Screenshot eines Auszuges aus der Sponsorenliste

Die Sponsorenliste liest sich wie das Who is Who der deutschen Energiewirtschaft

In Ihrem Pressetext zur heutigen Veranstaltung in einer Kölner Grundschule spricht das der Stadt gehörende Unternehmen „RheinEnergie“ von „Energieunterricht“, den man heute gemeinsam mit dem „Verein Deutsche Umwelt“-Aktion Viertklässlern zu Gute kommen ließ. Der "Energieunterricht" so schreibt das Unternehmen „RheinEnergie“ bestehe aus drei Teilen: „Zunächst lernen die Grundschüler, wie Strom erzeugt wird und welche Auswirkungen der Kohlendioxidausstoß auf die Umwelt hat. Im zweiten Teil erfahren sie, welche Möglichkeiten sich bei der Nutzung erneuerbarer Energie ergeben. Dazu gibt es viele Tipps, wie jeder einzelne mithelfen kann, Energie zu sparen – in der Schule und Zuhause." Explizit werden die Worte „Unterricht“ und „lernen“ gebraucht.

Aber wer steht hinter dem Verein „Deutsche Umwelt-Aktion“?
Die Sponsorenliste, liest sich wie das Who is Who der Deutschen Energiewirtschaft vor allem in Nordrhein-Westfalen. Da steht etwa die „Evonik Power Minerals“, deren Dienstleistung und Produkte das Unternehmen auf seiner Homepage so beschreibt: „Wir machen so was! Flugasche und weitere Baustoffe aus Steinkohlekraftwerken. Seit 30 Jahren der kompetente Partner für die Entsorgung von Kraftwerksnebenprodukten. Der Partner für Kraftwirtschaft und Baustoffindustrie. Evonik steht seit 3 Jahrzehnten für kompetente und zuverlässige Steinkohlekraftwerksentsorgung.“ Neben bekannten Größen sind auch Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien in der „Deutsche Umwelt-Aktion“ aktiv, die auch den „blauen Engel“ führen darf.

Unterrichtet werden Viertklässler in den Kölner Grundschulen. Weiter teilte die RheinEnergie mit, dass insgesamt 172 Unterrichtseinheiten bis zu den Sommerferien stattfinden. Viele seien bereits ausgebucht, so die Unternehmen. „Die Nachfrage ist enorm“, so Volker Staufert, Netzvorstand der RheinEnergie. „Das freut uns sehr, denn uns liegt besonders am Herzen, dass sich die heranwachsende Generation mit Energie und Klimaschutz beschäftigt. Für die Zukunft brauchen wir noch viele gute Ideen – und die Basis dafür ist fundiertes Wissen.“ Aber welches Wissen, von wem bestimmt?

Wes Brot ich ess, des Lied ich sing
Es irritiert, dass gerade schon in der Grundschule Vertreter von Unternehmen oder Mitarbeiter von einem Verein, der von diesen Unternehmen getragen wird, in Schulen über Themen unterrichten, die auch Unternehmenszweck sind. Noch dazu nutzt das Unternehmen „RheinEnergie“ diese Aktivitäten auch noch im Nachgang für PR-Zwecke aus. Der „RheinEnergie“-Vorstand spricht von der Vermittlung von fundiertem Wissen. Wissen, das ein Verein zusammenstellt, der von der Energiewirtschaft bezahlt wird, die rein kommerzielle Interessen vertritt? Das ist nicht transparent und schon gleich gar nicht für Viertklässler.

Bei „Greenpeace“ Deutschland sieht man derartige Einflussnahme der Energieunternehmen, die die Klimaprobleme verursacht haben, äußerst kritisch. Vor allem, so Andree Böhling von Greenpeace Deutschland, wenn zu solchen Unterrichten nicht unabhängige und kritische Naturschutzorganisationen dazu eingeladen werden. Ähnliche Fälle, so Böhling habe es auch schon etwa in Berlin gegeben, wo Vattenfall und E.ON ebenfalls mit Hochglanzbroschüren und Spielen auf Schulen zugegangen sind, für die das kostenlose Material immer sehr verlockend ist. Dabei gehe es den Unternehmen häufig darum Politik für ihre Unternehmensstrategien zu machen.

Beim NRW Schulministerium kennt man diese Initiative gar nicht und verweist auf die Eigenverantwortlichkeit des Schulleiters und der Schule. Der kann selbst bestimmen, ob und im welchem Umfang private Unternehmen in seiner Schule aktiv sein können. Auch am Wort "Energieunterricht" und "lernen" stört man sich im Ministerium nicht, sondern begrüßt das außerschulische Partner eingebunden werden, so eine Sprecherin gegenüber report-k.de. Matthias Welpmann, Bündnis 90/Die Grünen, MdR, ist grundsätzlich der Meinung dass solche Veranstaltungen, wenn überhaupt dann nur von wirklich unabhängigen Stellen, wie etwa dem Verbraucherschutz, durchgeführt werden sollten.

Müssen Unternehmen jetzt auch schon in der Grundschule werben?
Es ist auch eine ethisch, moralische Frage, wie weit und vor allem ab wann, Unternehmen in den Schulunterricht an staatlichen Schulen eingreifen dürfen. Muss der Staat schon Unternehmen den Weg in die Grundschulen freimachen? Wie verlässlich ist ein Unterricht für Eltern, wenn einzelne Schulen sich einfach Sponsoren öffnen, auch für die Vermittlung von Inhalten? Wie wirkt sich der von den Unternehmen natürlich beabsichtigte Imagetransfer auf 10-Jährige Schüler aus. Können die überhaupt so weit differenzieren, zwischen dem was besprochen oder auf Hochglanz transportiert wird und dem was in der Realität stattfindet? Eine Differenzierung die schon vielen Erwachsenen schwer fällt, denkt man etwa an den Zertifikatehandel der Energiebranche. So glauben viele Ökostrom-User, sie bekommen Solarstrom aus Spanien, da sich ja die RheinEnergie, etwa bei Andasol III engagiert. Zwar investiert das Unternehmen in Spanien Geld und dort wird auch Strom produziert werden, aber der wird nicht nach Köln geleitet. Übrigens hat die RheinEnergie erst kürzlich vorgehabt, auch mit dem Argument das Kraftwerk wäre schon gebaut, tüchtig in Kohlestrom zu investieren und zwar wesentlich mehr als in erneuerbare Energien, geplant waren 300 Millionen Euro. (Richtigstellung der Redaktion: Die Redaktion von report-k.de hatte hier zunächst falsch behauptet die Investition in das Kohlekraftwerk sei auch erfolgt, dies entspricht aber nicht der Wahrheit. Die RheinEnergie hat in kein Kohlekraftwerk im Jahr 2009 investiert.)

Wenn ein Unternehmen etwa eine Sachspende, wie eine Folie für einen Teich für das schuleigene Biotop spendet, dann mag das gerade noch OK sein. Wenn aber Inhaltsmaterialien, oder der Unterricht gar gestellt werden, sollten Lehrer, aber auch das Schulministerium, das ja die inhaltliche Oberhoheit hat, wesentlich sensibler sein und wenigstens wissen, wer an den Schulen in Köln und in NRW, welche Inhalte verbreitet. Das man im Schulministerium, nichts von „Deutsche Umwelt-Aktion“ weiß, stimmt traurig, denn die sind schon seit 50 Jahren aktiv. Aber auch Eltern sollten bei solchen Veranstaltungen kritisch hinterfragen, auch wenn die lieben Kleinen oftmals so viele tolle Give aways wie Schlüsselbänder oder andere Glasperlen kostenlos bekommen.

[ag]