Kritik an Stadtpolitik
IHK-Präsident Paul Bauwens-Adenauer ist ein Unternehmer, dessen Immobiliengeschäfte viel mit Heimat und Boden zu tun haben. Da verwundert es nicht, dass zwei seiner Forderungen um diese Themen kreisen, die er an die Stadt richtet: Er wünscht sich, dass Baustellen in der Stadt schneller fertig und Baustellenreste schneller beseitigt werden, aber auch dass das Erscheinungsbild des öffentlichen Raumes verbessert werde. Zudem solle endlich die versprochene Professionalisierung des Stadtmarketing vorangetrieben werden.

Direkte Worte fand Bauwens-Adenauer zur aktuellen Stadtpolitk: „Dass Köln und sein Umland weiter nach vorne kommen, das sollte uns allen am Herzen liegen. Leider ist der hierfür nötige Ehrgeiz in der politischen Führung Kölns nicht klar erkennbar. Man weiß im Moment gar nicht, wer führt. Gibt es die rot-grüne Koalition noch? Und wenn ja: ein Gestaltungswille ist nicht wahrzunehmen.“ Das ist eine glatte Ohrfeige, auch für den Kölner Oberbürgermeister, der mit Bauwens-Adenauer an einem Tisch saß und der dem IHK-Chef versprach, dass es keine Stellenkürzungen beim Unternehmensservice, die dieser zuvor kritisiert hatte, geben wird. Positiv vermerkte Bauwens-Adenauer den Ausbau des Godorfer Hafens, die gestiegene Leistungsfähigkeit der KVB, die Kunden, die die Bahn jeden Tag nutzen anders einschätzen, den Start des Campus der FH Köln in Leverkusen, den von ihm initiierten Masterplan und dessen Fortschritte und die Städtepartnerschaft mit Rio de Janeiro.

Europa ja, Euro nicht um jeden Preis
Neben den lokalpolitischen Ausführungen widmete sich Bauwens-Adenauer dem Thema Euro, wo er eine Anpassung an die Realitäten und eine nüchterne Betrachtungsweise forderte. Er legte ein klares Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft ab und lehnte einen Eigenkapitalaufbau der Banken zu Lasten der mittelständischen Wirtschaft ab, denn die hätte die Probleme der Finanzkrise nicht verursacht. Bauwens-Adenauer: „Wir verstricken uns immer tiefer in Komplexität, anstatt Wahrheiten zu akzeptieren und Klarheiten zu schaffen. Müssen wir nicht vielmehr endlich akzeptieren, dass eine Währungsunion kein taugliches Mittel ist, um Staaten mit sehr unterschiedlichen Volkswirtschaften erfolgreich zusammenzubinden?“ Philip D. Murphy sprach den Europäern sein Vertrauen aus und sagte, die EU habe die finanziellen Resourcen, um die Krise zu bewältigen, vor allem wenn die einzelnen Staaten zusammenstehen. Die USA sehen Deutschland hier in der Rolle desjenigen, der auf dem Fahrersitz sitzt und lenkt.


IHK zeigt sich in der Frage der Energiewende rückwärtsgewandt
Beim Thema Energiewende positionierte sich Bauwens-Adenauer klar. Die Förderung der Solarwirtschaft nannte er eine „Fehlförderung“ und machte sich Sorgen um die „Grundlast“, die für die Industrie so wichtig sei. Solar- und Strom sind für ihn keine Alternativen, so lange etwa die Speicherproblematik nicht gelöst sei. Der IHK-Präsident sieht die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie gefährdet. Scharf kritisierte er auch das Klimaschutzgesetz der rot-grünen Landesregierung und forderte, dass sich diese erst einmal mit dem Thema „Stauland Nummer 1“ beschäftigen solle. Eine Beseitigung der Staus wäre umweltfreundlicher und würde den wirtschaftlichen Erfolg sichern. Ganz anders dagegen der amerikanische Botschafter. Philip D. Murphy sprach bei den erneuerbaren Energien nicht von Zukunft, sondern vom Heute und dass die USA und Deutschland hier eine Leadership-Funktion haben. Murphy zeigte die Chancen grüner Wirtschaft auf, übrigens auch im Bereich Verkehr, im Bereich E-Autos, wo sich die USA und die EU darauf verständigt haben, gemeinsame Standards zu entwickeln. Als Beispiel nannte der amerikanische Botschafter, dass sich Audi, BMW, Daimler, Ford, General Motors, Porsche und Volkswagen auf die Entwicklung einer harmonisierten Lösung der Stecker, mit denen ein E-Auto geladen werden kann, verständigt haben. Sogar das Thema E-Fahrrad fand Eingang in die Rede des Botschafters.

Wie Bauwens-Adenauer, sprach auch Botschafter Philip D. Murphy von einer immer komplexer werdenden Welt. Er sieht das allerdings als Chance, die einen neuen transatlantischen Moment geschaffen habe und in dem globale Führungseigenschaften gefragt sei. Dazu gehöre neben einer gemeinsamen Überzeugungen, die die transatlantische Partnerschaft aufgebaut haben, frisches Denken und neue Strategien, die zu den heutigen Themen und Problemen passten.

Bei Wachenheimer Gerümpel, Dolcetto d´Alba, Eifeler Bachforelle, Tournedo vom Rind und gefüllten Topfenknödeln genossen die rund 500 Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Gesellschaft den Neujahrsempfang der IHK Köln.

[ag]