Berlin | Die Große Koalition hat ihren Streit um die Grundsteuer nach offizieller Verlautbarung beigelegt. „Die Koalition hat Einigkeit in allen substanziellen Fragen für die zukünftige Erhebung der Grundsteuer erzielt“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung nach einem Treffen der Koalitionsspitzen von CDU, CSU und SPD am frühen Montagmorgen. Details der Einigung wurden zunächst nicht genannt.

Vor allem Bayern und die Unions-Bundestagsfraktion hatten Öffnungsklauseln gefordert, damit die Bundesländer eigene Regeln erlassen können. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte allerdings am Morgen im ZDF-Morgenmagazin, die Reform der Grundsteuer werde nicht zu einem „Wettbewerb zwischen den Bundesländern“ führen. Es werde eine „bundeseinheitliche Berechnung“ geben, sagte Klingbeil.

In den einzelnen Bundesländern könne die Grundsteuer aber unterschiedlich ausgelegt werden. Der Bundestag soll noch vor der Sommerpause über die neue Grundsteuer debattieren.

Finanzminister: Grundstückswert bleibt bei Grundsteuer maßgeblich

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) verteidigt den Kompromiss innerhalb der Bundesregierung zur Reform der Grundsteuer. „Was lange währt, wird am Ende gut. Die Grundsteuer ist wichtig für Städte und Gemeinden. Deshalb ist es ein gutes Zeichen, dass wir uns nun in der Koalition auf die Reform der Grundsteuer verständigt haben“, sagte Scholz dem „Handelsblatt“ (Dienstagausgabe). Wie auch heute schon werde der Wert der Grundstücke und Gebäude für die Steuer maßgeblich sein. „Sie wird aber künftig viel einfacher berechnet und gerechter ausgestaltet sein als bisher“, so Scholz.

Die neue Möglichkeit einzelner Länder, abweichende Regelungen zu treffen, sei eingebettet in die Verständigung, dass das Bundesgesetz der Maßstab für den Finanzausgleich unter den Ländern bleiben werde. „Das zeigt die Solidarität im föderalen Deutschland.“ Aus der SPD-Bundestagsfraktion hat es zum Teil Kritik an dem Kompromiss gegeben.

So hält der kommunalpolitische Sprecher Bernhard Daldrup die Öffnungsklausel für die Länder weiterhin für „einen politischen Erpressungsversuch der CSU“, über den die SPD-Fraktion „noch befinden muss“, sagte Daldrup dem „Handelsblatt“. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt freute sich hingegen über die neue Regelung, deren Details noch nicht öffentlich bekannt sind. „Der Freistaat Bayern wird abweichen von einer Bundesgesetzgebung, andere Länder können davon abweichen“, sagte Dobrindt dem Fernsehsender n-tv.

„Wir werden ein Einfach-Steuermodell schaffen, das wird nicht zu Steuererhöhungen führen und deswegen sind wir da sehr zufrieden.“ Der Koalitionsausschuss hatte sich am Sonntagabend auf die Reform der Steuer geeinigt. Sie war notwendig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht die bisherige Berechnungsweise im Frühjahr 2018 für verfassungswidrig erklärt hatte.

Widerstand in der SPD gegen Grundsteuer-Kompromiss

In der SPD-Fraktion regt sich Widerstand gegen den von den Koalitionsspitzen in der Nacht zu Montag vereinbarten Kompromiss bei der Reform der Grundsteuer. Bernhard Daldrup, kommunalpolitischer Sprecher der Fraktion, kritisiert, dass für Länder wie Bayern nun Öffnungsklauseln kommen sollen, um eigene Wege bei der Grundsteuer gehen zu können. Dies bedeute „mehr Bürokratie, zersplittert das Recht, belastet die Wirtschaft und ist nicht gerecht“, sagt Daldrup der „Süddeutschen Zeitung“.

„Es kann doch nicht wahr sein, dass wir einerseits über gleichwertige Lebensbedingungen reden und dann bis zu 16 verschiedene Grundsteuermodelle riskieren.“ Daldrup kritisierte scharf den Koalitionspartner CSU, der in den Verhandlungen mit Finanzminister Olaf Scholz (SPD) nun seiner Partei dieses Zugeständnis abgerungen hat. „Sie nimmt Kommunen und Länder in Haft, um ihre bayerischen Interessen durchzusetzen.“

Daldrup bezeichnete das Vorgehen als „unverantwortlich“. Angesichts dieser Lage werde es „sehr schwer“, den Forderungen der CSU nachzukommen. Dies nun im Hauruck-Verfahren durchzusetzen, hält er zudem für „nicht seriös“.

Trotz der Einigung im Koalitionsausschuss besteht er darauf, dass die SPD-Fraktion sich noch einmal ausführlich damit befasst. Es sei klar, dass die Fraktion „darüber umfassend informiert werden und letztlich auch über ihre Haltung zeitnah entscheiden muss“. Das könne der Koalitionsausschuss der Fraktion nicht abnehmen. Ihm selbst seien nicht alle Details der Einigung bekannt.

FDP stellt Bedingungen für Zustimmung zu Grundsteuer-Reform

Die FDP stellt bei der von der großen Koalition angestrebten Grundsteuer-Reform Bedingungen für ihre Zustimmung zu einer möglichen Verfassungsänderung. Die Einigung zwischen CDU, CSU und SPD auf Öffnungsklauseln für die Länder sei eine „Rechnung ohne den Wirt“, weil dafür das Grundgesetz geändert werden müsse. Dafür bräuchte die Koalition in Bundestag und Bundesrat die Zustimmung von Grünen und FDP.

„Es soll wohl lediglich abgespeckte Länderöffnungsklauseln geben, also kleine Notausgänge aus dem Bürokratiedschungel. Die kann die GroKo aber gar nicht alleine beschließen, dafür braucht sie eine verfassungsändernde Mehrheit“, sagte FDP-Fraktionsvize Florian Toncar den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstagausgaben). Er kritisierte, die Union sei vor Finanzminister Olaf Scholz (SPD) eingeknickt.

„Im Kern ist die Einigung bei der Grundsteuer eine Einigung auf das Modell von Olaf Scholz. Das ist eine schlechte Nachricht, denn dieses Modell ist maximal bürokratisch und vollkommen intransparent“, sagte der Finanzexperte Toncar. Sollte die Koalition auf die FDP zukommen, würde man sich den Vorschlag aber natürlich ansehen und lösungsorientiert damit umgehen.

„Ist unsere Zustimmung gewünscht, wird es aber ganz sicher kein Durchwinken des Scholz-Konzepts geben, sondern nur Verhandlungen auf Augenhöhe.“

Autor: dts