Ein Ford Fiesta, der heute ein Oldtimer ist in Köln. Im Sommer 2023 läuft die Poduktion des in Europa beliebten Kleinwagens in Köln aus. | Foto: Bopp

Köln | aktualisiert | Am Wochenende wurden die ersten Informationen zu einer Umstrukturierung bei Ford öffentlich. Gestern war Betriebsversammlung bei Ford in Köln. Heute meldet sich der Betriebsrat von Ford mit einer langen schriftlichen Erklärung. Auch die Kölner Kommunalpolitik wie FDP und Grüne melden sich, nachdem gestern SPD und OB Reker sich bereits öffentlich äußerten.

12.000 nahmen an der Betriebsversammlung teil

Drei Versammlungen waren gestern nötig, um alle Interessierten mit Informationen zu versorgen, so der Betriebsrat von Ford. Von 15.000 Mitarbeitenden kamen 12.000 zu den Betriebsversammlungen. Am Freitag, 20. Januar, fand die Wirtschaftsausschutzsitzung von Geschäftsleitung und Betriebsrat statt. Für die Insider bei Ford kommt die Entwicklung nicht aus heiterem Himmel. Es habe Anzeichen gegeben, so die Betriebsrat: Dies seien Äußerungen der Konzernspitzen in den Vereinigten Staaten und ein Blick in die Auftragsbücher etwa der Produktentwicklung in Merkenich. Dazu kommen Fakten, die schon länger feststehen: Dazu gehört die Einstellung der Produktion des Fiesta im Sommer in Köln, die Modellpalette schrumpft seit Jahren und die Investition in Elektrofahrzeuge auf einer VW-Plattform.

Der Betriebsrat erinnert an den Abbau von 6.000 Stellen bei Ford Europa 2019/20. Für Köln rechnet der Betriebsrat in Köln, dass von heute 3.800 Beschäftigten in der Produktentwicklung 2.500 das Unternehmen verlassen müssen. Auch die Zukunft der verbleibenden 1.300 Mitarbeitenden sei in Zukunft ungewiss. Es fehlen die Aufträge und der Konzern will seine Produktentwicklung in Nordamerika in Mexiko bündeln. Dies ist zum einen der Elektromobilität geschuldet und dem Schrumpfungsprozess in der Modellpalette.

Neben der Produktentwicklung sollen 20 Prozent der Beschäftigten in der Verwaltung gehen. Hier rechnet der Betriebsrat in Köln mit 700 Kündigungen. Damit müssten insgesamt 3.200 Beschäftigte gehen, das wäre jeder vierte Beschäftigte in Köln. Am Standort Saarlouis geht im Sommer 2025 das Licht aus. Von 4.500 Beschäftigten sollen maximal 500 bis 700 im Unternehmen verbleiben. Offen ist die Zukunft des Forschungszentrums in Aachen, wo rund 220 Menschen beschäftigt sind.

Der Betriebsrat von Ford formuliert klare Forderungen an das Unternehmen unter anderem mehr Transparenz über die wirklichen Pläne. Die Produktentwicklung in Köln soll Teil des weltweit agierenden Entwicklerteams werden. Keine Verlagerung von Verwaltungstätigkeiten an Billigstandorte. Bis zum 31. Dezember 2032 sollen betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen werden.

Bei den Betriebsversammlungen habe, so der Betriebsrat keine Zahlen genannt, was die Belegschaft mit Buhrufen quitierte.

Das sagen die Kölner Parteien

Schon gestern äußerten sich Kölns Oberbürgermeisterin und die Kölner SPD im Rat. Diese finden sich in der Berichterstattung von report-K am gestrigen Montag:

