Der 1. FC Köln hat keine einzige Frau in einer Entscheidungsposition. Weder in der Geschäftsführung noch im Aufsichtsrat ist eine Frau vertreten. Und auch bei der jüngsten Neuwahl des Verwaltungsrates am 13. November 2011 wurde keine Frau in das Gremium gewählt. Dabei schloss sich der Verein im Sommer 2009 mit dem FFC Brauweiler Pulheim 2000 zusammen, um eine neugegründete Frauenmannschaft in der zweiten Bundesliga Süd zu starten. Erklärtes Ziel ist es, diese Frauenmannschaft in die erste Bundesliga zu führen. Insgesamt sind in der Frauen-Fußballabteilung des 1. FC Köln 108 Frauen aktiv. Neben der ersten Damenmannschaft unterhalten die Kölner ein weiteres Frauen-Team sowie vier Mädchen-Mannschaften (U17, U16, U13 und U11). Im gesamten Verein sind 10.630 Frauen als Mitglieder gemeldet. Das sind von aktuell 55.518 (Stand 23.12.2011) über 19 Prozent. Darüber hinaus gibt es weitere Frauenmannschaften in der Handball-Abteilung. Eine Stimme in Verwaltungsrat, Vorstand oder Aufsichtsrat haben sie nicht.

"Für die Außenwirkung ist das fatal"
Dass in den Führungsetagen keine Frau mitbestimmt, stößt bei Kölner Politikerinnen auf Kritik. Kölns Bürgermeisterinnen Elfi Scho-Antwerpes und Angela Spizig sowie Kölns Gleichstellungsbeauftragte Christine Kronenberg sehen darin einen Spiegel auch der wirtschaftlichen Führungsebene. "Diesem Gremium gehören insbesondere führende Vertreter aus der Wirtschaft an. Insofern spiegelt seine Zusammensetzung auch die Situation in den Führungsetagen der Wirtschaft wider. Und gerade dort sind Frauen immer noch viel zu wenig vertreten. Da muss noch viel passieren. Denn obwohl es heute eine Bundeskanzlerin gibt, eine WDR-Intendantin und eine zur Hälfte mit Frauen besetzte NRW-Landesregierung, meine ich: Es gibt noch viel zu tun zur tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter. Das müssen wir anpacken! Das gilt für die Wirtschaft, aber auch für den Fußball, denn der hinkt in dieser Hinsicht anderen gesellschaftlichen Bereichen noch hinterher", sagt etwa Scho-Antwerpes.

"Fußball hat Strahlkraft und Vorbild-Charakter für Mädchen und Jungen, Frauen und Männer. Ich fände es toll, wenn der 1. FC jetzt die Chance nutzt, Führungspositionen mit Frauen zu besetzen. Das würde viele junge Frauen ermutigen, Männerdomänen zu durchbrechen. …. letztlich aber auch wegen der internationalen Publicity! Vielleicht wollen dann viele gute Spieler nach Köln", so Kronenberg schmunzelnd. "Der FC hat neben seinen eigenen Frauen“mann“schaften auch so viele weibliche Fans und Unterstützerinnen, die sich mit dem Verein identifizieren, dass es für die Außenwirkung auf jeden Fall fatal ist, wenn unter den neu gewählten Mitgliedervertretern nicht auch Frauen sind. Es ist ein Aufgabe des Vorsitzenden, bei der Vorbereitung der Wahlen für entsprechende Kandidatinnen zu sorgen", betonte Kölns Bürgermeisterin Angela Spizig. "Ein gut geführter Verein sollte bemüht sein, in seinen Gremien das ganze Spektrum seiner Mitglieder abzubilden, um auf die Dauer erfolgreich sein zu können", so Spizig weiter.

DFB fordert Frauen in Führungspositionen
Mit einer frauenlosen Führungsebene hinkt der 1. FC Köln dem landes- und bundesweiten Trend hinterher. Zwar untersagte der Deutsch Fußball-Bund (DFB) vor 55 Jahren seinen Vereinen sogar unter Androhung von Strafe, Frauenabteilungen im Fußball zu führen, inzwischen hat sich das jedoch geändert. "Die Hartnäckigkeit der Fußballspielerinnen hat sich jedoch bewährt. Der DFB hob sein Verbot 1970 auf", erklärte Kronenberg. Und nicht nur das. Heute, so beteuerte DFB-Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg gegenüber report-k.de, positioniert sich der DFB klar und fördert ausdrücklich die Integration der Frauen in den Vereinen auf allen Ebenen. Ratzeburg selbst wurde 1995 als erste Frau in den DFB-Vorstand gewählt. Seit 2007 gehört sie als Vize-Präsidentin auch dem DFB-Präsidium an.

