals die Domstadt bewohnten. Und diese tummelten sich vorwiegend auf den Märkten in der Altstadt. Friesen, Straßburger, Sachsen, Litauer und andere Händler brachten hier täglich bis zu 1.000 Waren über ihre Theke. Straßenmusiker komplimentieren das rege Bild: Köln galt in den 20er Jahren als Hauptstadt der Straßenmusiker, heißt es im Film. Die ‚goldenen’ 20er Jahre ließen Köln indes überwiegend unberührt: die Aufnahmen zeigen Elendsviertel und bettelnde Kinder.

Reise durch die Welt und zurück nach Köln
Die Dokumentation Rheindorfs zeigt Köln in seinen verschiedensten Facetten: dafür nimmt er seine Zuschauer unter anderem auf die Eröffnung des Stadions in Müngersdorf mit oder zum Köln/Bonner Flughafen, der damals als drittgrößter Airport in Deutschland bekannt wurde. Das gezeigte Filmmaterial ist für die Dokumentation nicht nur digital, sondern zum Teil gar in HD aufgearbeitet worden. „Es war eine sehr aufwendige Sache“, so Rheindorf. „Aber es hat sich gelohnt.“, so der Filmemacher.

Seit 2005 war der Filmemacher auf der Suche nach lokalen Aufnahmen seiner Heimatstadt. Fündig wurde er bei Sammlern, Kameraleuten und Filmamateuren. Dafür musste er die Domstadt allerdings verlassen und sich unter anderem nach Washington, London, Brüssel und Amsterdam begeben. Denn dort hat er in öffentlichen sowie privaten Archiven kostbares Filmmaterial der Stadt aus der Zeit von 1896 bis 1933 gefunden. Vieles davon war im Besitz englischer Archive und Sammler, denn bis 1930 war das Rheinland englische Besatzungszone.        

Infobox:
„Filmreise in das alte Köln“
Eine Dokumentation von Hermann Rheindorf
Kölnprogramm GmbH & Co. KG
DVD, Laufzeit: 60 Minuten
Sprache: deutsch
Erscheinungsdatum: 01.12.2011
ISBN: 978-3-9813237-8-8
Preis: 14,80 Euro

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