Demonstration gegen Rechts am 30. Januar 2023. | Foto: via dts nachrichtenagentur

Bielefeld/Leipzig | Am Dienstag haben erneut Zehntausende gegen Rechts demonstriert. In Bielefeld sind nach Angaben der Polizei 25.000 Menschen zur Kundgebung „für ein gleichberechtigtes, solidarisches und vielfältiges Miteinander“ des „Bündnis gegen Rechts“ gefolgt. Geplant waren Demonstrationen in mindestens 18 Städten.

In Leipzig kamen laut Veranstaltern 10.000 Menschen, die Schätzungen der Behörden fallen niedriger aus. Dort hatte die „Solidarische Vernetzung Sachsen“ zu einer Demonstration „für progressive und faire Politik gegen Faschismus“ aufgerufen.

Mit dem Veranstaltungsdatum nehmen die Leipziger Veranstalter Bezug auf die Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933, die sich am Dienstag zum 91. Mal jährte. Die Geschichte zeige, dass der Aufstieg von Faschisten auch durch demokratische Wahlen und das Überschreiten der sogenannten „Brandmauer“ durch sich als demokratisch verstehende Parteien ermöglicht werde, hieß es im Aufruf zur Demonstration.

In Fulda nahmen laut Stadt 8.500 Personen an der Kundgebung „Fulda bekennt Farbe für Demokratie, Toleranz und Vielfalt“ teil. Angemeldet wurde die Veranstaltung durch den Verein „Fulda stellt sich quer“. Dem Aufruf schlossen sich Kirchen, Gewerkschaften, zivilgesellschaftliche Organisationen sowie private Unternehmen an.

Zur Kundgebung „Hanau gegen Rechts“ kamen etwa 3.000 Teilnehmer. Neben dem Deutschen Gewerkschaftsbund und der „Initiative 19. Februar Hanau“ zahlreiche weitere Initiativen aufgerufen. „Die Enthüllungen von Correctiv haben gezeigt, wie gefährlich die AfD ist und wie sie mit rechtsextremen Strukturen in Deutschland und Europa vernetzt ist“, hieß es in der Ankündigung der Veranstalter. „Spätestens seit dem 19. Februar 2020 wissen in Hanau alle, dass diese Ideologie Menschen tötet. Das werden wir nicht mehr hinnehmen.“

Politikwissenschaftler Funke hält AfD für geschwächt 

Der Berliner Politikwissenschaftler Hajo Funke sieht „erste Zeichen einer Schwächung“ der AfD. Das berichtet die „Rheinische Post“ (Mittwochausgabe).

Als Beispiel nannte der Rechtsextremismus-Experte, dass der AfD-Kandidat Uwe Thrum bei der Landratswahl im Saale-Orla-Kreis in Ostthüringen am Sonntag nicht siegte. „Man hat alle demokratischen Gegenkräfte zusammengetrommelt und die Kampagne hat gezündet“, so Funke.

Mit Blick auf die vor drei Wochen veröffentlichte Recherche des Medienhauses Correctiv, wonach AfD-Funktionäre mit Aktivisten der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften „Identitären Bewegung“ in Potsdam über millionenfache Vertreibungen nach rassistischen Kriterien gesprochen hatten, sagte Funke: „Die Enthüllung hat allen klar gemacht, dass es die dominante Strategie des Machtzentrums der AfD ist, eine andere, völkisch reinere staatliche Ordnung zu haben und dazu Millionen aus dem Land zu vertreiben, zu deportieren.“ Die Folge sei, dass die Menschen nun ein zweites oder drittes Mal schauten, ob sie die AfD überhaupt wählen sollten.

SED-Opferbeauftragte lobt Demonstrationen gegen Rechtsextremismus 

Die SED-Opferbeauftragte des Bundestages, Evelyn Zupke, hat die bundesweiten Demonstrationen gegen Rechtsextremismus als wichtiges Zeichen gewürdigt und dabei auf die Errungenschaften durch die friedliche Revolution in der DDR von 1989 Bezug genommen. Mit ihrem jahrzehntelangen Widerstand gegen die SED-Diktatur hätten tausende Bürger in der DDR „ihre Freiheitsrechte, wie das Recht zu demonstrieren, hart erkämpft“, sagte sie dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Mittwochausgaben).

„Ich freue mich sehr, wenn ich sehe, dass so viele Menschen heute von diesem Recht Gebrauch machen. Sie setzen ein Zeichen für eine freiheitliche und demokratische Gesellschaft“, sagte die SED-Opferbeauftragte. Zupke ist seit 2021 im Amt und gehörte der DDR-Bürgerrechtsbewegung an.