In den frühen Morgenstunden kam es zu einer länderübergreifenden Durchsuchungsmaßnahme durch die Staatsanwaltschaft Köln und das Polizeipräsidium Koblenz. Insgesamt hatten die Ermittler gegen 33 Personen ermittelt und im Vorfeld gegen 24 Personen Haftbefehle bei dem zuständigen Richter erwirkt. Drei Haftbefehle galten drei führenden Köpfen aus Pulheim und Köln. Alle wurden heute Morgen vollstreckt. Der Vorwurf: „Dringender Tatverdacht zur Unterstützung einer kriminellen Vereinigung.“

Ross und Reiter werden noch nicht genannt

Keine Auskünfte zu Namen und Personen, so das Credo der Staatsanwaltschaft und Polizei Koblenz. Seit drei Uhr heute Morgen läuft die Aktion mit rund 300 Beamten. Nach aufwändigen Ermittlungen hat man 33 Durchsuchungsbeschlüsse und 24 Haftbefehle beantragt. Aktiv wurde man heute Morgen an 19 Orten in Rheinland-Pfalz, NRW, Thüringen und Baden Württemberg. In Nordrhein-Westfalen lagen die Schwerpunkte in Düsseldorf, Bonn, Pulheim, Köln, Erftstadt, Schleiden und Freudenberg. Staatsanwaltschaft und Polizei formulieren ihre Vorwürfe so: „31 Beschuldigten werden strafrechtlich relevante Aktivitäten für das „Aktionsbündnis Mittelrhein“ mit Sitz in Bad Neuenahr-Ahrweiler angelastet. Das „Aktionsbündnis Mittelrhein“ ist eine rechtsextremistische Vereinigung, die als verfassungsfeindlich einzustufen ist. Es wird als legitim angesehen, Gesetze zu brechen, wenn das Ziel nicht anders zu erreichen ist. Bereits in der Vergangenheit waren einige Mitglieder vereinzelt durch Straftaten in Erscheinung getreten, in erster Linie wegen Körperverletzung und Propagandadelikten.“

Die Kriminaldirektion Koblenz ermittelte seit 2010 und es bestehe der dringende Tatverdacht, dass es sich beim „Aktionsbündnis Mittelrhein“ um eine kriminelle Vereinigung handele. Fest machen dies die Ermittler unter anderem an der „Anti-Antifa-Arbeit“. Die Rechtsextremisten, so die Ermittler, haben den politischen Gegner ausgespäht, teilweise sogar bei öffentlichen Gerichtsverfahren, dort Lichtbilder gefertigt, persönliche Daten gesammelt und diese später im Internet veröffentlicht. Damit wollte man ein Klima des Hasses schaffen und Ängste schüren. Daneben ging man aber auch offen gegen Mitglieder der „Linken Szene“ vor.

Den drei Köpfen der Kameradschaft Köln wirft man Unterstützung der kriminellen Vereinigung „Aktionsbüro  Mittelrhein“ vor. Polizei und Staatsanwaltschaft beziehen sich dabei vor allem auf Aktionen im Rahmen des so genannten „Trauermarsches“ am 19.2.2011 in Dresden. Mitglieder und Unterstützer des „Aktionsbüro Mittelrhein“ hätten auf einem Parkplatz drei Busse mit Steinen beworfen, in denen sie Gegendemonstranten vermuteten. Zwei Busfahrer wurden verletzt. Später beteiligten sich 15 Beschuldigte an gewalttätigen Angriffen auf ein Wohnhaus das von Mitgliedern der „linken Szene“ bewohnt wurde. Die Scheiben des Hauses wurden eingeworfen und die Eingangstür beschädigt. Hier sollen die Mitglieder der Kölner Kameradschaft sich aktiv beteiligt oder dazu animiert haben, Steine zu werfen. Dazu kommt das Verteilen von Propagandamaterial oder Agitation gegen Verräter aus den eigenen Reihen.

Bei den Hausdurchsuchungen hat man allerdings auch tonnenweise Material gefunden: Schriften, Nazi-Devotionalien, Schreckschusswaffen, eine Zwille und Unmengen an Datenträgern, von der CD über Laptop bis zum USB-Stick. Das wird jetzt in den nächsten Monaten ausgewertet werden. Bisher, so Kriminaldirektor Wolfgang Bula, seien aber keine scharfen Waffen gefunden worden. Oberstaatsanwalt Hans-Peter Gandner verweist auch darauf, dass die „Ermittlungen keine Hinweise auf Bezüge zu der terroristischen Vereinigung „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) ergeben hätte. Die Polizei und Staatsanwaltschaft bestätigen allerdings, dass unter den Festgenommenen auch Mitglieder und Funktionsträger der NPD seien.

Eine besondere Rolle spielte das „Braune Haus“ in Bad Neuenahr-Ahrweiler als nationales Wohnprojekt der Gruppe. Dieses Wohnprojekt – der Vermieter hatte vergeblich versucht, das Mietverhältnis zu lösen – habe als Planungsraum für Straftaten gedient. Alleine dort fanden die Beamten so viele Asservate, dass sie zusätzliche Fahrzeuge bestellen mussten. Derzeit werden die festgenommenen Personen richterlich vorgeführt. 23 Haftbefehle konnten unmittelbar vollstreckt werden, ein weiterer im Laufe des Tages. Ob die Gruppe weitere Aktionen geplant hatte, muss die Auswertung der Durchsuchungen ergeben. Sicher ist, dass mit der Vollstreckung der Haftbefehle und den Durchsuchungen bei den führenden Kölner Köpfen der Kameradschaft Köln, die 1998 unter anderem von Axel Reitz, der auch als „Hitler von Köln“ bekannt ist, gegründet wurde, und die weit über die Grenzen Kölns hinaus aktiv und bekannt war, ein empfindlicher Schlag versetzt wurde.

Innenminister Jäger kommentiert: „Rechtem Sumpf konsequent Paroli bieten“

„Die aktuellen Festnahmen und Durchsuchungen zeigen, dass wir dem rechten Sumpf konsequent Paroli bieten“, erklärte NRW-Innenminister Ralf Jäger heute in Düsseldorf. „Heute ist es gelungen, Drahtzieher der rechtsextremistischen Szene dingfest zu machen. Wir halten Wort: Der Ermittlungsdruck auf die Neonazis wird deutlich erhöht, kriminelle Aktivitäten rechtsextremistischer Straftäter werden entschlossen geahndet. Die enge Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden über Landesgrenzen hinweg hat sich bewährt“, stellte Jäger fest.

Autor: ag
Foto: Fundstücke der Polizei bei den Hausdurchsuchungen heute Morgen.