Köln | aktualisiert | Die Kölner Polizei hat heute alle Geschwindigkeitsmessgeräte im Einsatz, denn heute ist der 4. Blitzmarathon in NRW. Dennoch wurden in den ersten vier Stunden seit 7 Uhr Morgens schon 239 Verstöße gemessen, allerdings keiner so schnell, dass er den Führerschein abgeben musste. Der Blitzmarathon, der übrigens in ganz NRW stattfindet, ist nicht unumstritten, so üben der Verkehrsclub Deutschland und die Gewerkschaft der Polizei Kritik. Dennoch hat die Idee Charme. Denn wer sich vor dem Hintergrund des Blitzmarathons exakt an die Geschwindigkeit hält, wird schnell merken, dass Rasen gerade im innerstädtischen Bereich keinen Zeitvorteil bringt. Ganz im Gegenteil nur ein hohes Risiko, geblitzt zu werden oder einen anderen Verkehrsteilnehmer bei einem Unfall schwerer zu verletzen. Dazu kommt, dass ich Benzin spare.

An der A1 vor dem Lövenicher Tunnel, dort wo 100 km/h erlaubt sind, hat die Polizei ihre Blitzapparate aufgebaut. Wer geblitzt wird, die meisten mit 115 km/h, einer auch mit 135 km/h auf dem Tacho, bekommt eine exklusive Eskorte. Vor und hinter ihm begleiten ihn Motorradpolizisten mit Blaulicht auf den kleinen Parkplatz in der Mitte des Tunnels an der Auffahrt Lövenich. Die meisten sind einsichtig, kommen häufig von weiter her und wussten nichts vom Blitzmarathon.

113 Messstellen in Köln

Helmut Simon, Leiter der Verkehrsdirektion der Polizei Köln, erläuterte die Maßnahmen der Kölner Polizei, die heute 316 Beamte eingesetzt habe. An 113 Messstellen wird heute 24 Stunden lang die Geschwindigkeit kontrolliert. Dabei geht es auch um die Sicherheit von Fahrradfahrern. Bei den 239 Verstößen in den ersten vier Stunden der Aktion musste kein Fahrverbot ausgesprochen werden. Eine positive Bilanz. Man wolle nicht nur an den Unfallschwerpunkten messen, sondern überall dort wo zu schnell gefahren werde. Daher gebe es auch die Wutpunkte, Straßen an denen Bürger die Polizei bitten können die Geschwindigkeit zu kontrollieren. Dies so Simon mache Sinn, denn wenn in Straßen in denen etwa Kinder lebten erst dann geblitzt würde, wenn ein Unfall passiert sei, dann komme die Aktion zu spät. Und wenn die Bürger immer wieder feststellten dass dort zu schnell gefahren wird, dann sei es sinnvoll hier zu blitzen.

Bei den Kontrollen war ein Kölner Taxifahrer aufgefallen, der mit 100 km/h auf der Flughafenautobahn unterwegs gewesen sei, wo 80 km/h gestattet seien. Der Fahrer hatte sogar ein Schild auf seiner Ablage mit der Aufschrift „Heute Blitz-Marathon“ und ein anderer Fahrer wollte sein gestern gekauftes Fahrzeug technisch testen und hatte seinen Tempomat auf 115 km/h eingestellt. Schlecht für ihn war, dass er damit in einer Zone unterwegs war, wo man nur 70 km/h fahren darf.

Mehr Sicherheit und weniger schwere Unfälle mit weniger gravierenden Folgen

Simon zeigte auch eine Karte mit blauen, gelben und roten Punkten aus dem Jahr 2011. Diese Punkte zeigen das Unfallgeschehen, dass auf zu hohe Geschwindigkeit zurückzuführen ist. 2011 sind dort acht rote Punkte, die für getötete Verkehrsteilnehmer stehen und im Jahr 2012 nur noch ein roter Punkt. Auch auf den Autobahnen rund um Köln, die die Kölner Polizei betreut, kann man keine Schwerpunkte feststellen, sondern überall ein Unfallgeschehen. Simon zieht daraus die Schlussfolgerung, wir haben keine Raserstrecken, sondern Raser und verdeutlicht, dass der heutige verdichtete Straßenverkehr keine Fehler mehr zulässt, sondern ein konzentriertes und in der Geschwindigkeit angemessenes Fahrverhalten voraussetzt. Zudem führe Rasen zu erheblich schwereren Verletzungen bei Unfällen. Simon erinnerte an die Seniorin, die von einem Motorradfahrer auf der Aachener Straße in diesem Jahr erfasst wurde und verstarb. Wäre der Motorradfahrer statt der 65 km/h nur die erlaubten 50 km/h gefahren, würde die Dame heute wahrscheinlich noch leben. In diesem Zusammenhang appellierte der Leiter der Kölner Verkehrsdirektion an die Fahrer auch, darüber nachzudenken, dass man nach einem solchen Unfall auch mit der Schuld sein Leben lang umgehen müsse.

