Brüssel/London | EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) hat mit großer Skepsis auf die Zusammensetzung der neuen britischen Regierung unter Premierministerin Theresa May reagiert. „Wir werden mit der neuen britischen Regierung auch in diesen schwierigen Zeiten wie bisher konstruktiv zusammenarbeiten“, sagte Schulz der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitagausgabe). „Die Zusammensetzung des neuen Kabinetts zeigt aber, dass es weniger um die Zukunft des Landes geht, als um die Befriedung und den inneren Zusammenhalt der Tory Party.“

Damit setzte sich „bedauerlicherweise fort was schon der unselige Ausgangspunkt des Referendums war“, so Schulz weiter. „Nicht das Wohl des Landes steht im Mittelpunkt der politischen Weichenstellungen sondern parteipolitisches Kalkül.“ Das Vereinigte Königreich müsse sich aus dieser „gefährlichen Spirale“, die auch direkte Auswirkungen auf ganz Europa hat, befreien.

„Wir befinden uns in einer unsicheren und schwierigen Lage in Europa, deshalb müssen alle Beteiligten jetzt sehr verantwortungsvoll handeln“, forderte der EU-Politiker. Besonders die Berufung des führenden Brexit-Befürworters Boris Johnson zum Außenminister löste in Brüssel Verwunderung aus. Auch die Ernennung von David Davis zum „Brexit“-Minister wurde mit Skepsis aufgenommen.

Auch Asselborn kritisiert Mays Kabinettsentscheidungen

Nach der Vorstellung des Kabinetts der neuen britischen Premierministerin Theresa May stößt nicht nur die Berufung des Brexit-Wortführers Boris Johnson auf Kritik. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn äußerte Sorge wegen der Ernennung des konservativen Abgeordneten David Davis zum britischen Brexit-Minister. „Die Pläne von Davis sind gewagt“, sagte Asselborn der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitag-Ausgabe).

Davis hatte die Erwartung geäußert, dass die EU Großbritannien zollfreien Zugang zum Binnenmarkt gewähren werde, ohne im Gegenzug auf Personen-Freizügigkeit zu bestehen. Dies werde nicht geschehen, warnte Asselborn. „Man kann der EU seit dem Referendum viel vorwerfen, aber nicht, dass sie ihre Prinzipien über Bord wirft“, sagte er.

Davis soll die Austrittsverhandlungen mit der EU führen. Noch hat die britische Regierung allerdings nicht erkennen lassen, wann sie den Austrittswunsch gemäß Artikel 50 des EU-Vertrages erklären will.

Autor: dts