Die Antoniterkirche im Herzen der Stadt Köln. Foto: Eppinger

Köln | Der Ort, an dem unser heutiger Kopf des Tages in Köln seine wichtigste Wirkungsstätte hatte, ist ein besonderer. Wie ein großes Schiff liegt die Antoniterkirche als Ruhepol mitten im hektischen Treiben der Innenstadt vor Anker. Während draußen die Menschen auf der Schildergasse von Laden zu Laden strömen, bringt ein Besuch in der Antoniterkirche viel Ruhe und Gelassenheit.

Dazu trägt auch ein zentrales Kunstwerk im Kircheninnenraum bei – „Der Schwebende“ des Bildhauers Ernst Barlach, ein schwebender Engel aus Bronze, der an die Grauen der beiden Weltkriege und der NS-Diktatur erinnert.

Ursprünglich befand sich an der Stelle der heutigen evangelischen City-Kirche ein Kloster des Antoniter-Ordens, das zwischen 1350 und 1378 gebaut wurde. Während der französischen Besetzung Kölns wurden im Jahr 1794 die Klöster aufgelöst. Die Franzosen boten den Kölner Protestanten 1802 mehrere Klosterkirchen an, wobei die Wahl auf die gotische Antoniterkirche fiel.

Antoniterkirche wurde 1942 weitgehend zerstört

Auch mehrere der alten Klostergebäude wurden übernommen. 1805 wurde das Gotteshaus wieder für die Gläubigen geöffnet. Die Kirche wurde 1942 bei einem Luftangriff weitgehend zerstört und bis 1952 wieder aufgebaut. Zu den prägenden Persönlichkeiten der Antoniterkirche gehört ab Ende der 60er Jahr Dorothee Sölle.

Diese war eine streitbare Kirchenfrau und ihre „Politischen Nachtgebete“ waren weit über die Kölner Stadtgrenzen hinaus bekannt. Geboren wurde die evangelische Theologin und Schriftstellerin 1929 in Köln. Sölle gehörte zu den bekanntesten Vertreterinnen des „anderen Protestantismus“. Sie übte Kritik an der Allmachtsvorstellung über Gott und versuchte in ihren Schriften, alltägliche Lebenserfahrungen mit theologischen Inhalten zu verknüpfen. Politisch war die Kölnerin in der Friedens-, Frauen- und Umweltbewegung engagiert. Nach dem Studium arbeitete Sölle zunächst in ihrer Heimatstadt als Lehrerin.

Seit 1960 war Dorothee Sölle Schriftstellerin

Seit 1960 war sie auch Schriftstellerin und freier Mitarbeiterin im Rundfunk. Später lehrte sie als Privatdozentin in Köln und New York. Zu den zentralen Lebenserfahrungen zählten Reisen nach Nordvietnam (1972) und Nicaragua (1984). Sie war Mitbegründerin des „Politischen Nachtgebets“, eine Veranstaltung, die zwischen 1968 und 1972 in der Antoniterkirche stattfand.

Seinen Hintergrund hatte diese während des Vietnam-Krieges beim Essener Katholikentag. Damals wollte der Ökumenische Arbeitskreis Köln, dem auch Dorothee Sölle angehörte, einen politischen Gottesdienst feiern. Erlaubt wurde dieses ab erst ab 23 Uhr, worauf die Gruppe die Veranstaltung zum „Politischen Nachtgebet“ umbenannte. Ab Oktober 1968 fanden die Nachtgebete dann regelmäßig in der Kölner Antoniterkirche statt.

Geplant war dafür ursprünglich die Kirche Sankt Peter, was aber der damalige Kölner Erzbischof Kardinal Frings untersagte. Zu dieser Entscheidung wurde er vom Präses der evangelischen Kirche im Rheinland, Joachim Beckmann, beglückwünscht. Er hielt Sölles Theologie für einen „Irrweg“. Sie und ihre Mitstreiter ließen sich davon aber nicht abschrecken und konnten beim ersten Nachtgebet mehr als 1000 Menschen begrüßen.

Neben der Information und der Diskussion gehörte auch immer eine Predigt oder Meditation zum neuen Veranstaltungsformat. Themen waren neben dem Vietnam-Krieg unter anderem die Militärdiktatur in Griechenland, der Paragraf 218 und der Putsch in Chile. Dorothee Sölle starb 2003 in Göttingen.

Mehr Informationen über Dorothee Sölle erhalten Sie unter: www.dorothee-soelle.de

Bei der nächst Folge der Köpfe-Serie fällt der Blick auf den Kölner Fotografen Chargesheimer