Köln | Am heutigen Donnerstagmittag fand eine Wahlkampfveranstaltung der Partei Bündnis ´90/Die Grünen in der Kölner Schildergasse statt. Dabei informierten die Kölner Direktkandidatinnen Bärbel Höhn und Katharina Dröge sowie Direktkandidat Volker Beck über Programm und Ziele ihrer Partei. Beck sieht dem Wahlausgang in seinem Kölner Wahlkreis optimistisch entgegen. Der ebenfalls anwesende Spitzenkandidat der Grünen, Jürgen Trittin, äußerte sich während seiner Wahlrede zur aktuellen Pädophilie-Debatte um seine Partei und deren Parteiprogramm in den achtziger Jahren. Seine Partei sei um schonungslose Aufklärung bemüht und habe nichts zu verbergen, so Trittin.
Volker Beck, seit 1994 Bundestagsmitglied, sieht dem Wahlausgang in seinem Wahlkreis 94 im Kölner Süden optimistisch entgegen. Seine stärksten Mitkonkurrenten um die Erststimme bei der Bundestagswahl am 22. September sind die Kölner Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes (SPD) und Universitätsprofessor Heribert Hirte (CDU). Die Bürger und Bürgerinnen hätten es in der Hand, so Beck, zu entscheiden, welchen der Kandidaten sie als aussichtsreichen Vertreter ihres Wahlkreises wollten. Einen kompetenten Bundespolitiker, eine kompetente Kommunalpolitikerin oder einen Kandidaten der CDU, der an allen Punkten sage, dass die CDU die falsche Partei sei, weil er ihr Programm nicht vertreten wolle und der heftig gegen die Pferdesteuer kämpfe, über die sonst außer ihm gar niemand rede.
Beck: „Grüne stehen zu Fehlern der Vergangenheit“
Auf die Frage, wie sehr die Pädophilie-Debatte um die Grünen seiner Partei im Wahlkampf geschadet habe, antwortete Beck, die Grünen hätten dafür gesorgt, dass zu diesem Thema Aufklärung stattfinde. Aufklärung bedeute auch Öffentlichkeit. Die Grünen stünden zu ihren Fehlern der Vergangenheit und entschuldigten sich auch bei allen Menschen, die sie verletzt hätten, mit dem was die Partei damals diskutiert und vertreten habe. Er schließe sich hierbei ausdrücklich mit ein. Es seien Fehler gemacht worden, man müsse diese Fehler jedoch auch im Kontext der damaligen Zeit sehen. Man müsse es vor dem Hintergrund dessen sehen, was etwa die damalige Sexualforschung vertreten habe. Dies sei keine Entschuldigung, aber es mache den Sachverhalt ein wenig erklärbar. Zur Aufarbeitung habe man ein externes Institut beauftragt, um eine schonungslose objektive Aufklärungsarbeit zu gewährleisten. Deshalb warte man bei den Grünen derzeit auf die Ergebnisse des beauftragten Göttinger Instituts, um daraufhin die nötigen Konsequenzen zu ziehen.
Trittin: „Nichts zu vertuschen“
Jürgen Trittin, der neben den Programmpunkten seiner Partei wie etwa doppelte Staatsbürgerschaft, Abschaffung des Betreuungsgeldes oder auch Einführung einer Bürgerversicherung ebenfalls auf die Pädophilie-Debatte einging, sprach, man habe in der Geschichte der Partei einen großen Fehler gemacht und daraus erwachse ein Anspruch der Opfer, dass diese Geschichte von einem unabhängigen Institut „konsequent und rücksichtslos“ aufgearbeitet werde. „Wir haben nicht nur nichts zu vertuschen, wir wollen das auch alles aufklären“, so Trittin. Das beauftragte Institut habe nach seinen ersten Recherchen auch festgestellt, dass sich die Grünen von den Positionen bezüglich Pädophilie im Jahre 1989 ausdrücklich entfernt hätten, also vor einem guten Vierteljahrhundert. Wenn man nun im Laufe dieses Wahlkampfes behaupte, dass Grünen-Politiker wie Volker Beck, die in dieser Auseinandersetzung eine gute und wichtige Rolle gespielt hätten, zu einem sogenannten „Pädophilen-Kartell“ gehörte, stelle dies eine „ungeheuerliche Verleumdung“ dar.
Man habe aus den Fehlern der Partei praktische Konsequenzen gezogen und dafür gesorgt, dass jede Form von Gewalt gegen Kinder verboten werde. Erst in einer rot-grünen Regierung habe man sich damit durchsetzen können. Bei einer fraktionsübergreifenden Abstimmung im Bundestag unter Bundestagspräsidentin Rita Süßmund habe man erreicht, dass jede Form von Vergewaltigung auch als solche geahndet werde, auch Vergewaltigung in der Ehe. Dagegen gestimmt hätten damals namhafte Vertreter von CDU/CSU wie etwa Volker Kauder, Horst Seehofer oder Peter Ramsauer. Trittin sagte, er unterstelle diesen Politikern nun „heilfroh“ zu sein, dass man sie damals überstimmt habe und weiter unterstelle er ihnen, dass sie ihre damaligen Standpunkte heute nicht mehr vertreten würden. Dasselbe, was diese Politiker nun für sich in Anspruch nähmen, sollten sie auch Grünen, die seither ein ganz andere Praxis verfolgten, ebenfalls unterstellen und damit aufhören, mit Hinweisen auf das damalige Parteiprogramm der Grünen Wahlkampf zu betreiben. Das sei dieses Themas nicht würdig, so Trittin.
Autor: Daniel Deininger
Foto: Jürgen Trittin während seiner Wahlkampfrede in der Kölner Schildergasse.