In einem Kölner Medium forderte Kölns Polizeipräsident Wolfgang Albers dazu auf, die Demonstrationen von der als rechtsextrem geltenden Bürgerbewegung "Pro Köln" nicht zu beachten. "Die Anwohner könnten die Fenster schließen, die Rollläden runterlassen und ihrem Protest durch andere passive Formen Ausdruck verleihen", wurde Albers zitiert, und weiter: "Auch wenn das schwerfällt. Dann könnten wir davon ausgehen, dass wir zumindest im Stadtteil Kalk erst einmal Ruhe haben". Ist dies der richtige Umgang mit Demonstrationen gleich ob aus der links- oder rechtsradikalen Ecke oder wie im Fall der Bürgerbewegung "Pro Köln", die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird?
Ulrich Breite, Fraktionsgeschäftsführer der Kölner FDP: Der richtige Umgang mit Rechts- oder Linksradikalismus ist immer die gezielte politische Auseinandersetzung. In unserer pluralistischen Demokratie sind die grundgesetzlich verbriefte Meinungsfreiheit und das Demonstrationsrecht unveränderbare Grundrechte, aller Menschen. Dies ist auch gut so. Passiver Widerstand durch Nichtbeachtung kann dabei eine Form des Protestes sein.

Sollte ein Polizeipräsident eine öffentliche Diskussion in dieser Form anregen, auch vor dem Hintergrund, dass diese Haltung von einer großen Kölner Zeitung aufgegriffen und für richtig befunden wurde?
Ob der Kölner Polizeipräsident mit seinen Äußerungen tatsächlich eine öffentliche Diskussion anregen wollte, kann von hier nicht beurteilt werden. Albers äußerte u.a., dass die Polizei keine Möglichkeit sähe, die Demonstration zu verhindern, da die Meinungsfreiheit ein hohes Gut sei und somit auch den Aktivisten von Pro Köln zustehe. Auch wenn dies zu akzeptieren schwerfalle. Dies entspricht völlig der geltenden Rechtslage, an die der Polizeipräsident als politischer Beamter zwingend gebunden ist. Das vor diesem Hintergrund eine große Kölner Zeitung eine Bewertung abgibt, entspricht wiederum der Meinungsvielfalt in unserem Staat.

"Pro Köln" nutzt intensiv die modernen Medien und schafft damit eine eigene Öffentlichkeit. Folgt man vor diesem Hintergrund der Logik des Polizeipräsidenten, dann gebe es auch keine unabhängige und einordnende Berichterstattung über die Inhalte und Ziele der Demonstrationen von "Pro Köln". Kann man einschätzen, welche Auswirkungen das auf die Wahrnehmung von "Pro Köln" hätte?
Dieser Einschätzung kann so nicht gefolgt werden. Der Polizeipräsident ist immer im Kontext seiner dienstlichen Verpflichtung zur Gefahrenabwehr und –Prävention und der sich daraus abzuleitenden Maßnahmen zu verstehen. Solange unabhängige Medien – wie auch report-k – über die Machenschaften von Pro Köln und die Vorgänge um diese sogenannte Bürgerbewegung berichten, tragen sie zur Meinungsbildung und Wahrnehmung bei den Menschen bei.

Welche Einflüsse auch vor dem Hintergrund der historischen Erfahrungen und Ereignisse der Weimarer Republik könnte das Ignorieren von radikalen Positionen für den demokratischen Prozess haben?
Rechts- und Linksradikalismus werden immer dort stark, wo man diesen Gruppierungen den Raum dazu lässt. Eine politische Kultur des Wegschauens und Ignorierens löst die Probleme sicherlich nicht. Dies zeigen unsere historischen Erfahrungen überdeutlich. Vielmehr ist eine intensive Beschäftigung und Auseinandersetzung mit radikalen Positionen, ob von links oder rechts, erforderlich und im demokratischen Prozess auch geboten, um die Verlogenheit und das Menschenverachtende radikaler Ideologien zu entlarven.

Die Interviews finden Sie hier:
Hans-Peter Killguss (ibs) – "Demokratie muss täglich argumentativ verteidigt werden"

Volker Beck (Grüne) – "Wegschauen ist immer das falsche Signal"

Susana dos Santos (SPD) – "Die Straße darf nicht den Extremisten überalssen werden"

Winrich Granitzka (CDU) – "Man schadet am meisten, dass man sie nicht beachtet"

Jörg Frank (Grüne) – "Ein öffentliches Ignorieren kann zu falschen Schlüssen führen"

Ulrich Breite (FDP) – "Passiver Widerstand kann eine Form des Protestes sein"

Jörg Detjen (Die Linke) – "Wegschauen ist kein passiver Widerstand"

AKKU – "Weil man Rassismus ignoriert, hört er nicht auf"

Kommentar der Redaktion: Polizei kann keine inhaltliche Auseinandersetzung führen

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