Köln | In zehn Tagen wird die Europameisterschaft 2012 in Polen eröffnet. Auch einige Fußballspieler von nordrhein-westfälischen Mannschaften werden dort für die gastgebende Nationalmannschaft auflaufen. Schon seit über 100 Jahren prägen polnische Fußballer die Sportgeschichte in NRW. Ein neues Heft erzählt anlässlich der EM große und kleine Geschichte rund um den deutsch-polnischen Fußball in NRW – darunter von dem ehemaligen Spielmacher des 1. FC Köln, Andrzej Rudy.

Andrzej Rudy – Flucht in die Bundesliga

Ein Stück dieser deutsch-polnischen Fußballgeschichte schrieb Andrzej Rudy, ehemaliger Nationalspieler Polens und Spielmacher des 1. FC Köln. 1988 setzte er sich bei einem Spiel der polnischen Nationalmannschaft in Italien in den Westen ab. In Polen wurde Rudy daraufhin zum „Landesverräter“ abgestempelt und einige Zeit von der Nationalmannschaft ausgeschlossen. „Das war eine sehr schwierige Zeit für mich“, berichtete Rudy heute.  Dabei sei es für ihn im Vergleich zu vielen seiner Landsleute noch einfacher gewesen, im Westen Fuß zu fassen. Denn noch 1988 unterschrieb er einen Vertrag beim 1. FC Köln. Trainer war damals Christoph Daum. Elf Monate durfte Rudy zunächst nur trainieren. Erst nachdem der Kölner Verein eine Art Entschädigung an Polen gezahlt hatte, konnte Rudy für die Domstadt auflaufen.

Einige Jahre später wurde Rudy der erste polnische Spieler, der eine Kapitänsbinde in der Bundesliga trug. Zwar erreichte Rudy mit dem FC Köln keine großen Erfolge, dennoch fühlte er sich in der Domstadt immer wohl. „Ich habe nie schlechte Erfahrungen mit Deutschen erlebt“, sagte er. Auch heute lebt Rudy noch im Umkreis der Domstadt – zusammen mit seinen Kindern und seiner zweiten Ehefrau, die in Köln geboren wurde. Bei der kommenden EM 2012 drückt er darum beiden Nationalmannschaften – der deutschen und der polnischen – die Daumen.

Fußball-Liebe in NRW und Polen

Rudys Leben ist nur eines von vielen Beispielen der deutsch-polnischen Verbindungen im Fußball in NRW. Seit über 100 Jahren prägen auch polnische Spieler den Fußball im Bundesland. Aktuell werden die Schlagzeilen etwa von dem polnischen Trio bei Borussia Dortmund dominiert. Lukasz Piszczek, Jakub Blaszczykowski  „Kuba“ und Robert Lewandowski gewannen mit dem BVB nicht nur den Pokal und die Meisterschaft, sondern werden für Polen wohl auch bei der EM 2012 spielen. In dem Projekt „Glückauf Polonia!“ haben sich nun anlässlich der Europameisterschaft polnische und deutsche Sportjournalisten, Historiker, Spieler und Fans daran gemacht, die großen und kleinen Geschichten rund um den Fußball zu erforschen.

Herausgekommen ist ein Magazin mit der Geschichte und Geschichten rund um den deutsch-polnischen Fußball in Nordrhein-Westfalen. Auf knapp 150 Seiten erzählt das Heft in Reportagen, Artikeln und Interviews über die persönlichen, familiären und institutionellen Bande zwischen Polen und NRW. Berichtet wird etwa über das Wunder von Wembley für die Polen 1973, das Regenspiel Deutschland gegen Polen bei der Weltmeisterschaft 1974 und von der Liebe zum Fußball in Oberschlesien. Angereichert wird das Magazin durch unzählige historische und aktuelle Fotos der Fußballgeschichte. Ein ganz eigenes Kapitel ist dabei etwa fotografischen Portraits von polnischen Fußball-Fans an Rhein und Ruhr gewidmet. Neben historischen Ereignissen beleuchtet das Heft auch das aktuelle Zeitgeschehen – etwa wie polnisch das heutige Ruhrgebiet ist oder wie Polen mit Hooligans umgeht. In einem Interview verrät der aktuelle BVB-Star  Lukasz Piszczek zudem seinen Weg von einem „nobody“ zum doppelten Meistergewinner.

Das Magazin „Glückauf Polonia“ ist ab dieser Woche im Buchhandel erhältlich. Die Reviersport Sonderausgabe kostet 5,90 Euro.

Autor: Cornelia Schlösser
Foto: Andrzej Rudy, ehemaliger Nationalspieler Polens, flüchtete 1988 in den Westen und wurde Spielmacher des 1. FC Köln