Köln | aktualisiert | Heute startete die Herbstversammlung 2014 der Innenministerkonferenz (IMK) in Köln unter dem Vorsitz von NRW-Innenminister Ralf Jäger. Am Rande eines Pressetermins fand er deutliche Worte zum Thema Salafismus sowie zu der „Pegida“-Bewegung, beides Themen der IMK, deren Ergebnisse morgen vorgestellt werden sollen. Auf der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern in Köln gibt es großen Unmut über den Vorsitzenden Ralf Jäger (SPD) durch die anderen Innenminister. Sie kritisieren seine Äußerungen zu „Pegida“.

Entschieden gegen „Pegida“ vorgehen

Jäger bezeichnete es als „besorgniserregent“, dass es dem organisierten Rechtsextremismus mit „Pegida“ offensichtlich gelinge, Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, die eine Angst vor einer angeblichen Islamisierung hätten, „dort abzuholen und an den Rand der Gesellschaft zu ziehen“. Dies geschehe durch „organisierte Nazis in Nadelstreifenanzügen“, die versuchten, diese Angst zu instrumentalisieren. Dem müsse man sich entschlossen entgegenstellen, müsse „mehr Aufklärung, mehr Fakten, mehr Daten liefern“. Nur etwa fünf Prozent der deutschen Bevölkerung gehörten dem Islam an. Es müsse eine klare Haltung der Ministerkonferenz sein, zu sagen, dass niemand in diesem Land aufgrund seiner Religionszugehörigkeit diskriminiert werde. „Deutschland hat eine Willkommenskultur und ist ein tolerantes weltoffenes Land. Wir akzeptieren andere Religionen. Vier Millionen Muslime wollen diese Religion friedlich in Deutschland leben und das tun sich auch. Wir lassen uns nicht von einigen wenigen Extremisten am rechten Rand diese Stimmung kaputt machen“, so Jäger.

Doppelstrategie gegen gewaltbereiten Salafismus

Zum Thema gewaltbereiter Salafismus, ebenfalls ein Schlüsselthema der IMK in Köln, sagte Jäger, der Salafismus sei „die am dynamischsten wachsende extremistische Bewegung in Deutschland.“ Man brauche gegen den Salafismus eine Doppelstrategie, die auf der IMK erörtert werden solle. Diese Doppelstrategie bestehe einerseits aus Repression, indem man verhindere, dass junge Männer, die sich dieser furchtbaren Ideologie zugehörig fühlten, die Ausreise in den angeblichen Dschihad möglichst zu untersagen. Auf der anderen Seite brauche man die Prävention. Man müsse dort ansetzen, wo junge Männer Gefahr liefen in diese Ideologie abzurutschen und mit klaren Konzepten dagegen anzugehen. Ein Baustein zu einem bundesweiten Präventions-Netzwerk könne dabei das NRW-Konzept „Wegweiser“ sein, wobei versucht werde, mit Hilfe von Akteuren vor Ort, zu denen auch Imame mit ihrer religiösen Kompetenz gehörten, auf junge Männer entsprechend einzuwirken. Ein entsprechender Bericht zu dem Konzept solle während der IMK den Innenministern der anderen Länder präsentiert werden, so Jäger.

Bild: Die an der in Köln stattfindenen IMK teilnehmenden Innenminister der Länder

Konzentrierte Strafverfolgung von Hooligan-Gewalt

Strafverfahren gegen Rädelsführer im Zusammenhang mit Hooligan-Gewalt sollen künftig, unabhängig vom Tatort, an einer gemeinsamen Stelle konzentriert werden. Einen entsprechenden Vorschlag will Jäger ebenfalls im Laufe der IMK vorstellen. Davon erhofft sich Jäger ein umfassendes Bild dessen, was diese Tätergruppe verursache, was dann auch möglicherweise zu erfolgreicheren Strafverfahren führen könne. Der Vorschlag sei von ihm und NRW-Justizminister Kutschaty ausgearbeitet worden. Jäger hatte diesen Vorschlag bereits Ende November bei einer Veranstaltung der Verwaltungsrichtervereinigung NRW zum Thema „Sicherheit im Fußball“ präsentiert.

Schwerpunkte der IMK in Köln sind neben der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus, und exzessiven Gewalttaten von Hooligans und Rechtsextremen im öffentlichen Raum auch Polizeieinsätze bei Fußballspielen, sowie die Aufnahme, Verteilung, Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen in den Bundesländern.

Innenminister äußern Unmut über Jägers Neonazi-Vergleich

Auf der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern in Köln gibt es großen Unmut über den Vorsitzenden Ralf Jäger (SPD): Der nordrhein-westfälische Ressortchef hat dort die Bewegung der sogenannten „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) als „Neonazis in Nadelstreifen“ bezeichnet. „Man sollte nicht alle Pegida-Mitläufer über einen Kamm scheren“, sagte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) der „Welt“. Seine größte Sorge sei, dass die rechte Szene wieder einmal versuche, irrationale Ängste für ihre sogenannten politischen Interessen zu missbrauchen und daraus Kapital zu schlagen.

„Wer mitläuft, muss allerdings auch damit rechnen, dass er vereinnahmt wird“, sagte Pistorius. Scharfe Kritik an Jäger kommt von CDU und CSU. Der Sprecher der unionsgeführten Länder, Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU), sagte der „Welt“: „Pegida gleich Nazis – diese Gleichsetzung lehnen die Unions-Innenminister strikt ab. Eine solche Gruppierung zu stigmatisieren, ist der völlig falsche Weg. Wir müssen die Bevölkerung einbeziehen, gerade bei der Asyl- und Flüchtlingspolitik.“ Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) attackiert Jäger.

„Auf Pegida sollte man nicht einer Verunglimpfung von tausenden Mitbürgern reagieren. Wir tun uns keinen Gefallen damit, wenn wir sie pauschal in einen Topf mit Neonazis werfen“, sagte Herrmann in Köln. Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) äußerte ebenfalls Kritik.

„Ich halte von solchen Pauschalierungen nichts. Wenn 10.000 Menschen demonstrieren, sollte man die Sorgen und Ängste ernst nehmen und sich damit auseinandersetzen.“ Dazu gehöre, die Zuwanderungs- und Flüchtlingspolitik zu erklären und Lösungsansätze aufzuzeigen. In Dresden hatten rund 10.000 Menschen am 9. Dezember demonstriert. Organisator war Pegida.

Autor: Daniel Deininger
Foto: Hat den Vorsitz der Kölner Innenministerkonferenz inne: NRW-Innenminister Ralf Jäger.