Köln | aktualisiert | Die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Köln hält das Vorgehen von Sozialdezernentin Henriette Reker bei der Festlegung der acht möglichen Standorte zur Errichtung von Wohnhäusern in Container-Bauweise für die Flüchtlingsunterbringung für falsch und fordert die Miteinbeziehung von Politik und Bevölkerung bei der Standortentscheidung. Indes wirft die Kölner SPD-Fraktion der CDU vor, sie spreche „mit gespaltener Zunge“.

Die Festlegung der Standorte per „Ordre de Mufti“, so Winrich Granitzka,  Vorsitzender der CDU–Fraktion im Rat der Stadt Köln, sei nicht der richtige Weg und stoße vielen Kölner Bürgern vor den Kopf.  Vielmehr müsse man Politik und auch Bürger in den Entscheidungsprozess einbinden, so wie dies etwa in Bonn geschehe.

CDU nicht per se gegen Standorte

Dabei sei die CDU nicht per se gegen die getroffene Standortwahl, befürworte ebenfalls eine Verteilung von Flüchtlingen auf das gesamte Stadtgebiet und spreche sich gegen die Konzentration auf wenige Stadtteile aus. Granitzka fordert aber in diesem Zusammenhang, dass Bürger, Vereine und auch Kirchengemeinden in öffentlichen Veranstaltungen informiert würden, bevor man Standorte festlege und nicht, wie jetzt, die Bürger in den einzelnen Stadtvierteln vor vollendete Tatsachen zu stellen.

Die CDU-Fraktion erwarte daher von Reker, so Granitzka, dass sie die aktuelle Vorlage zurückziehe, um Raum für eine öffentliche Diskussion zu schaffen. Rekers Argument, sie könne aufgrund des enormen Zeitdrucks nicht die Bevölkerung in die Entscheidung miteinbeziehen, lässt der Fraktionsvorsitzende nicht gelten. „Die Zeit muss man sich nehmen“, so Granitzka, ansonsten laufe man als Verwaltung Gefahr, unbegründete Ängste zu schüren. Außerdem wünscht sich Granitzka Aufklärung darüber, wie die Standortwahl für die vorgesehenen acht Wohnhäuser in Container-Bauweise zustande kam und ob man auch Alternativen, wie etwa die Umnutzung leerstehender Kasernen oder anderer bestehender Gebäude ausreichend geprüft habe.

Halte Reker an der aktuellen Vorlage fest, die im Rat am 8. April zur Entscheidung vorgesehen ist, werde die CDU-Fraktion dagegen stimmen, so Granitzka.

Kölner SPD: „CDU spricht mit gespaltener Zunge“

Die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Köln wirft der CDU-Fraktion vor, die Bürger bei der Standortsuche beteiligen zu wollen, aber keine konkreten Ideen zur Umsetzung zu liefern. „Die CDU spricht mit gespaltener Zunge. Sie fordert vordergründig und populistisch Bürgerbeteiligung, meint aber eigentlich Ablehnung“, so Martin Börschel, Vorsitzender der SPD-Fraktion in einer schriftlichen Mitteilung der Fraktion.

Zum einen versichere die CDU der Verwaltung ihre politische Unterstützung beim schwierigen Problem der Flüchtlingsunterbringung, gleichzeitig kritisiere sie das Vorgehen der Fachverwaltung als intransparent und konzeptlos und lehne vor Ort alle Vorschläge ab. Eine Alternative nenne sie dabei nicht. „Damit stiehlt sich die CDU nicht nur aus der politischen Verantwortung, sondern kündigt auch den Konsens der demokratischen Parteien auf, in der sensiblen Frage der Flüchtlingspolitik als humanitäre Verpflichtung gemeinsam zu handeln“, so Börschel in einer schriftlichen Mitteilung.

Dos Santos-Herrmann: Verwaltung handelt auf Grundlage von Ratsbeschluss

Besonders dem Vorwurf des fehlenden Gesamtkonzeptes tritt die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Susana dos Santos-Herrmann entschieden entgegen. „Dem Vorwurf eines fehlenden Gesamtkonzepts muss entgegengehalten werden, dass die Stadtverwaltung seit Sommer 2013 die politischen Gremien und den Runden Tisch für Flüchtlingsfragen wiederholt und detailliert informiert hat.“, so wird dos Santos-Herrmann in der schriftlichen Erklärung der SPD zitiert. Die Verwaltung handele laut dos Santos-Herrmann auf der Grundlage der 2004 gemeinsam beschlossen Leitlinien („dezentrale Standorte“) sowie dem Ratsbeschluss vom Februar 2014. Es sei natürlich die Aufgabe der Verwaltung, der Politik einen Vorschlag zu unterbreiten.  „Die CDU muss sich fragen lassen, ob die öffentliche Erörterung der insgesamt 136 geprüften Standorte zielführender gewesen wäre. Und wenn ja, wie? Und wie wären wir mit dem Ergebnis umgangen? Ich bilde mir nicht ein, dass vor Ort, jeder Standort gänzlich unkritisch gesehen wird“, so Börschel. Für dos Santos-Herrmann sei es wichtig, so die SPD in ihrem Schreiben, keine neuen Standortdebatten zu eröffnen. „Die Aufgabe eines in Rede stehenden Standortes ist nicht zielführend, sie eröffnet vielmehr weitere Standortdebatten, vervielfältigt damit die Diskussion und führt damit zu einer objektiv schlechteren Standortauswahl.“, wird dos Santos-Herrmann zitiert.

Börschel und dos Santos-Herrmann: „Sehen massiven Gesprächsbedarf vor Ort“

Sowohl Börschel als auch dos Santos-Herrmann betonen in der Mitteilung: „Gleichwohl sehen wir massiven Gesprächsbedarf vor Ort. Die Unterbringung von vielen Menschen in unmittelbarer Umgebung weckt immer Sorgen und Ängste. Wir nehmen die Ängste und Bedenken der Menschen sehr ernst. Deshalb fordern wir die Verwaltung auf, dem Aufklärungsbedarf der Bürgerinnen und Bürger umfassend nachzukommen. Sie sollte in den betroffenen Stadtteilen informieren, beraten und flankierende Maßnahmen anbieten, die die Integration vor Ort fördern.“

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Autor: Daniel Deininger
Foto: Winrich Granitzka (CDU, Archivfoto)