Osnabrück | Der Salafismus-Experte Rauf Ceylan warnt nach den Ausschreitungen zwischen Salafisten und der rechtsextremen Partei Pro NRW vor dem zunehmenden Werben um salafistischen Nachwuchs im Internet. „Deshalb muss man sich um Seiten wie Youtube viel stärker kümmern“, sagte Ceylan in einem Interview der Nachrichtenagentur dapd und forderte eine Zensur der Videoplattform. Das von Unions-Politikern geforderte Verbot von salafistischen Vereinen löse das Problem nicht.

Youtube in der Kritik

„Diese Videos sind viel gefährlicher als Vereine“, betonte der 35-jährige Professor am Islam-Institut der Universität Osnabrück. Gerade für Jugendliche sei die Barriere, in einen salafistischen Verein zu gehen, viel größer als über einen Klick im Internet auf eines der Salafisten-Videos für diese gefährliche Bewegung geworben zu werden.

Aktuell gebe es zahlreiche salafistische Videos auf Youtube, die dort nicht hingehörten. Gefährlich seien Hassprediger wie der in Berlin-Kreuzberg geborene Rapper Deso Dogg, der Jugendliche mit seiner Musik für den Salafismus zu begeistern versuche. Der Salafist mit dem islamischen Namen Abou Maleeq lobe die islamistischen Kämpfer in Afghanistan und habe gute Kontakte nach Somalia sowie in den Irak. In seinen Videos auf Youtube greife er Konflikte zwischen Salafisten und Rechtsextremisten wie in Bonn auf und untermale diese mit heldenhaftem Gesang.

Polizei kommt nicht gut weg

Die Polizei müsse sich fragen, ob sie die Ausschreitungen bei der Demonstration von Pro NRW in Bonn, bei der Salafisten 29 Polizisten verletzten, nicht hätte verhindern können. „Wenn Personen Messer zu einer Demonstration mitbringen, dann ist es klar, dass sie keine friedliche Absicht haben“, erklärte Ceylan.

Die Äußerungen des Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich (CSU) zum Freitag veröffentlichten Bericht über politisch motivierte Kriminalität kommentierte der Professor für Religionssoziologie: „Man darf den Blick nicht nur auf den salafistischen Terror richten.“ Friedrich hatte gesagt, dass er den islamistischen Terrorismus als die Bedrohung ansieht, von der „nach wie vor die größte Gefährdung ausgeht“, obwohl die Zahl der fremdenfeindlichen Gewalttaten sich im Kriminalitätsbericht von 2010 zu 2011 um mehr als 20 Prozent erhöhte.

Ceylan kritisierte die nachlässige Haltung der Politik insgesamt: „Bei den politischen Parteien ist derzeit nicht zu erkennen, dass der Kampf gegen religiös und politisch motiviertem Extremismus auf der Agenda steht.“

Autor: dapd | Foto: Hermann J. Knippertz/dapd
Foto: Demonstranten in Bonn