Düsseldorf | Nach den umstrittenen Postwurfsendungen der FDP-Bundestagsfraktion kritisieren die nordrhein-westfälischen Grünen nun einen Kinospot der Liberalen. „Fassungslos macht uns die Unverfrorenheit, mit der sich Ihre Bundestagsfraktion hier in den Wahlkampf einmischt“, schrieben die Landesvorsitzenden der Grünen, Monika Düker und Sven Lehmann, an den Spitzenkandidaten der nordrhein-westfälischen FDP, Christian Lindner, und den NRW-Landeschef Daniel Bahr. Die FDP-Bundestagsfraktion wies die Vorwürfe als haltlos zurück.

Anlass ist ein Kino-Werbespot der Liberalen im Rahmen der Kampagne „Freiheit bewegt“. „Die Vorstellung, dass der FDP-Landesverband mit Ihnen, Herr Lindner, als Spitzenkandidat und Ihnen, Herr Bahr, als Parteivorsitzenden von dieser Kampagne nichts gewusst haben, fällt uns schwer zu glauben“, schreiben die Grünen. Sie forderten Lindner und Bahr auf, „endlich Transparenz über die eingesetzten Mittel und den Umfang dieser Kampagne herzustellen“ und Postwurfsendungen und Kinospot zu stoppen.

Rechtswissenschaftler uneins über Rechtmäßigkeit

Die FDP in Nordrhein-Westfalen verwies derweil auf die FDP-Bundestagsfraktion. Deren Geschäftsführer Jörg van Essen betonte, die Fraktion habe die Aufgabe, „die Bevölkerung regelmäßig über unsere Arbeit als Abgeordnete im Deutschen Bundestag zu informieren“. Um diesem Auftrag gerecht zu werden, habe die FDP die Informationsreihe „Freiheit bewegt“ schon am Jahresanfang geplant. Dazu gehöre eine Website genauso wie die von den Grünen kritisierten Postwurfsendungen und der Spot, der seit dem 26. April in ausgewählten Kinos im gesamten Bundesgebiet gezeigt wird. Van Essen entgegnete, „dass es sich um eine zulässige Information der Bevölkerung durch die Fraktion handelt“. Diese Auffassung der Fraktion werde auch von zwei namhaften Rechtswissenschaftlern geteilt.

Martin Nettesheim von der Universität Tübingen erklärte, Fraktionen seien durchaus befugt, „mit ihren Zielen und Vorhaben werbend an die Öffentlichkeit zu treten“. Auch sei der zeitliche Zusammenhang zwischen der Öffentlichkeitsarbeit einer Fraktion im Bundestag und einer Landtagswahl „grundsätzlich unbedenklich“. Der Stuttgarter Rechtsprofessor Christofer Lenz verwies darauf, dass die Bundestagsfraktionen bei der Ausübung ihrer Kompetenzen anders als Bundes- und Landesregierungen keinem Neutralitätsgebot unterlägen. Am Donnerstag hatten die Grünen ein Gutachten Verfassungsrechtlers Martin Morlok vorgestellt, das hingegen zum Schluss kommt, dass die Postwurfsendungen unzulässig seien. Der Bundestag geht den Vorwürfen nun nach.

Autor: dapd
Foto: Christian Lindner ist Spitzenkandidat der nordrhein-westfälischen FDP und bekommt derzeit viel Unterstützung