Informationsschrift zum Bürgerbegehren Godorfer Hafen
Die Fakten sind klar. Das städtische Presseamt erklärte heute gegenüber report-k.de, dass man den Auftrag an des Medienhaus Dumont Schauberg als "Full-Service Dienstleistung" vergeben habe. Die DuMont Blätter „Express“, „Kölner Stadtanzeiger“, „Kölnische Rundschau“ und „Wochenspiegel“ werden mit der Infoschrift des Kölner Oberbürgermeisters bestückt. Dazu erhielt das Kölner Medienhaus den gesamten öffentlichen Auftrag, der zuvor von der Politik und dem Kölner Rat beschlossen wurde. In der Infobroschüre konnten auch alle im Rat der Stadt Köln vertretenen Parteien, dazu der DGB, die Industrie und Handelskammer zu Köln und auch der Oberbürgermeister ihre Meinung zur Bürgerbefragung kundtun. Dazu wird das Verfahren der Bürgerbefragung erklärt. Der Wert des Auftrages, so ein Stadtsprecher läge bei 180.000 Euro. Weiter erklärte der Sprecher, dass der Auftrag als „Full Service“ Leistung über das städtische Vergabeamt Unternehmen angeboten wurde, die in der Lage wären eine solche Dienstleistung zu erbringen. Welche oder wieviele Unternehmen angeschrieben wurde, teilte das Presseamt nicht mit.

Klare Definition der Vergabewerte und Ausschreibungsbedingungen
Fakt ist auch, dass derzeit Aufträge ab einem Auftragswert von über 100.000 Euro öffentlich ausgeschrieben werden müssen. Dies müsste auch der städtischen Verwaltung bekannt sein. Der Wert ist im Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales – 34-48.07.01/99-1/10 vom 2.12.2010 klar definiert. Dort heißt es unter Punkt 1.1.: „Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen – Bis zu einem vorab geschätzten Auftragswert in Höhe von 100.000 € ohne Umsatzsteuer können die Vergabestellen wahlweise eine freihändige Vergabe oder eine beschränkte Ausschreibung durchführen.“ Und weiter „Teilnahmewettbewerbe, Einholung von Angeboten – Beschränkte Ausschreibungen und freihändige Vergaben nach 1.1 können ohne öffentliche Aufforderung, sich um Teilnahme zu bewerben (Teilnahmewettbewerb), durchgeführt werden. Bei beschränkten Ausschreibungen sind mindestens drei Angebote einzuholen.“ Dieser Runderlass gilt noch bis zum 31.12.2011. Immerhin scheint man, sollte es bei den 180.000 Euro bleiben, auf den ersten Blick nicht gegen geltendes EU-Recht, dass eine Ausschreibungssumme von 193.000 Euro vorsieht, zu verstoßen. Dennoch fordern die EU Richtlinien Transparenz und fairen Wettbewerb. So müssen oberste Bundesbehörden Aufträge ab 125.000 Euro öffentlich ausschreiben.

Freihändige Vergabe nur bis 15.000 Euro
Auch die Hinweise für die Vergabe öffentlicher Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte bei Beschaffungen im Runderlass. des Finanzministeriums, des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr sowie des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes NRW sprechen eine klare Sprache:  „Beschränkte Ausschreibungen von Lieferungen und Dienstleistungen sind bis zu einem Auftragswert von 50.000 Euro ohne Umsatzsteuer ohne Durchführung eines Teilnahmewettbewerbs zulässig. Bis zu diesem Auftragswert ist von einem Missverhältnis des Aufwands einer Öffentlichen Ausschreibung zu dem erreichten Vorteil oder dem Wert der Leistung im Sinne von § 3 Absatz 4 Buchstabe b) VOL/A auszugehen. Darüber hinaus sind Beschränkte Ausschreibungen von Lieferungen und Dienstleistungen unabhängig von den Voraussetzungen des § 3 Absatz 3 und 4 VOL/A nach Durchführung eines Teilnahmewettbewerbs bzw. nach vorheriger Bekanntmachung des voraussichtlichen Beschaffungsbedarfs gemäß Nummer 6.3 und 6.4 mit einer Frist von in der Regel mindestens vier Wochen vor dem Versenden der Vergabeunterlagen bis zu einem Auftragswert von 100.000 Euro ohne Umsatzsteuer zulässig.“ Die Freihändige Vergabe im Wettbewerb sieht vor, Aufträge bis zu einem Wert von 15.000 Euro ohne Umsatzsteuer und ohne weitere Begründung in Auftrag geben zu können. Auch der Direktkauf ist geregelt: „Bis zu einem voraussichtlichen Auftragswert von 500 Euro ohne Umsatzsteuer muss gemäß § 3 Absatz 6 VOL/A kein Vergabeverfahren durchgeführt werden. Es kann auf allgemein zugängliche Angebote (z.B. im Internet) zurückgegriffen werden. Für die Bedarfsfeststellung und die Kaufentscheidung gelten die haushaltsrechtlichen Bestimmungen. Zum Nachweis von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit des Direktkaufs besteht gemäß § 7 LHO eine Mindestdokumentationspflicht, d.h., dass zumindest die Preise der Vergleichsangebote zu erfassen sind.“

Warum keine Aufteilung in Lose?
Interessant ist in diesem Fall auch, obwohl durchaus unterschiedliche Gewerke, wie etwa Grafiker, Produktioner, Reproduktionsbetriebe, Druckereien und am Ende eben auch Media-Dienstleister wie Verlage beteiligt sind, die Gesamtvergabe einer doch nicht unerheblichen Summe an ein einzelnes Unternehmen erfolgte und man mit einem Splitting durchaus unter der 100.000 Euro Marke bei einzelnen Losen hätte bleiben können. Eine freihändige Vergabe eines Auftrages von 180.000 Euro an eine Mediengruppe und deren Tochterunternehmen wirft Fragen auf und überrascht, vor allem weil die städtische Verwaltung und Politik durch ein anderes laufendes Verfahren eigentlich im Bereich von Vergabeverfahren sensibilisiert sein müsste.

[ag]