Köln | Nach dem großen Erfolg bei Publikum und Kritikern im Frühjahr wird Rüdiger Papes Inszenierung „Der Stein“ im November und Dezember erneut im NS-Dokumentationszentrum aufgeführt. Auf mehreren Zeitebenen wird die Geschichte einer Familie und ihre Verstrickung in die Verbrechen der Nationalsozialisten aufgearbeitet. Das Stück wurde indes für den Kölner Theaterpreis 2012 und den Kurt-Hackenberg-Preis 2012 nominiert.

Dresden, 1935: Ein Stein fliegt durch ein Fenster des Hauses von Witha und ihrem Mann Wolfgang. Die Randalierer denken immer noch, hier würden Juden wohnen. Aber die sind verschwunden, Witha und Wolfgang haben das Haus übernommen. Ihren Kindern und Kindeskindern erzählen sie später, wie sie damals der jüdischen Familie die Flucht ermöglicht haben. Der Stein wird auf der Flucht vor den Russen 1953 hastig im Garten vergraben. 40 Jahre später drängt die Wahrheit ans Licht.

„Der Stein“ von Autor Marius von Mayenburg behandelt über drei Generationen hinweg die Geschichte einer Familie, die mit ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit zu kämpfen hat. Dabei spannt der Autor einen Bogen über fünf Zeitebenen, zwischen denen hin- und hergewechselt wird. Ihren Anfang nimmt die Geschichte 1935, mit der Übernahme des Hauses durch Witha und ihren Mann, setzt sich mit dem Kriegsende und der Flucht in den Westen 1953 fort und endet schließlich nach der Wende 1993, als die Familie Antrag auf Rückübertragung stellt und in das Haus zurückkehren kann.

„Es war nicht immer so, dass man nur getan hat, was man wollte.“

In etwa 70 Minuten Spielzeit bilden rund 35 Szenen eine Vielzahl an einzelnen Fragmenten, die der Zuschauer wie in einem Puzzle selbst zusammenfügen muss, so Regisseur Rüdiger Pape. Anhand dieses Puzzle-Bilds ließe sich dann auch die wahre Familiengeschichte erkennen. Im Laufe des Stücks verstricken sich die Protagonisten immer tiefer in ein Netz aus Lügen. Von den Todesumständen des Vaters bis zum Erwerb des Hauses – nichts scheint frei von Beschönigung und Betrug. „Solche Biografien hat es sicherlich gegeben. Also Menschen, die nicht über ihre Schuld gesprochen haben oder sprechen konnten.“, so Pape. Das Stück sei aber nicht moralisch wertend, sondern erzähle nur. „Es war nicht immer so, dass man nur getan hat, was man wollte.“, versucht sich Witha schließlich an einer Aufarbeitung ihrer Vergangenheit.

Die Schauspielerinnen Maren Pfeiffer und Bettina Muckenhaupt hatten das Stück entdeckt und waren auf ihn zugekommen, teilte Rüdiger Pape mit. Da man wusste, dass das NS-DOK auch Theaterstücke zeigt, habe man sich an die Verantwortlichen gewandt. Das NS-Dokumentationszentrum im EL-DE-Haus sei als Aufführungsort aufgrund seiner Vergangenheit als ehemalige Gestapo-Dienststelle auch thematisch passend, so Pape. Mit Christiane Bruhn, die die Rolle der Witha übernimmt und ohne Kostümwechsel drei unterschiedliche Lebensabschnitte ihrer Figur darstellen muss, ist auch eine nationale Theatergröße an dem Stück beteiligt. Die Verleihung des Kölner Theaterpreises und des Kurt-Hackenberg-Preises findet im Dezember statt.

Infobox:

„Der Stein“ von Rüdiger Pabe

1., 2. und 4. November sowie vom 13. bis 16. Dezember im NS-Dokumentationszentrum.

Das NS-DOK weist auf eine begrenzte Platzzahl hin.

Tickets unter 0221/221 24340 oder per Email an nsdok@stadt-koeln.de

Eintritt 15 Euro, ermäßigt 10 Euro.

Autor: Christian Bauer
Foto: Regisseur Rüdiger Pape.