Das Gemälde "Tokio Blues" ist das Hauptwerk der Kölner Ausstellung. Foto: Galerie Martina Kaiser

Köln Die Stadtansichten der Künstlerin Johanna Wiens bieten eine besondere Perspektive auf den urbanen Raum. Von ganz oben geht der Blick der Düsseldorferin auf ihre Heimatstadt und auf die Metropolen der Welt. Zu sehen gibt es ihre Arbeiten noch bis zum 11. März bei der Kölner Galerie Martina Kaiser im Belgischen Viertel.

Mit der neuen Ausstellung knüpft Wiens an ihre 2014 erfolgte Schau „Köln und das verlorene Gedächtnis“ in der Galerie und in der Flora an. Diese arbeitete den Einsturz des Kölner Stadtarchivs mit Fragmenten aus der Stadtgeschichte künstlerisch auf. In „Weit weg, unkonkret nah“ sind es nun internationale Metropolen, welche die Künstlerin in der ihr typischen Weise verfremdet und so neue An- und Einsichten auf den urbanen Raum entstehen lässt.

Bewegt sich der Betrachter, verändert sich das Gemälde

Betont schemenhaft und damit klarer Konturen enthoben, verwandelt Wiens Stadtansichten samt ihrer orthodoxen Architektur in fluide Gebilde, die den Heraklit’schen Gedanken des Panta rhei aufgreifen: Alles scheint im Fluss, in steter Bewegung und damit dem permanenten Wandel unterworfen.

Bewegt sich der Betrachter, ändert sich dessen Blick auf das Gemälde – ist er ihm sehr nahe, verschwimmen die Konturen zunehmend; tritt er dagegen ein paar Schritte zurück, erkennt er den Blick auf die Dächer der Stadt klarer und detailreicher. Ein Effekt, der an die Vorgehensweise der Künstler beim Pointillismus erinnert.

Blick in die Einzelausstellung von Johanna Wiens in Köln. Foto: Eppinger

In Asien, wo die Künstlerin längere Zeit gelebt hatte, begegnet ihr der Blick aus dem Wolkenkratzer auf die darunter liegende Stadt. Das ist beispielsweise in Taipeh, der Hauptstadt von Taiwan, der Fall, wo auf einem Gemälde die niedrigen Gebäude des alten Ortskerns in der Vogelperspektive noch sehr konkret erkennbar sind. Später abstrahiert Wiens diesen Blick auf das Großstadtpanorama immer mehr und verwendet auch fiktive Städte als Motive für ihre Arbeiten. Dort bestimmen oft die Grautöne des Betons die Arbeiten.

Geprägt von ihrem mehrjährigen Asienaufenthalt folgt Wiens mit ihrem Ansatz der verschwindenden Form der chinesischen Lehre der Entsättigung und des Gelöstseins der Dinge, um sie so schlussendlich neu zu sehen. Verstärkt wird das durch die Einnahme der Vogelperspektive. Aus der bewusst gewählten Distanz ergibt sich ein ganzheitlicher Blick, der den Betrachter klar und objektiver auf alles schauen lässt.

Johanna Wiens hat an der Kunstakademie Düsseldorf studiert

Im Zentrum der Ausstellung steht mit dem Hauptwerk „Tokio Blues“ eine konkrete Stadt, die klar erkennbar ist, wenn man ihr nicht zu nahe kommt. Auch die eigene Heimatstadt Düsseldorf wird in der Ausstellung gezeigt. Dort bestimmt eine neue Farbigkeit den Blick, der auch ganz konkrete Teile der Skyline wie den Rheinturm kenntlich macht. Zwei weitere Arbeiten der Kölner Schau blicken auf die Megacity New York.

Johanna Wiens lebt und arbeitet in Meerbusch bei Düsseldorf. Ihre erste künstlerische Ausbildung erhielt sie durch ihren Onkel, den Maler Rudolph Messner, im kanadischen Vancouver. Nachdem Abitur studierte sie an der Kunstakademie Düsseldorf. Dort war sie in der Malklasse von Jörg Immendorf und wurde später zur Meisterschülerin bei Gerhard Merz.

Service: Galerie Martina Kaiser, Bismarckstraße 50, Köln, Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 13 bis 18 Uhr, Samstag 12 bis 16 Uhr sowie nach Vereinbarung.

www.galeriemartinakaiser.de