Berlin | Aktualisiert | Der Deutsche Bundestag weigert sich mit allen juristischen Mitteln, die Namen der Lobbyisten zu veröffentlichen, die einen Hausausweis bekommen haben, mit dem sie jederzeit das Bundestagsgebäude betreten dürfen. Der Bundestag hat nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ (Donnerstagsausgabe) auf Druck der beiden Koalitionsfraktionen Berufung gegen ein Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts eingelegt, das den Bundestag zur Herausgabe der Namen der Organisationen verpflichtet, deren Vertreter Hausausweise bekommen haben. Die Klage auf Herausgabe der Namen hatte das Transparenz-Portal abgeordnetenwatch.de angestrengt. Mittlerweile hat die SPD-Bundestagsfraktion bekanntgegeben ihre Liste zu veröffentlichen.

SPD-Bundestagsfraktion legt Lobbyisten-Liste offen

14:25 >Die SPD-Bundestagsfraktion hat ihre 18 Monate lange Blockade aufgegeben und auch eine Liste der Lobby-Organisationen veröffentlicht, denen sie Hausausweise für den Bundestag verschafft hat. Das berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ in ihrer Freitagsausgabe. 

Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Christine Lambrecht, lehnte das damals gegenüber „Abgeordnetenwatch.de“ „aus datenschutzrechtlichen Gründen“ ab. „Abgeordnetenwatch.de“ klagte daraufhin auf Herausgabe der Listen durch den Bundestag und bekam im Juni vor dem Berliner Verwaltungsgericht recht. Anfang Oktober stimmten dann aber die Vertreter von SPD und Union im Ältestenrat dafür, dass der Bundestag gegen das Urteil Berufung einlegt. Das hat das Parlament inzwischen beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg getan. Jetzt hat die SPD-Bundestagsfraktion aber doch eine Liste der Lobby-Organisationen veröffentlicht, denen sie Hausausweise verschafft hat. Der Aufstellung zufolge haben derzeit insgesamt 218 Personen über die Sozialdemokraten einen Ausweis.

13:35 Uhr > Der Geschäftsführer von abgeordnetenwatch.de, Gregor Hackmack, sagte der SZ, es sei „unerträglich“, dass Union und SPD „ihre Lobbykontakte geheim halten“. Dass der Bundestag „weiterhin geheim halten will, welche Lobbyisten ungehinderten Zugang zu den Abgeordnetenbüro haben, ist ein Skandal“. Für Lobbyisten gibt es zwei Wege, an einen Hausausweis des Bundestags zu kommen: Verbände, die sich auf der öffentlichen Lobbyisten-Liste des Parlaments registrieren lassen, können für ihre Vertreter Hausausweise beantragen. 

Es liegt dann im Ermessen der Bundestagsverwaltung, ob sie die Anträge akzeptiert. Neben diesem transparenten Weg gibt es aber ein Schlupfloch. Lobbyisten können sich auch über die parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen Zugang verschaffen. 

Jeder Lobbyist, dessen Antrag auf einen Hausausweis von einem dieser Geschäftsführer gegengezeichnet ist, erhält die Zugangskarte. Die Verwaltung prüft nur noch Sicherheitsfragen. Nach Auskunft des Bundestags haben auf diesem Weg fast 1.000 Lobbyisten dauerhaften Zugang zum Gebäude. 

Die Fraktionen von Linken und Grünen haben inzwischen selbst kundgetan, welchen Organisationen sie zu Ausweisen verholfen haben. Union und SPD weigern sich aber vehement. Dabei gehen mehr als 90 Prozent dieser Hausausweise auf das Konto der Koalitionsfraktionen.

Autor: DTS, Foto: Peggy Stein/Fotolia