Berlin | Nachdem das Bundeskabinett am Freitag das Gesetz zur Reform der Grundsteuer verabschiedet hat, werden weitere Details bekannt. Der Entwurf sieht eine wertabhängige Grundsteuer vor, wobei Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Immobilienart, Gebäudealter und sogenannte Mietniveaustufe eine Rolle spielen, berichtet das ARD-Hauptstadtstudio. Dabei wird eine Öffnungsklausel geben als Abweichungsmöglichkeit für einzelne Bundesländer.

Bayern fordert schon länger ein sogenanntes „Einfach-Flächenmodell“. Die Steuerhöhe dabei ist nur von Größe und Nutzung der Grundstücks- und Gebäudefläche abhängig, nicht aber vom Bodenwert, und von der Miet- oder Pachthöhe. Aus SPD-Kreisen hieß es, mit dem Angebot einer Öffnungsklausel habe man verhindert, das gesamte Gesetzesvorhaben an Bayern scheitern zu lassen, berichtet das ARD-Hauptstadtstudio.

Sollte Bayern künftig Mindereinnahmen haben, werde das aber nicht zu geringeren Zahlungen Bayerns in den Länderfinanzausgleich führen. Mit dem Gesetz sollen Kommunen auch besser gegen Bodenspekulanten vorgehen können. Sie wären nach Inkrafttreten in der Lage, Grundstücke, die nicht bebaut oder deren Immobilien in Erwartung weiterer Preissteigerungen nicht genutzt werden, mit einer höheren „Grundsteuer C“ zu belasten.

Nach den bisherigen Plänen soll die gesetzliche Neuregelung bis zum Jahresende Bundestag und Bundesrat passieren. Danach müsste die neue Datengrundlage erhoben werden. Ab 2025 könne dann auf deren Basis die Grundsteuer in neuer Form erhoben werden.

Derzeit kassieren die Kommunen 14 Milliarden Euro Grundsteuer für 36 Millionen Wohngebäude und Grundstücke. Vor allem für ärmere Städte und Gemeinde stellt sie die wichtigste Einnahmequelle dar. Sie ist von den Eigentümern von Grundstücken und Immobilien zu zahlen. Nutzen die Eigentümer diese nicht selbst, können sie die Grundsteuer voll auf ihre Mieter umlegen. Die Entscheidung des Kabinetts fiel in dem bei solchen großen Gesetzen unüblichen Umlaufverfahren, bei dem alle Ministerien dem Kanzleramt schriftlich ihre Zustimmung mitteilen konnten, berichtet das ARD-Hauptstadtstudio. Ursprünglich sollte das Gesetz, wie von Kanzlerin Merkel zuerst angekündigt, bereits am vergangenen Mittwoch ins Kabinett, nachdem es am Sonntag im Koalitionsausschuss zu einer grundsätzlichen Einigung gekommen war. Doch um Fehler und Unstimmigkeiten zu vermeiden, und um mehr Zeit für die Ausarbeitung zu haben, wählte man das schriftliche Verfahren am Freitag.

Grundsteuer-Reform bindet in Finanzämtern 2.200 Mitarbeiter

Die umstrittene Reform der Grundsteuer wird teuer und zu einem bürokratischen Mammutprojekt. In den Finanzämtern werden mit der Erfassung von 32 Millionen Wohnimmobilien und vier Millionen unbebauten Grundstücken nach Berechnungen von Bund und Ländern zwischen 2019 und 2024 bundesweit rund 2.200 Mitarbeiter in Vollzeit beschäftigt sein. „Dies führt zu Gesamtpersonalkosten in Höhe von rund 462 Millionen Euro“, heißt es in einem Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, CSU und SPD, den die Koalition in der nächsten Woche in den Bundestag einbringen will und über den die Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagausgaben) berichten.

Hinzu komme ein Aufwand für Leitungsfunktionen, der Personalkosten in Höhe von rund 76 Millionen Euro verursachen werde. Offen ist bislang, ob Bund und Länder bei der Berechnung der Grundsteuer eine gemeinsame IT aufbauen. „Soweit im Rahmen des Vollzugs ein zentraler IT-Betrieb für einzelne Aufgaben erforderlich ist, würden hierfür zusätzliche, jährliche Kosten hinzukommen.“

Nach ersten „groben Berechnungen“ würden sich die Ausgaben für die IT-Umsetzung auf etwa 44 Millionen Euro bis 2022 belaufen. Auch der Aufwand für die Bürger durch die vom Bundesverfassungsgericht erzwungene Neuregelung der Grundsteuer wird erheblich sein. So sollen die Bürger zum 1. Januar 2022 erstmals in der Steuererklärung Daten für die neue Grundsteuer (die aber erst zum 1. Januar 2025 in Kraft tritt) angeben.

Bei 36 Millionen wirtschaftlichen Einheiten werden die Bürger pro Jahr rund 2,1 Millionen Stunden damit verbringen, um die von den Finanzämtern benötigten Daten ordnungsgemäß abzuliefern, geht aus dem Gesetzentwurf hervor. Die Bürokratiekosten für die Wirtschaft werden auf jährlich rund 100 Millionen Euro geschätzt.

Autor: dts