Mannheim | Wer anderen Mut machen will, der unterstreicht das manchmal mit dynamisch wirkenden Handbewegungen. Auch der katholische Priester Christoph Schmidt setzt am Samstagabend in Mannheim seine Körpersprache ein, um den Teilnehmern der „Eucharistiefeier für alle“ Zuspruch zu signalisieren. Die Messe, parallel zum Katholikentag in Mannheim gefeiert, dürfte den Kirchenoberen kaum gefallen. Eingeladen sind ausdrücklich Protestanten, Wiederverheiratete und homosexuelle Paare. Nach katholischem Kirchenrecht sind sie vom Abendmahl ausgeschlossen.

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Auch die beiden Kölner Priester, Christoph Schmidt und Norbert Reicherts sind ausgeschlossen, weil sie sich offensiv zu ihrer Homosexualität bekennen. Er habe den Dienst bei der katholischen Kirche quittiert, weil die „verengte Sicht auf die Liebe des Menschen“ im Widerspruch zum Wort Jesu stehe, sagt der 49-jährige Theologe Schmidt. „Ich gab letztendlich den Beruf des Pfarrers auf, um Pfarrer bleiben zu können“, fügt er hinzu.

Schmidt sieht Widerspruch zur Freiheit des Glaubens

Ihm und seinem Lebensgefährten Reicherts sei es wichtig, während des Katholikentags in Mannheim auch eine Alternative für Menschen bieten zu können, die von der Kirche beim Ritual des Abendmahls ausgegrenzt werden. „Diese Vorgabe der Kirche, die im Grunde der Freiheit des christlichen Glaubens widerspricht, ist nicht akzeptabel“, sagt Schmidt.

Gemeinsam haben die beiden Priester in Köln ein „Zentrum für Seelsorge und Theologie“ gegründet, in dem sie als Seelsorger arbeiten und auch Geburtsfeiern und Hochzeiten anbieten. „Das ärgert die Kirche natürlich. Aber darauf kommt es uns nicht an“, sagt Schmidt. Vielmehr wolle man der verengten Sicht Roms in Sachen Liebe eine Alternative bieten. Die Kirche versuche, die Priesterweihe von ihm und seinem Partner zurückzunehmen. Laut dem Gesetzbuch der katholischen Kirche, dem Codex Iuris Canonici, sei dies aber nicht möglich.

Viele sind nicht gekommen zur „Eucharistiefeier für alle“, die von den beiden Priestern aus Köln im Bürgerhaus der Mannheimer Neckarstadt-West angeboten wird. Ein gutes Dutzend Frauen und Männer ist der Einladung gefolgt. Doch das tut der Messe keinen Abbruch. Die verbindende Symbolik des Abendmahls, das gegenseitige Halten der Hände und das gemeinsame Beten wirkten tröstend, sagt eine junge Frau, die mit ihren Eltern gekommen ist.

Gläubige: Solche Feiern gibt es viel zu selten

Ihr Vater, ein früherer katholischer Pfarrer, hat vor Jahren seinen Beruf für die Beziehung mit einer Frau aufgegeben. Er will sich nicht äußern, seine Tochter aber sagt: „Wir fahren manchmal weite Wege zu solchen Eucharistiefeiern, das gibt es viel zu selten.“ Ein anderer Teilnehmer, der nach seiner Scheidung erneut geheiratet hat, ist ebenfalls froh über das Angebot. „Ich möchte Gemeinschaft mit meinen Glaubensbrüdern und -schwestern spüren – und das ohne Heimlichtuerei“, sagt er.

Schmidt und Reicherts hatten zuletzt eine „Eucharistiefeier für alle“ beim Papstbesuch 2011 in Berlin veranstaltet. Reicherts betont während der Messe, dies sei mitnichten als Provokation zu verstehen. „Wenn die Einladung Gottes eine Provokation ist, ja, dann ist das eine Provokation“, sagt er. Manch einer nickt. Andererseits sei es wirklich eine Provokation, wenn Menschen aus Gründen ihres Liebeslebens nicht an einer Eucharistiefeier mitwirken dürften, ergänzt Reicherts. In der Mannheimer Innenstadt, wo der 98. Katholikentag seinem Ende zustrebt, werden das die führenden Kirchenvertreter nicht hören wollen.

Autor: Stephen Wolf, dapd