Die Zahlen aus NRW

In NRW beteiligen sich heute 3.500 Polizistinnen und Polizisten und rund 270 Mitarbeiter von 86 Kommunen an insgesamt 3.000 Messstellen. Die Polizei setzt beim Blitz-Marathon rund 140 Radar- und Lichtsensorenanlagen sowie mehr als 650 Lasermessgeräte ein. „Die Autofahrer müssen jeden Tag damit rechnen, dass ihre Geschwindigkeit zu jeder Zeit und überall gemessen wird“, hob Jäger hervor. „Der Blitz-Marathon ist ein Baustein dieser langfristigen Strategie gegen Geschwindigkeitsunfälle. Durch die Aufmerksamkeit, die er in der Öffentlichkeit schafft, wird den Menschen vor Augen geführt, wie gefährlich zu schnelles Fahren ist.“

Die Zahlen des Blitzmarathons in Leverkusen und Köln um 14 Uhr

Kölns Polizeipräsident Wolfgang Albers zog gerade in Köln-Flittard Zwischenbilanz. Um 14 Uhr hatte die Kölner Polizei auf Leverkusener, Kölner Stadtgebiet und den Autobahnen 1.034 Geschwindigkeitsverstöße festgestellt. In 697 Fällen wurde ein Verwarnungsgeld verhängt in 355 Fällen wurden Anzeigen wegen einer Ordnungswidrigkeit gefertigt und fünf Fahrer müssen mit einem Fahrverbot rechnen. Zu den Verkehrsverstößen nahm die Polizei 592 weitere Verstöße auf. Herausgestochen aus den Verkehrssündern ist ein 70-jähriger Mann aus Unna, der mit seinem PKW auf der BAB A1 bei erlaubter Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h mit 161 km/h geblitzt wurde. In Leverkusen war eine 55-jährige Frau mit ihrem Wagen in einer Tempo 30 Zone mit 87 km/h unterwegs.

Die Situation der Radfahrer

Ein Aspekt des Blitzmarathons war die Sicherheit von Radfahrern. Dies thematisierte Polizeipräsident Albers. Im letzten Jahr gab es 2.400 Unfälle mit Radfahrern in Köln und Leverkusen. Dabei verunglückten 1.578 Radfahrer, 216 wurden schwer verletzt und sogar fünf tödlich verletzt. Dabei ergab die Auswertung der Polizei, dass die Unfallverursacher jeweils zu 50 Prozent, Auto- oder LKW-Fahrer und die Radler selbst waren. Vor allem die falsche Benutzung der Straße, etwa Fahren auf der falschen Seite durch die Radfahrer ist eine auffällige Unfallursache.

Albers appellierte an die Radfahrer die Gefahren von LKW´s im Stadtverkehr nicht zu unterschätzen. Vor allem der tote Winkel müsse immer im Bewusstsein der Radfahrer sein, denn die LKW-Fahrer können hier nicht den Überblick haben. Es gab im letzten Jahr 140 Unfälle zwischen Radfahrer und LKW in der Abbiegesituation. 117 Radfahrer wurden verletzt, 18 schwer und fünf starben. Es gebe eine Vielzahl von Unfallstellen, daher könne man in diesem Fall nicht von Unfallschwerpunkten sprechen.

Albers sprach auch das Problem Alkohol und Radverkehr an. Die Polizei kontrollierte auch an sieben Biergärten. 2012 gab es 88 Unfälle mit betrunkenen Radfahrern. In über 90 Prozent der Fälle sei der Auslöser für die Unfälle zu viel Alkohol gewesen. Dabei wurden 74 Fahrradfahrer verletzt, 61 leicht und 12 schwer. Albers bat die Autofahrer beim Aussteigen besonders vorsichtig zu sein, denn eine geöffnete Tür sei oft für schwere Radfahrunfälle verantwortlich.

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Das NRW-Innenministerium veröffentlichte besonders auffällige Fälle aus NRW:

In Gelsenkirchen überschritten drei Autofahrer in einer 50er-Zone die erlaubte Geschwindigkeit um mehr als das Doppelte. Sie rasten mit jeweils 101, 103 und 105 km/h durch die Lichtsensoren. Allen dreien droht eine dreimonatiges Fahrverbot, 4 Punkte in Flensburg und mindestens 480 Euro Geldbuße.

In Erwitte wurde auf einer Bundesstraße ein Autofahrer mit 151 km/h gemessen. Zulässig waren dort 100 km/h. Der junge Mann war nach eigenen Angaben auf dem Weg zur Berufskraftfahrerausbildung. Seinen Führerschein auf Probe wird er erst einmal abgeben müssen.

In einer 30er-Zone in Herford wurde ein 24-Jähriger in einer 30er-Zone mit 76 gemessen. Dieses unverantwortliche Rasen kostet ihn 200 Euro, vier Punkte in Flensburg und 1 Monat Fahrverbot.

Vor den Augen mehrerer Polizisten missachtete in Neuss ein Radfahrer gleich zwei rote Ampeln. Bei der Kontrolle zeigte er sich völlig uneinsichtig und schimpfte auf die Beamten ein. Eine Anzeige und 50 Euro Bußgeld sind die Folgen.

In Hattingen war ein 41-jähriger Motorradfahrer in einer 20er-Zone mit gemessenen 120 km/h so schnell unterwegs, dass ein ihm folgender Polizist mit einem Videomotorrad die Verfolgung abbrach. Der Fahrer wurde über das Kennzeichen ermittelt. Er bekommt eine Strafanzeige wegen Gefährdung des Straßenverkehrs.

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Autor: Andi Goral
Foto: Dieser Autofahrer ist vor dem Lövenicher Tunnel mit 115 km/h unterwegs gewesen, dort sind 100 km/h erlaubt. Mit Motorrädern wurde er zur Kontrollstelle eskortiert, wo er direkt zu dem von ihm begangenen Verkehrsverstoß befragt wurde.