Vom Prinzip organisiert, wie die seit Jahren erfolgreiche „Lange Nacht der Museen“ cruisten gestern nach Veranstalterangaben 5.000 Kölner mit Bussen durch die Kölner Nacht und informierten sich über die Orte, wo in Köln Technik erforscht, gelehrt, produziert oder angewendet wird. Vier Touren waren in alle Himmelsrichtungen im Angebot. Zentraler Verteiler der Kölner Neumarkt, wo die Busse mit den Besuchern starteten und nach ihren Schleifen zurückkehrten. „Fahren Sie gleich zur FH“, wurde etwa auf der Tour 4 gefragt, wenn man vom TÜV Richtung Deutz weiter wollte. Der Fahrer bejahte und gleich ging´s weiter.

Überschlag und Tuning beim TÜV
Andreas und Uli, beide 21 und aus Bergheim ließen sich beim TÜV erst mal auf den Kopf stellen und zwar in einem Ford. Hier wurde geübt, was zu tun ist, wenn man sich nach einem Unfall in einem überschlagenen Wagen befindet und kopfüber in den Gurten hängt. Wolfgang Klein, Leiter Verkehrssicherheit beim TÜV Rheinland, wünscht sich, dass alle Autofahrer wissen, wie man sich in diesen Situationen richtig verhält. Wenn man sich in einem überschlagenen Wagen befinde, kann man den Gurt nicht öffnen. Das eigene Gewicht hält den Gurt in Spannung und das Gurtschloss bleibt zu. Geübt wurde, wie man sich im Wagen mit den Füßen auf dem Armaturenbrett abstützt, den Gurt entspannt, das Schloss öffnet und sich dann perfekt abrollt. Uli, der an der FH Köln elektrische Energietechnik studiert berichtet, wie sich sofort nachdem man auf den Kopf gestellt wird ein drückendes Gefühl einstellt. Andreas hätte sich mehr Zeit bei der Nacht der Technik gewünscht, um dass reichhaltige Angebot noch mehr auszukosten. Die beiden Bergheimer, waren in der FH, dann beim TÜV, wollten anschließend noch zur KVB und hätten gerne noch den Köln Bonn Airport besucht. Auch dass die Tickets knapp waren wurde bemängelt, aber ansonsten zeigten sich die beiden 21-Jährigen von der „Nacht der Technik“ begeistert. Beim TÜV Rheinland konnte man sich auch über die Themen Karriere oder das Tuning von Autos informieren.

Die Techniknachtzentrale: Der FH Campus in Deutz
Ein zentraler Ort der „Nacht der Technik“ war die Fachhochschule in Deutz. Dort hatten sich Labore geöffnet und im Foyer der Hochschule gab es spannende Dinge zu erleben. So etwa im Fachbereich 09, der Fahrzeugtechnik. Im Labor für Fahrzeugschwingungen und Akustik konnte man sich darüber informieren, wie raffiniert und intensiv die Ingenieure heute Geräuschen auf der Spur sind, diese messen und dann Methoden finden, wie man Geräusche minimiert. Zwischen Rahmenkonstruktionen und rohen Autokarossen, mit Sitzschalen und Airbags tummelten sich die Technikinteressierten und einige hätten am liebsten selber mitgeschraubt, so intensiv untersuchten sie die Geräte.


FH Studenten mit eigenem Rennwagen auf dem Kurs in Silverstone

An der FH gibt es aber auch ein Formula Student Team. 28 Studenten aus sechs Fachdisziplinen stellen sich seit 2006 der Herausforderung innerhalb eines Jahres einen Rennwagen zu konstruieren. Das CC09 wird gerade gebaut, am 10. Juli ist Roll out und am 16.7.2009 wird man mit dem Wagen in Silverstone auf die Rennstrecke gehen und sich mit anderen Studenten, die auch Benzin im Blut haben, messen. Denn Liebe zum Motorsport braucht man bei diesem Projekt. Die Studenten erzählen begeistert, dass sie neben der Hochschule nur noch an ihrem Rennwagen arbeiten. Angefangen vom Konzept, Design, über die Konstruktion und Produktion, organisiert das Formula Student Team auch das Marketing die Öffentlichkeitsarbeit und die Managementpräsentationen. Natürlich stellen die Studenten auch die Fahrer und die üben schon mal auf den Kartbahnen im Kölner Umland. Auch wenn man jede freie Minute investiert ist an diesem Abend eines bei den anwesenden Studenten und einer Studentin klar: „Es macht Spaß“. Die Formula Student ist ein internationaler Konstruktionswettbewerb. Außer dem Grundmotor und den Reifen wird alles in Eigenleistung konstruiert erdacht und ertüftelt, angepasst und überarbeitet. Aber auch Sponsoren werden gesucht und müssen überzeugt werden. Gegründet wurde die Formula Student vom Verein der Deutschen Ingenieure und rund 80 Teams beteiligen sich. Das Kölner Team setzt sich aus den Fachbereichen Fahrzeugtechnik, Wirtschaftsingenieurwesen, Elektrotechnik, Produktionstechnik, Konstruktionstechnik und Medieninformatik zusammen. Weiterer Vorteil des Projekts, so Jan Backhaus, zuständig für Marketing/PR ist dass man erste Kontakte zu Unternehmen knüpfen kann und sich durch das Engagement empfiehlt.


