Deutschland ist seit Ende des Zweiten Weltkriegs einen langen Weg der Aufarbeitung des Dritten Reiches gegangen. Trotzdem zeigt die Stadt Köln auch heute noch, dass sie die Vergangenheit nicht vergessen hat, und dass sie die Verantwortung für die unmenschlichen Taten des Dritten Reiches nicht verleugnet. So will Köln mit dem Besuch von ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und –arbeitern, die Einladungen erfolgen seit1989 und seit 2001 zweimal jährlich, ein bundesweites Vorbild im Umgang mit der Geschichte und der daraus erwachsenden Verantwortung sein.

Der 31. Besuch von ehemaligen Zwangsarbeitern findet aktuell vom 20. bis zum 28. September statt. Neun Besucher sind mit Begleitern aus der Ukraine und Frankreich nach Köln gereist, um die ehemaligen Orte, an denen sie zur Zwangsarbeit gezwungen wurden, zu besuchen. Unter ihnen ist Swetlana Wassilewna Kolodina, die als Tochter einer Zwangsarbeiterin in 1944 in Köln geboren wurde. Sie besucht jetzt zum ersten Mal Köln seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Auch Marija Alexejewna Schtscherbakowa ist nach Köln gereist. Mit 14 Jahren wurde sie als Zwangsarbeiterin nach Köln gebracht. Sie arbeitete bei Bauern, bis sie fliehen konnte. Nachdem sie verhaftet wurde, musste sie in einem Straflager einer chemischen Fabrik arbeiten. Die Stadt, die Marija Schtscherbakowa damals sah, sah sie durch Stacheldraht.

Eine bewegende Reise in die eigene Vergangenheit
Der Besuch der Zwangsarbeiter ist eine Initiative des NS-Dokumentationszentrums und der Projektgruppe Messelager, eine unabhängige geschichtswissenschaftlich-politische Initiative im Verein EL-DE-Haus. Der Besuch ist ein humanitärer Akt, aber auch eine Auseinandersetzung mit der Geschichte. Für die Besucher ist die Reise nicht nur ein touristischer Besuch Kölns, sondern auch eine emotionelle Reise und soll helfen eine dunkle Zeit der eigenen Biografie zu bewältigen. Die Besucher kehren zu ihren ehemaligen Haft- und Arbeitsstätten zurück, und nehmen an einer Kranzniederlegung auf dem Westfriedhof teil, wo Opfer der NS-Diktatur, auch Familienmitgliedern oder Bekannten der Besucher, ruhen.

„Auch für die Kölner soll dieser Besuch eine Auseinandersetzung mit einer unbequemen Vergangenheit sein, sowie auch eine Geste, die zeigen soll, dass Köln seine Verantwortung für die Geschichte erkennt“, so die Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes bei dem gestrigen Empfang der Besucher im Historischen Rathaus. Die Bürgermeisterin bedankte sich bei den Besuchern, dass sie von soweit hergekommen sind, trotz ihren Alters, und sie unterstrich, dass dieser Besuch für Köln sehr wichtig ist. Scho-Antwerpes erklärte, dass Zwangsarbeit für eine lange Zeit in Köln ein Tabuthema war, und dass es zu diesem Thema nur wenige Zeugenaussagen gibt. Deswegen sollen die Besucher ihre Erfahrungen weitererzählen, besonders in den Kölner Schulen, wo die Gruppe am Freitag zu Besuch sein wird. Die Bürgermeisterin drückte aber auch die Hoffnung aus, dass die Besucher während ihres Aufenthaltes in Köln erkennen werden, dass Deutschland einen Wandel erlebt hat, nicht nur mit dem Wiederaufbau Deutschlands, sondern auch im Politischen. Sie betonte deutlich, dass es in Köln für Rassismus oder Antisemitismus kein Platz mehr gibt.

Infobox
Wer sich noch weiter über das Thema informieren möchte:

Charles Thill, Vortrag und Diskussion, „Zwangsarbeit in Ehrenfeld, 1943-1945“
Freitag, 25. September, 19 Uhr
Allerweltshaus, Körnerstr. 77, Köln-Ehrenfeld
Eintritt 3 Euro

Vanessa Schneider für report-k.de / Kölns Internetzeitung