Darüber hinaus ist auch der Bereich Integration im DFB-Vorstand mit einer Frau besetzt. Mit der 2011 eingesetzten DFB-Direktorin Steffi Jones für den Bereich Frauen-, Mädchen- und Schulfußball haben die rund eine Million deutscher Fußballerinnen des DFB eine weitere wichtige Stimme erhalten. Und das ist auch nötig. Denn in den vergangenen zehn Jahren lässt sich eine deutliche Steigerung von Frauen- und Mädchen-Mannschaften feststellen, die an dem Spielbetrieb des DFB teilnehmen. Waren es 2000/ 2001 noch 3.402 Frauen- und 3.206 Mädchen-Teams, meldeten sich 2010/ 2011 bereits 5.486 Frauen- und 7.934 Mädchen-Mannschaften an.

Verband Mittelrhein mit zwei Frauen im Präsidium
Dieser Trend zeigt sich auch auf der Verbandsebene. Im Fußballverband Mittelrhein sind derzeit knapp 49.000 Frauen und fast 18.000 Mädchen als aktive Fußball-Spielerinnen gemeldet. Insgesamt gibt es 173 Vereine mit Frauenabteilungen. Darauf hat auch der Verband selbst reagiert. Seit 2004 gibt es einen eigenen Frauen-Spielausschuss und parallel als Ausschussvorsitzende eine Frau als Verbands-Präsidium-Mitglied. Seit 2010 ist zudem die Position "Vertreter der jungen Generation" im Präsidium mit einer Frau besetzt. Darüber hinaus haben die Fußballkreise 2009 festgelegt, dass der Vorsitzende des Kreisfrauen-Spielausschusses, in acht von neun Fälle sind es Frauen, auch im Kreisvorstand vertreten ist. Ingrid Wüst, Vorsitzende des Frauenspielausschusses Mittelrhein, begrüßt diese Entwicklung ausdrücklich. Sie fordert, dass jeder Verein Frauen in Entscheidungspositionen haben sollte – zumindest wenn es eine Frauenabteilung gibt.

Kölner Politikerinnen fordern Frauen-Quote
Eine Frauen-Quote wie sie jüngst etwa für die Führungsebenen in der deutschen Wirtschaft diskutiert wurde, lehnt Wüst jedoch ab. "Mir ist es lieber, eine Frau wird aus Überzeugung eingesetzt", sagte Wüst gegenüber report-k.de. Auch DFB-Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg hofft darauf, dass sich die Entwicklung auch ohne die Einführung einer Quote weiterführen lässt. Beide Verbände sind hier auch schon auf einem guten Weg. Vielleicht beurteilen auch deshalb Kölner Politikerinnen dieses Thema anders. Zwar sagt auch Bürgermeisterin Angela Spizig, dass es ihr lieber wäre, "wenn Vereinsmitglieder von sich  aus einen Verwaltungsrat wählen würde, dessen VertreterInnen aus modernen, aufgeschlossenen Firmen, Unternehmen und Organisationen kommen, denen die wichtige Rolle weiblicher Führungskräfte bewusst ist."

Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes und Gleichstellungsbeauftragte Christine Kronenberg sind da jedoch schon etwas deutlicher. "Eigentlich wünsche ich mir, dass wir das so hinkriegen. Aber wenn alles nicht hilft, dann braucht es manchmal auch "organisationspolitische Argumente" – wie seinerzeit bei der SPD. Das war erfolgreich. Schau’n mer mal…", sagt etwa Scho-Antwerpes. Und Kronenberg ergänzt: "Ich bin eine Verfechterin der Frauenquote. Die sollte sich an den weiblichen Mitgliedern und Fans des FC orientieren. Ich schätze sie bei 30 bis 35%. Warum sollen so viele Frauen nicht die Geschicke des Vereins mitbestimmen? Firmen, in denen Frauen Führungspositionen einnehmen, erwirtschaften laut einer Studie von McKinsey mehr Gewinn. Mit Frauen in der Spitze kann der FC also nur gewinnen."

Aktuell hat der FC für die Suche nach einem neuen Präsidenten einen Headhunter gesetzt. Vielleicht findet der ja für die ehrenamtliche Spitzenposition eine Frau.

Cornelia Schlößer für report-k.de | Kölns Internetzeitung
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