Spannend: Roboter die emotional reagieren, wenn man sie anschreit

Etwas übersehen wurde von vielen das vielleicht spektakulärste Stück im Foyer der FH. Maciej Puzon, Diplom Designer stellte eine Entwicklung vor, die man gemeinsam mit dem Unternehmen Festo erarbeitet hatte. Es ist ein Roboter, in diesem Fall ein Regal, dass auf Ansprache emotional reagieren kann. Jetzt fragt man sich wozu braucht man Roboterregale? Das Regal reagierte mit unterschiedlich ausgeprägten Bewegungen auf Musikfrequenzen, auf tiefe und auf hohe Töne. Anwendung kann so ein Programm finden, wenn man Roboter oder Maschinen menschlicher machen will. Eine Anwendung könnte im Pflegebereich sein. Also Roboter die Menschen pflegen und diese etwa reagieren, wenn der Mensch schreit „Aua Du drückst mich zu fest“. Damit wäre der Roboter in der Lage auf Emotionen zu reagieren, ein spannendes Feld. Produktdesigner wie Maciej Puzon verstehen Design als ganzheitliche Aufgabe und vernetzen sich interdisziplinär. Studiert hat Maciej Puzon an der Köln International School of Design. Nur einen Stand weiter hat der Ingenieurinnen Nachwuchs einen Roboter entwickelt der Golfbälle einsammeln kann.


Mädchen bauen Roboter
Die Roboter AG des Ursulinengymnasiums hat Dobby“ geschaffen. Virginia, aus der 12 Klasse mit Mathe und Physik-LK erklärt was „Dobby“ alles kann. „Dobby“ ist ein kleiner Roboter, der sich in alle Richtungen bewegen kann und Hindernisse erkennt. Nebenbei kann er Golfbälle einsammeln. Zwar gab es Rückschläge, so musste etwa der Motortreiber neu gelötet werden und die Veranstaltung „Robboking“ an der man eigentlich teilnehmen wollte, wurde vom Veranstalter abgesagt, aber die 13 Mädchen ließen sich nicht entmutigen und entwickeln ihren „Dobby“ weiter. So wurde auch das Programm das „Dobby“ steuert komplett selbst geschrieben. Virginia lobt die Teamarbeit, so tausche man sich intensiv aus und wo der eine nicht weiterwisse, ergänze der andere, berichtet die junge Frau, die später einmal Maschinenbau studieren will. „Dobby“ zu entwickeln sei eine Mischung aus Tüfteln, Wissen und Ausprobieren und das mache Spaß, erzählt Virginia mit funkelnden Augen und ergänzt selbstbewusst: „ Und unser Dobby hat Stil“.

Unter den Technik-Cruisern auch IHK Geschäftsführer Soénius, der sich begeistert zeigte vom Angebot. Vor allem dass man auf der „Nacht der Technik“ erleben könne, wie aus der Theorie Anwendungen entstehen und hautnah sehe wie was funktioniere sei spannend und mache Spaß, sagte Soenius. Diplom Ingenieurin Thabea Müller, Technik Dezernentin der Fachhochschule Köln war überwältigt von der Resonanz. Vor allem dass Kinder, Eltern und Senioren kamen freute die Ingenieurin. „Die Nacht der Technik hat gefehlt“, so Müller gegenüber report-k.de.

Die Veranstalter spielen bereits mit dem Gedanken einer zweiten Auflage im kommenden Jahr. „ Die Nacht der Technik war eigentlich erst nur als Prototyp gedacht. Dass sich dieser in solcher Windeseile als ein derartig nachgefragtes Projekt von Seiten der Unternehmen und Besucher herausstellt, hätten wir in diesem Ausmaß nie gedacht. Bereits jetzt haben wir schon Anfragen für das Jahr 2010 von Unternehmen vorliegen.“, fasst Projektleiter Wurster seine ganz persönliche Erfolgsbilanz zusammen. Die endgültige Entscheidung soll in den nächsten Wochen fallen.

[ag]