Köln | Die Stadtbahnfahrerin, die die prominenten Gäste von Rodenkirchen an den Chlodwigplatz auf der Jungfernfahrt der Linie 17 brachte, hatte laut Augenzeugen Tränen in den Augen. Dort wurde die Linie 17 in der Verteilerebene offiziell eingeweiht. Heute können die Bürger die neue Stadtbahnlinie der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) testen und nutzen. Die Initiative „ArchivKomplex“ mahnte bei der offiziellen Eröffnung mit geladenen Gästen oberirdisch: „Da fehlt ein Stück“.

Zwei Menschen starben am Waidmarkt

KVB-Vorstand Fenske, der von einem besonders schönen Tag für die KVB und die Südstadt sprach, gab den Aktivisten von „ArchivKomplex“ recht und erinnerte neben dem Jubel um die Teilinbetriebnahme der Nord-Süd-Stadtbahn auch an den 3. März 2009, 13:58 Uhr. Der Tag an dem das Kölner Stadtarchiv am Waidmarkt einstürzte. Zwei junge Menschen, der 23-jährige Khalil und 17-jährige Kevin starben und viele Menschen ihr Zuhause verloren. Oberbürgermeisterin Reker mahnte zudem, dass auch Vertrauen verloren gegangen sei.

Unglücksursache nach sieben Jahren noch nicht ermittelt

Auch die Initiative „ArchivKomplex“ freue sich, so schreibt man, dass es nun weniger Belastungen im Straßenverkehr gebe, aber man trauere auch. Um die Toten und das bis heute kein Schuldiger ermittelt sei. Sieben Jahre nach dem Unglück. Die Aktivisten wollen heute mit 200 schwarzen Luftballons die Strecke oberirdisch von der Haltestelle Severinstraße bis zur Einsturzstelle sichtbar machen. In der Erklärung heißt es zum Abschluss: „Der selbstverschuldete Archiveinsturz darf nicht durch vorzeitige Feiern verdrängt werden. Ein solches Unglück muss Anlass sein, die Stadtgestaltung nicht weiterem Schlendrian zu überlassen. Wir erinnern, damit die Sorge für unsere Stadt mental und strukturell gesunde.“

Ralph Sterck, FDP,  ist der Vater der südlichen Teilinbetriebnahme

In der Verteilerebene spielte derweil das KVB-Werksorchester, eines der wenigen Werksorchester, die es noch in Köln gibt. KVB-Chef Fenske nannte Ralph Sterck, FDP, der als Erster die Teilinbetriebnahme der Nord-Süd-Stadtbahn auf der südlichen Strecke ins Gespräch brachte, und lobte ihn heute ausdrücklich dafür. Das war nicht immer so, merkt Sterck kritisch an, der gestern dennoch von einem tollen Gefühl sprach, die Früchte seiner Arbeit zum ersten Mal selbst als Passagier befahren zu können. Der Prozess dorthin sei ärgerlich gewesen. Erst habe die KVB selbst blockiert, mit dem Argument dies sei zu teuer. Man habe einen ähnlichen Prozess erlebt, wie zehn Jahre zuvor bei der Einführung der Niederflurfahrzeuge, erinnert sich Sterck. Das die Linie 17 gestern zum ersten Mal gerollt sei, sei auch mehreren Zufällen im Rat geschuldet. Der Vorschlag sei aus der falschen politischen Richtung gekommen und deshalb, etwa von der SPD blockiert worden. Zu Beginn habe auch die CDU, die letztendlich dann doch zustimmte, sich verweigert. Er hoffe nun auf eine neue politische Kultur, die sich an Sachpolitik orientiere und auf das neue Kernbündnis. Die FDP werde auch weiterhin Vorschläge einbringen, wie etwa die rechtsrheinische Ringverbindung oder die Ost-West-Verbindung, mit der der U-Bahn-Bau zumindest in der Kölner Innenstadt abgeschlossen werden könnte.

Die neue Strecke hat Verkehrswert

Wie Sterck, freute sich auch KVB-Chef Fenske über die Teilinbetriebnahme, weil damit die vorhandene Infrastruktur genutzt, aber auch im Live-Betrieb getestet werden kann. Und dies vor allem innerhalb der Gewährleistungszeit. Fenske sprach von einer Operation am offenen Herzen, von einer Baustelle, die alleine am Chlodwigplatz über ein Jahrzehnt lang andauerte, wenn man heute an die Bauarbeiten zurückdenke. Die Strecke der Linie 17 habe einen Verkehrswert, weil sie Rodenkirchen und die südlichen Stadtteile mit der Linie 3 und 4 an der Severinstraße und am Chlodwigplatz mit der 15 und 16 und zahlreichen Buslinien verbinde. Auch vor dem Hintergrund der wachsenden Stadt und Fahrgastzahlen, aktuell fuhren 2015 wieder zwei Millionen Menschen mehr mit der KVB, sei die Teilinbetriebnahme sinnvoll. Fenske hofft, dass das Interim der Linie 17, die einmal zur Linie 16 werden soll, nicht zu lange dauert. Dies läge aber nicht in Händen der KVB, sondern bei den Ermittlern der Staatsanwaltschaft, für deren Arbeit aber gelte, Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Auch Fenske wagte einen Blick in die Zukunft: „Nach der Nord-Süd-Stadtbahn ist vor der Ost-Westachse“.

Reker macht sich für ÖPNV stark

Oberbürgermeisterin Henriette Reker machte deutlich das die Netzerweiterung notwendig sei. Man sei sich im Rat mit dem Mobilitätskonzept „2025 Köln mobil“ einig, dass der Individualverkehr reduziert werden müsse, um Schadstoffe zu minimieren und gegen den Klimawandel aktiv zu sein. Es sei ein gutes Zeichen, dass die Teilinbetriebnahme ein halbes Jahr früher gelungen sei. Mit der Teilinbetriebnahme werde ein Stück Glaubwürdigkeit und verlorenes Vertrauen zurückgewonnen, ist sich die neue Kölner Oberbürgermeisterin sicher. Auch der Rosenmontagszug, der am Chlodwigplatz beginne, habe nun wieder eine würdigere Kulisse, so Reker. Michael Odenwald, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und Michael von der Mühlen, Staatssekretär im Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen lobten die Architektur der Haltestellen, die Inbetriebnahme und unterstrichen die Notwendigkeit und Wichtigkeit des Ausbaus des ÖPNV. Sowohl Bund, wie Land haben sich an der Finanzierung der neuen Kölner Nord-Süd-Stadtbahn massiv beteiligt.

Heute findet ab 13 Uhr ein großes Bürgerfest in der Südstadt statt. Die Linie 17 kann ausgiebig getestet werden und zwar kostenlos. Zudem lädt das Vringsveedel zum verkaufsoffenen Sonntag.

Autor: Andi Goral
Foto: Die neue Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker machte sich für den ÖPNV stark auf der Eröffnungsfeier der KVB Stadtbahnlinie 17