Köln | 16 junge Flüchtlinge werden seit Herbst 2015 im Bildungszentrum Butzweilerhof der Handwerkskammer zu Köln auf eine Ausbildung im Handwerk vorbereitet. Neun von ihnen konnten sich bereits einen Ausbildungsplatz in einem Handwerksbetrieb in der Kölner Region sichern. Das vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geförderte Integrationsprojekt entstand 2014 als Pilotprojekt und ist inzwischen in der Schlussphase. Die Teilnehmer des Integrationsprojekts der Handwerkskammer sind zwischen 18 und 27 Jahre alt und stammen überwiegend aus Syrien und Eritrea, einige sind aus dem Irak, Kongo, Afghanistan, Burkina, Faso und Guinea nach Deutschland geflohen.

Integrationsprojekts: Berufsvorbereitungsmaßnahme

Die Berufsvorbereitungsmaßnahme der Handwerkskammer ist auf zehn Monate angelegt. Sie besteht jeweils zur Hälfte aus Deutschunterricht – mit besonderer Berücksichtigung handwerklicher Fachbegriffe – und aus fachpraktischen Modulen zur Vermittlung handwerklicher Grundlagen in mehreren Bau- und Metallgewerken. Das macht es möglich, dass die jungen Flüchtlinge eine fundierte Entscheidung für eine ihren Neigungen und Interessen entsprechende Berufsausbildung treffen. Einige von ihnen werden in diesem Herbst mit der Ausbildung zum Maler und Lackierer, Elektroniker und Kraftfahrzeugmechatroniker beginnen, erklärt Hans-Peter Wollseifer, Präsident der Handwerkskammer zu Köln. Die fünf Projektteilnehmer, für die derzeit die Vermittlung auf eine Ausbildungsplatz noch läuft, wollen unter anderem Tischler oder Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik werden. Bei zwei Projektteilnehmern verzögert sich der Einstieg in die Berufsausbildung, weil sie zuerst noch den Hauptschulabschluss nachholen wollen. „Unsere Erfahrung mit diesem Projekt ist sehr positiv. Die Kompetenzen der Teilnehmer sind sehr hoch. Sie sind alle sehr leistungsbereite Menschen“, so Wollseifer.

„Wir bedanken uns für diese Chance und dass wir die Möglichkeit bekommen haben an diesem Projekt teilzunehmen. Wir sind sehr zufrieden und dankbar“, so Bila Abdoul Gafour, einer der Teilnehmer.

Kriterien zur Aufnahme im Integrationsprojekt

Das erste Kriterium für die Aufnahme im Integrationsprojekt war zunächst einmal eine bereits abgeschlossene neunjährige Schulbildung. Im September 2015 wurden bei einem Auswahlverfahren 45 jugendliche zu Einzelgesprächen eingeladen. Im Oktober startete dann das Integrationsprojekt mit der Berufsvorbereitungsmaßnahme mit insgesamt 24 Jugendlichen. „Die Handwerkskammer ist nicht nur eine Wirtschaftsgruppe sondern auch eine Gesellschaftsgruppe“, erklärt Wollseifer. Die ersten Erfahrungen sollen gezeigt haben, dass es schwierig ist für geflüchtete direkt mit einer Ausbildung zu starten, nicht nur aus sprachlichen Gründen sondern auch wegen der Orientierung. So ist auch die Idee zum Integrationsprojekt entstanden, betont Wollseifer.

Weitere Projekte

„Unser Ziel war es nie mit diesem Projekt eine Dauermaßnahme zu richten“, erklärt Hans-Joachim Fuchtel, Staatssekretärbeim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Auch wenn dieses Projekt nicht weitergeführt werden könne, arbeiten die beteiligten bereits an weiteren Projekten. „Wir müssen hier definitiv weiter machen“, so Dr. Ortwin Weltrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln, und fügt hinzu: „Künftig werden wir deshalb größere Projekte unterstützen.“

Ein neues Projekt soll bald unter dem Namen „Weg in die Ausbildung“ beginnen. Es ist ein Projekt zwischen dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Bundesagentur für Arbeit. Rund 10.000 Flüchtlinge sollen die Möglichkeit auf einen Ausbildungsplatz bekommen. Auch sollen bereits rund 9.000 Unternehmen ihre Begeisterung und Bereitschaft für dieses Projekt ausgesprochen haben, so Weltrich und fügt hinzu: „Wir müssen uns um alle kümmern, denn allein mit Flüchtlingen werden wir das Problem des Fachkräftemangels im technischen Bereich nicht los.“

2015 sind rund 41.000 Lehrstellen sind in Deutschland unbesetzt geblieben, in der Region Köln 12.300.

Bildungszentrums Butzweilerhof

Beim Rundgang durch die Metall- und Tischlehrwerkstätten des Bildungszentrums Butzweilerhof kam Staatssekretär Fuchtel auch ins Gespräch mit einigen Teilnehmern des Integrationsprojektes. Die Ausbilder der Handwerkskammer lobten, dass bei den jungen Flüchtlingen im Vergleich zu anderen Qualifizierungsmaßnahmen die Arbeitsleistungen auffallend gut ausgeprägt sind. Das äußert sich in allgemein hoher Lern- und Leistungsbereitschaft, sehr regelmäßiger Teilnahme, einem hohen Grad an selbständigem Lernen, guten Umgangsformen und hoher Kooperation.

Wollseifer begrüßt das von der Bundesregierung geplanten Integrationsgesetz, das könnte den Zugang von Flüchtlingen und Asylbewerbern zur Ausbildung und Beschäftigung erleichtern. „Handwerksunternehmen brauchen die Gewisseheit, dass Flüchtlinge für ihre drei- oder dreieinhalbjährige Ausbildung einen gesicherten Aufenthaltsstatus haben und danach noch für mindestens zwei Jahre im Unternehmen mitarbeiten können.“ Damit von dem neuen Integrationsgesetz positive Signale an die Unternehmen ausgehen, die zur Ausbildung junger Flüchtlinge bereit sind, sollte die Schaffung bürokratischer Hürden vermieden werden. So kritisieren die Handwerksorganisationen die Anordnung hoher Bußgelder für die Fahrlässigkeit verspäteter Meldungen eines Ausbildungsabbruchs.

Nach Überzeugung des Hauptgeschäftsführers der Handwerkskammer zu Köln, Dr. Ortwin Weltrich, trägt die Qualifizierung junger Flüchtlinge dazu bei, dem mittel- und langfristigen drohenden Fachkräftemangel in den Bau- und Metallbranchen des Handwerks entgegen zu wirken. In den vergangenen Jahren haben sich „die Handwerksunternehmen in unseren Regionen bereits erfolgreich für die Ausbildung von Jugendlichen aus Zuwandererfamilien engagiert, daher bin ich zuversichtlich, dass es gute Chancen gibt, auch jungen Flüchtlingen ins Handwerk zu integrieren“, so Weltrich. Allerdings brauchen Klein- und Mittelbetriebe hierbei Unterstützung, wenn es zum Beispiel um die Klärung des Aufenthaltsstatus oder um die Vermittlung von Deutschkenntnissen geht.

[infobox]Für alle Fragen rund um die berufliche Integration und die Ausbildung junger Flüchtlinge steht den Handwerksbetrieben ab dem 1. Juli der „Willkommenslotse“ der Handwerkskammer zur Verfügung, diese Stellen konnten aus Fördermitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft neu eingerichtet werden.

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Autor: Irem Barlin
Foto: im Bildungszentrum Butzweilerhof der Handwerkskammer zu Köln