In einem Kölner Medium forderte Kölns Polizeipräsident Wolfgang Albers dazu auf, die Demonstrationen von der als rechtsextrem geltenden Bürgerbewegung "Pro Köln" nicht zu beachten. "Die Anwohner könnten die Fenster schließen, die Rollläden runterlassen und ihrem Protest durch andere passive Formen Ausdruck verleihen", wurde Albers zitiert, und weiter: "Auch wenn das schwerfällt. Dann könnten wir davon ausgehen, dass wir zumindest im Stadtteil Kalk erst einmal Ruhe haben". Ist dies der richtige Umgang mit Demonstrationen gleich ob aus der links- oder rechtsradikalen Ecke oder wie im Fall der Bürgerbewegung "Pro Köln", die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird?
Winrich Granitzka, Fraktionsvorsitzender der CDU: Aus meiner langjährigen Berufserfahrung als Leitender Polizeidirektor kann ich Wolfgang Albers nur beipflichten. Mitunter versammeln sich bei diesen Demonstrationen von rechts- oder linksextremen Gruppierungen gerade einmal 20 oder 30 Menschen. Wenn man dann eine große Gegendemo veranstaltet, verschafft man dadurch diesen kläglichen Häufchen zu viel Beachtung. Ich teile die Einschätzung des Polizeipräsidenten, dass man Pro Köln am meisten dadurch schadet, dass man sie nicht beachtet und durch leere Straßen marschieren lässt.

Sollte ein Polizeipräsident eine öffentliche Diskussion in dieser Form anregen, auch vor dem Hintergrund, dass diese Haltung von einer großen Kölner Zeitung aufgegriffen und für richtig befunden wurde?
Die Einschätzung des Polizeipräsidenten halte ich für richtig. Daran ändert sich auch dadurch nichts, dass die Redaktion einer großen Kölner Zeitung sie offensichtlich teilt. Es ist Wolfgang Albers‘ Aufgabe, für Sicherheit und Ruhe in Köln zu sorgen. Da gehört es dazu, dass er sich zu Wort meldet, wenn es darum geht, wie man mit Unruhestiftern am effektivsten begegnet.

"Pro Köln" nutzt intensiv die modernen Medien und schafft damit eine eigene Öffentlichkeit. Folgt man vor diesem Hintergrund der Logik des Polizeipräsidenten, dann gebe es auch keine unabhängige und einordnende Berichterstattung über die Inhalte und Ziele der Demonstrationen von "Pro Köln". Kann man einschätzen, welche Auswirkungen das auf die Wahrnehmung von "Pro Köln" hätte?
Die Kölner Medien haben aus meiner Sicht einen guten Weg gefunden, die Bürgerinnen und Bürger vor den gefährlichen geistigen Brandstifter in unserer Stadt zu warnen, ohne diesen durch eine breite Berichterstattung zu mehr Bekanntheit zu verhelfen.

Welche Einflüsse auch vor dem Hintergrund der historischen Erfahrungen und Ereignisse der Weimarer Republik könnte das Ignorieren von radikalen Positionen für den demokratischen Prozess haben?
Ich halte es für falsch, radikale Positionen zu ignorieren. Es kommt aber darauf an, in welcher Form man sich mit ihnen beschäftigt. Man muss die Bürger aufklären, wofür links- und rechtsextreme Gruppierungen stehen und dass sie unsere freiheitliche demokratische Grundordnung bedrohen, ohne diese Extremisten dadurch bekannter zu machen. Das ist oftmals ein schmaler Grat. Es ist Aufgabe der Politik, den radikalen Parteien den Nährboden zu entziehen. Wenn die demokratischen Parteien die Ängste der Bürger ernst nehmen und sich mit den Themen beschäftigen, die den Menschen wichtig sind, nimmt man den extremen Parteien den Raum, sich zu entfalten. Wichtig ist die Auseinandersetzung mit Sachthemen, nicht mit einzelnen Akteuren oder Gruppierungen.

Die Interviews finden Sie hier:
Hans-Peter Killguss (ibs) – "Demokratie muss täglich argumentativ verteidigt werden"

Volker Beck (Grüne) – "Wegschauen ist immer das falsche Signal"

Susana dos Santos (SPD) – "Die Straße darf nicht den Extremisten überalssen werden"

Winrich Granitzka (CDU) – "Man schadet am meisten, dass man sie nicht beachtet"

Jörg Frank (Grüne) – "Ein öffentliches Ignorieren kann zu falschen Schlüssen führen"

Ulrich Breite (FDP) – "Passiver Widerstand kann eine Form des Protestes sein"

Jörg Detjen (Die Linke) – "Wegschauen ist kein passiver Widerstand"

AKKU – "Weil man Rassismus ignoriert, hört er nicht auf"

Kommentar der Redaktion: Polizei kann keine inhaltliche Auseinandersetzung führen

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