Die überfüllte Zülp am 11.11. Foto. Bopp

Köln | Ein Kultladen auf der Zülp hisst in Sachen Karnevalsparty die weiße Fahne!

Mit einem emotionalen Posting verabschiedet sich das Team vom Schnitzeltempel „Bei Oma Kleinmann“ vom Karneval.

Grund ist das Chaos rund um den 11.11. im Kwartier Latäng. Die Schilderung ist dramatisch und spiegelt die extreme Lage wieder, in der sich Gastronomen vor Ort an den jecken Tagen befinden. Vor allem mit Blick auf Weiberfastnacht…

Die Inhaber schreiben: „Liebe Jecken,soll man aufhören, wenn es am schrecklichsten ist? Eigentlich nicht, aber dennoch, nach fast 20 Jahren fantastischer, wilder, schöner, lustiger, rauschender, tränenreicher, tanzverrückter, schunkelhafter, kölschgetränkter, gemeinsamer, himmelhochjauchzender, aufregender, einfach schönster Karnevalsfeierei mit Euch, mitten im Herzen des Kwartier Latäng, werden wir erst einmal kein Fastelovend mehr in unserer Gaststätte Bei Oma Kleinmann ausrichten.“

Das „Bei Oma Kleinmann“ auf der Zülpicher Straße 9. Foto: Bopp

Drogen, Urin, Angst: Inhaber von Oma Kleinmann schildern dramatische Szenen am 11.11.

Denn: „Trotz massiver Unterstützung von vielen Seiten, vor allem unseren Gästen, die sich heldenhaft in das Chaos stürzten um zu uns zu kommen, ist es uns einfach nicht mehr möglich, Euch, unsere Gäste, vernünftig in die Kneipe zu bekommen und auch nicht zurück. Eingekesselt von Menschenmassen, Absperrungen, Polizei, Ordnungsamt, Dosenbier und Wahnsinn müssen wir unsere kleine Oase des Frohsinns geschlossen halten, denn es ist einfach nicht mehr machbar. Der Aufwand riesengroß und nicht mehr zu leisten.Unsere Nachbarn kommen mit ihren Familien nicht mehr in ihre Wohnungen- oder nicht mehr hinaus. Kinder und ältere Anwohner in heller Panik oder in Tränen aufgelöst. Gäste, die uns dem Nervenzusammenbruch nahe, bei Ankunft zitternd in die Arme fallen. Mitarbeiter die man nicht nach Hause schicken möchte, weil man einfach Angst um sie hat. Die Kinder von Freunden, die man anfleht auf ein Kölsch vorbeizukommen, damit man sicher ist, dass es ihnen gut geht.“

Und weiter: „Entschuldigung- mehr nackte Ärsche und Geschlechtsteile, als man am Tag so vertragen kann, beim urinieren, kopulieren, koten. Polizisten und Ordnungsamt im Dauereinsatz, verzweifelte Mädels und Jungs die darum betteln, auf Toilette gehen zu können. Unser Unbehagen, wenn wir vom DJ Pult aus dem Fenster gucken und das Ende der Köpfe nicht sehen können.

Dem Zuschauen, wenn ein paar Spastis sich eine Line nach der anderen auf unserem Telefonhäuschen zusammenhacken und man dann mitbekommt, dass sie erst 14 sind. Die fröhliche Gruppe aus Nippes, die irgendwie immer verkrampfter aussieht, also sie versucht, sich singend Richtung Ausgang zu drücken. Mit aller Gewalt zum Schluss, weil die Panik doch hochkocht.“

An der Stadt Köln wird mit Kritik nach dem katastrophalen Missmanagement rund um den doch vorhersehbar problematischen Sessionsauftakt nicht gespart: „Die Versprechungen vorher über Arbeitsgruppen und runde Tische. Die Ernüchterung nicht gehört zu werden. Die Enttäuschung, weil man es vorher doch schon so oft vorhergesagt hat. Die Informationspolitik, erst ein paar Tage vor Veranstaltung Details und Pläne zu erhalten. Das Gefühl ausgeliefert zu sein. Ja, und auch der Umsatzverlust, wenn man versucht, es richtig zu machen, tut weh und auch die Erkenntnis, dass der ganze Aufwand, der Preis einfach zu hoch geworden ist. Ihr müsst etwas tun. Mehr tun. Größer denken. Alle anhören. Bündeln, sieben. Profis engagieren. Ruft von uns aus in Rio de Janeiro an. Aber nehmt Hilfe und Unterstützung an. Wir sind auch gerne dabei. Aber das Rad muss jetzt gedreht werden. Es ist lange nach 12. Die Masse muss gelenkt und reguliert werden. Von Profis!“

Die Beamten am Zülpicher Platz vor der Partymenge.

Welche Maßnahmen könnten helfen? „Es muss Eintritt genommen werden und organisiert und vorgedacht werden, Eventualitäten bedacht werden. Areas nach Altersklassen eingerichtet werden. Mehr Karnevalsmusik gespielt werden und ja, auch ein Programm. Es ist zu spät, die Büchse der Pandora wieder zu schließen. Wir können nur noch einen Umgang damit finden und es formen.

Ernsthaft zu denken, dieses Desaster läge daran, dass auf einer Entlastungsfläche etwas Dosenbier mit Musik verkauft wurde, damit die Jecken ein bisschen dort verweilen und nicht auch noch auf die Zülpicher Straße strömen, hätte diese Vervielfachung von Nach-Corona-Feierlustigen entstehen lassen, zeigt, dass man die Zeichen der Zeit seit vielen Jahren nicht richtig gelesen hat. Uns ist im ganz kleinen in unserer Kneipe gelungen, großartig zu feiern.

Es geht auch in ganz groß.Es gibt genug Festivals, die das beweisen. Aber bei Ballermann machen wir nicht mit! Die äußeren Umstände sind für uns einfach tödlich, so können wir nicht arbeiten und auch nicht feiern, aber wir geben die Hoffnung nicht auf! Ein dreifaches, trotziges Kölle Alaaf, Gaststätte Bei Oma Kleinmann.“

Für den Post gibt es durch die Bank viel Zustimmung in den Kommentaren. Gastro-Kollegin Claudia Wecker vom „Ding“ schreibt dazu stellvertretend: „Vielleicht sollten wir alle den Karneval boykottieren und einen Trauerzug veranstalten. Wann wachen die Verantworlichen auf und wann hören die Unverantwortlichen auf, Lösungen zu verhindern????“