Düsseldorf/Essen | Der „WDR“ berichtete in seinem Magazin „Westpol“ am Wochenende, dass es zu Übergriffen gegen Flüchtlinge durch private Sicherheitsdiensten gekommen sei. Das NRW-Innenministerium hat bereits reagiert.

Der WDR meldete: „In nordrhein-westfälischen Flüchtlingsheimen soll es zu gewalttätigen Übergriffen des Wachdienstes gekommen sein. Asylbewerber aus einem Flüchtlingsheim in Essen berichten gegenüber dem WDR-Magazin Westpol von Prügelattacken und Demütigungen. Westpol liegt außerdem ein ärztliches Attest eines Flüchtlings vor, in dem Verletzungen dokumentiert werden. Auch in einer Unterkunft in Burbach soll es zu Übergriffen des Wachdienstes auf Flüchtlinge gekommen sein. Beide Flüchtlingsunterkünfte werden von der Firma European Homecare betrieben. Das Unternehmen ist einer der größten Betreiber von Flüchtlingsunterkünften in Deutschland. Allein in Nordrhein-Westfalen betreibt es sechs der zentralen landesweiten Erstaufnahmeeinrichtungen.“

Die Reaktion von NRW-Innenministers Jäger hierzu: „In NRW gilt null Toleranz bei fremdenfeindlichen Übergriffen. Wir dulden keine Gewalt gegen Asylsuchende. Wer Menschen in Not bedroht und schikaniert, muss hart bestraft werden.“

NRW-Piraten: „asylpolitische Konzeptlosigkeit“

Patrick Schiffer, der Vorsitzende der Piratenpartei NRW, zeigte sich entsetzt: „Die Vorgänge in den Heimen der Asylsuchenden in Burbach und Essen offenbaren die völlige asylpolitische Konzeptlosigkeit der Landesregierung. Ohne Prüfung des Hintergrunds und ohne jede staatliche Kontrolle wurden Schutz suchende Menschen in die Obhut von ungeschulten Sicherheitsleuten gegeben. Das Leiden der Asylsuchenden dauerte mindestens zwei Wochen an, bis offizielle Stellen tätig wurden. Durch die Einbindung von Dienstleistern wie der in diesen Heimen verantwortlichen Firma wälzt die Regierung die eigene Verantwortung ab. Ich fordere die Landesregierung dazu auf, die Vorfälle in Burbach und Essen umfassend und unverzüglich selbst aufzuklären und nicht auf Erklärungen des Betreibers zu warten.“

Der Pirat und Landtagsabgeordnete Frank Herrmann, Sprecher im Innenausschuss des Landtags NRW, ergänzt dazu: „Es wurde von der Landesregierung versäumt, für humane und an den Bedürfnissen der Schutzbedürftigen ausgerichtete Standards zu sorgen und offensichtlich wurden nun Sicherheitsdienste ohne Eignungsprüfung engagiert.“ Unhaltbare Zustände herrschten zurzeit in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes und die jahrelangen Versäumnisse hätten nun zu diesem traurigen Höhepunkt im Bereich der nordrhein-westfälischen Flüchtlingsaufnahme geführt. Das ganze System der Flüchtlingsaufnahme besteht nur noch aus Mangel, Druck und Verantwortungslosigkeit.“, so Herrmann. Es müsse jetzt endlich eine Neukonzeption der Flüchtlingsaufnahme in NRW entwickelt werden.

NRW-Grüne fordern stärkere Kontrolle von Flüchtlingsheimen

Die Flüchtlings-Expertin der Grünen im NRW-Landtag, Monika Düker, fordert eine strengere Kontrolle der Flüchtlings-Camps in NRW. „Nach den erschütternden Vorgängen in Burbach muss das NRW-Innenministerium sofort alle Verträge mit den Betreibern der Flüchtlingsheime überprüfen. Außerdem muss jetzt unmittelbar in allen Aufnahmestationen überprüft werden, ob die vertraglich vereinbarten Standards eingehalten werden“, sagte Düker der „Rheinischen Post“ (Dienstagausgabe). Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) fordert seinerseits eine Änderung der Datenschutzgesetze.

„Die geltenden Gesetze verhindern es, dass die Polizei die Angestellten der Sicherheitsfirmen adäquat überprüfen kann. Das muss schnellstens geändert werden“, sagte Ulf Küch, stellvertretender BDK-Bundesvorsitzender und Kriminaldirektor in Braunschweig, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstag). Grundsätzlich müssten „für das Personal solcher Subunternehmer genau die gleichen Regularien gelten wie für Neueinstellungen von Polizeibeamten“, erklärte Küch.
„Eine solche Überprüfung durch die Polizei ist aber zurzeit nicht möglich, wir dürfen das gar nicht“, kritisierte er. Die aktuellen Fälle in Nordrhein-Westfalen zeigten, wie dringlich die Lage sei. „Private Unternehmer haben auch gar nicht die Möglichkeit, ihr eigenes Personal so zu überprüfen wie die Polizei es tun könnte“, beklagt Küch.

Er verglich die Situation bei der Bewachung von Flüchtlingsunterkünften mit der in Fußballstadien, wo ebenfalls private Subunternehmer beauftragt würden. „Wenn wir dort die Veranstalter bitten, uns die Namenslisten der Sicherheitskräfte zu übermitteln, verweigern sie dies mit Hinweis auf den Datenschutz. Und hinterher wundert man sich, was für Personal dann in den Stadien für Sicherheit sorgen soll.“

Klar sei aber auch, so Küch, dass die Bereitschaftspolizei die Bewachung von Flüchtlingsunterkünften nicht leisten könne, hier sei man auf Subunternehmer angewiesen. „Und nicht alle sind schlecht.“

Autor: dts, dd, ag