Die SPD im Landtag

Auch die SPD im NRW-Landtag bezog Stellung, so Thomas Kutschaty: „Von Ministerpräsident Wüst ist bis jetzt kein Wort zu vernehmen gewesen, wie er die Beschäftigten bei Ford unterstützen will. Er muss jetzt ein Zeichen setzen, dass Industrie in unserem Bundesland von seiner Landesregierung überhaupt noch gewünscht ist. Daran haben wir jedenfalls immer größeren Zweifel. Insbesondere die Entwicklungen in der Stahlbranche zeigen doch, dass Industrie von Schwarz-Grün nur noch wie ein Schmuddelkind behandelt wird. Quartal für Quartal verliert die Wirtschaft in NRW an Substanz. Der Stahlröhrenhersteller Vallourec schließt seine Standorte in Düsseldorf und Mülheim. Hilferufe des Düsseldorfer Traditionskonzerns Hakle an die Landesregierung überhörten Ministerpräsident Wüst und Wirtschaftsministerin Neubaur. Auch auf die unsichere Zukunft des Stahlherstellers HKM hatte die Landesregierung im Dezember keine Antwort. Und jetzt folgt Ford. Aus den Alarmsignalen wird inzwischen ein lautes Schrillen. Hendrik Wüst darf nicht länger zögern. Ford ist schließlich der zweitgrößte Arbeitgeber in Köln. Die Landesregierung muss Jobs und Unternehmen mit aktiver Industriepolitik in NRW zukunftsfähig machen. Auch Ford muss sich über die Konsequenzen der Unternehmenspläne bewusst sein: Wer weiter auf dem europäischen Markt verkaufen will, sollte seine Präsenz in Europa nicht weiter zurückziehen.“

Kölner FDP will Industriestandort Köln erhalten

Das schreibt die Kölner FDP: „Der Umfang des geplanten Stellenabbaus macht uns fassungslos. Oberbürgermeisterin und Köln Business sind nun gefordert, Kontakt mit den Entscheidungsträgern bei Ford aufzunehmen, um das Schlimmste zu verhindern. Köln muss Industriestandort bleiben. Dies auch, da wir direkt neben den Ford-Werken mit „Köln-Fusion“ städtischerseits ein neues Gewerbegebiet entwickeln wollen. Hierbei ist Ford ein wichtiger Baustein in der Strategie. Zu hinterfragen ist auch, inwieweit steuerliche Anreize in den USA für E-Mobilität („Inflation Reduction Act 2022“) zu dieser Entscheidung aus dem Ford Hauptquartier in Dearborn geführt haben. Denn die US-Regierung fördert massiv steuerlich Arbeitsplätze im Bereich E-Mobilität, die in den USA entstehen. Hier muss auf Bundes- und Europaebene möglichst schnell gegengesteuert werden.“

Grüne fordern Ford zur Qualifizierung seines Personals auf

Christiane Martin, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kölner Rat, schriftlich: „Ford ist für Köln und die Region ein wichtiger Arbeitgeber. Das Unternehmen steckt mitten im Umbau hin zur E-Mobilität. Wir hoffen, dass dieser erfolgreich ist, damit Ford als Arbeitgeber in Köln erhalten bleibt, auch wenn allem Anschein nach Teile des Entwicklungsbereichs nicht in Köln bleiben sollen. Das bedauern wir sehr. Wenn nun tatsächlich Stellen gestrichen werden sollten, dann geht das nur sozialverträglich und mit einer zukunftsfähigen Ausrichtung. Gerade in Anbetracht des zunehmenden Fachkräftemangels muss Ford hier vermehrt auf die Qualifizierung und Förderung seiner Belegschaft achten, damit die Transformation zur E-Mobilität mit dem benötigten Personal auch wirklich gelingen kann.“

CDU Köln mit klarem Statement zum Ford-Stellenabbau

Niklas Kienitz, Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Köln: „Diese Nachricht trifft den Wirtschaftsstandort Köln ins Mark. Politik und Verwaltung müssen jetzt alle Hebel in Bewegung setzen, damit ein drohender Abbau so weit wie möglich. Sollte es tatsächlich zutreffen, dass die Geschäftsführung in Köln bisher nicht bereit war, der Belegschaft das konkrete Ausmaß zu nennen, sondern den Betriebsrat zur Verkündung dieser Hiobsbotschaft vorgeschickt hat, wäre dies ein unhaltbarer Zustand. Wir müssen jetzt die Voraussetzungen schaffen, dass Köln für Ford ein möglichst attraktiver Standort bleibt – mit so vielen Mitarbeitern wie nur irgend möglich.“